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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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noch am deutlichsten sah, war ein Drachen, das beliebteste Symbol für die Geist-Gottheit des Planeten. Schützend breitete er seine Schwingen über eine tumultöse Szene. Aus seinem weit aufgerissenen Maul schossen Flammen auf ein schwebendes, radförmiges Etwas, von dem fast nichts übrig war. Als Maia näher hinschaute, sah sie, daß das, was sie für Feuer gehalten hatte, dünne Linien waren, die von den Zähnen des Drachen ausgingen.
    Sie schaufelte den Lehm unter der metaphorischen Gestalt weg und entdeckte dort einen wilden Dämonenkampf – einige der wild aufeinander losgehenden Wesen trugen Hörner auf dem Kopf, andere hatten Bärte. Obgleich das Bild vom Zahn der Zeit zerfressen war, schauderte Maia, so eindrucksvoll war es noch immer.
    Später erfuhr sie, daß es ein uraltes Kunstwerk war, aus einer Zeit kurz nach dem Angriff des Feindes, der die Hominiden-Kultur auf Stratos um ein Haar ausgelöscht hätte. Und auf Maias Frage hatte Mutter Kalor ihr erklärt, daß die Hörner der Dämonen allegorisch seien. Der wirkliche Feind habe keine gehabt.
    Als sie die bröckelnden Sandsteingesichter gemeinsam noch einmal genauer betrachteten, bemerkten sie, daß nur die Hälfte der Verteidiger einen Bart trugen. Dennoch fragte Maia: »Waren es Ketzer?«
    »Die diesen Tempel gebaut haben? Das glaube ich kaum. Im Landesinneren gibt es natürlich Perkiniten und andere Gruppierungen. Aber meines Wissens war Grange Head immer orthodox.«
    Mutter Kalor bot Maia an, jederzeit die Tempelarchive zu benutzen, und Maia fand den Gedanken sehr verlockend. Wäre sie aus einem anderen Grund hier gewesen, hätte ihre Neugier vielleicht überwogen. Aber jetzt schien es wenig Sinn zu haben, und der Heilungsprozeß forderte den größten Teil ihrer Energie. Maia gab sich ein Versprechen: Von jetzt an würde sie praktisch denken und von einem Tag zum anderen leben.
    Als sie nun den Schuppen erreichte, zog sie ihren Kittel aus und gab die Baumschere der Chefgärtnerin zurück, die an einem Tisch saß und sich um die Setzlinge kümmerte. Das freundliche Lächeln der alten Nonne zeigte Maia, wieviel Frieden dieser Lebensweg einem Menschen schenken konnte. Dieser sanfte Pfad, den man die Zuflucht der Lysos nannte.
    Dennoch war die Priesterin-Mutter nicht verletzt, als Maia es ablehnte, das Gewand einer Novizin überzustreifen. In ihren Augen lag genug Anerkennung für die Bemühungen des Tempels darin, daß Maia fähig war weiterzuziehen. »Dein Platz ist mitten im Leben«, hatte Mutter Kalor gesagt. »Ich bin sicher, das Schicksal und die Welt halten eine besondere Rolle für dich bereit.«
    Die Freundlichkeit und Ruhe, die Maia hier erfahren hatte, wärmte ihr Herz. Ich werde diesen Ort nie vergessen. Es kam ihr vor, als faltete sie einen Merkzettel zusammen und verstaute ihn sicher auf dem Speicher. Gelegentlich würde sie die Erinnerung vielleicht hervorholen und sie betrachten, aber sie würde nicht in diese Welt zurückkehren.
    Früher hatte sie, wenn sie einer neuen Idee, einer neuen Person oder Sache begegnete, stets auf die gleiche Weise reagiert: Sie hatte ihrer Zwillingsschwester davon erzählt und dies als unendlich bereichernd empfunden. Aber von nun an würde sie lernen müssen, alles, was ihr in dieser Welt begegnete, allein zu verarbeiten. Noch immer tat sich bei dieser Erkenntnis eine bodenlose Leere in ihr auf, obwohl der Schmerz allmählich nachzulassen begann. Auch das Gefühl des Verlusts würde im Lauf der Zeit weniger bedrohlich werden, aber sie würde das Gefühl der Leere in sich spüren, solange sie lebte, und sie würde es Kindheit nennen.

Denken wir an die Alpträume von Kindern. Oder an eure eigenen Ängste, wenn ihr zum Beispiel eine dunkle Straße entlanggeht. Erfindet ihr Gespenster? Raubtiere? Oder nehmen die meisten üblen Phantome die Gestalt von Männern an, die mit bösen Absichten im Schatten lauern? Für Erwachsene und Kinder, für Frauen und Männer, erscheint Angst für gewöhnlich in maskuliner Gestalt.
    Oh, natürlich ist das auch bei den Personen, die uns netten, oft genug der Fall. Wir haben nie behauptet, daß alle Männer brutal sind. Im Gegenteil: Die Geschichte berichtet von wunderbaren Menschen männlichen Geschlechts. Aber denkt einmal daran, wieviel Zeit und Energie diese guten Männer aufbringen mußten, nur um sich gegen die schlechten durchzusetzen. Wiegt man beide Seiten gegeneinander auf, was bleibt übrig? Mehr Ärger, als das Gute wert ist.
    Dies war die Überlegung, die hinter

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