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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Schreibtischlampe aus und rieb sich die Augen. Doch ehe er sich’s versah, starrte er in die Dunkelheit und dachte angestrengt nach. Irgendwas war da faul! Er machte das Licht wieder an und holte aus dem kleinen Safe das Transkript der letzten Gespräche, die in SNIPERs Wohnung abgehört worden waren. Über den Schreibtisch gebeugt, verglich er die Aufzeichnung mit dem jüngsten Material von SNIPER. Die Informationen über die Tests von bakteriologischen Waffen auf Rügen, die Uranherstellung und die sowjetischen Kernspaltungsexperimente lasen sich auf dem Stück Seide von SNIPER leicht anders als in dem Transkript. Es waren zwei verschiedene Versionen derselben Informationen. Noch entscheidender aber war, dass auf dem Stück Seide mit keinem Wort erwähnt wurde, dass eine Liste des MI6 mit Namen potenziell nützlicher polnischer Staatsangehöriger in die Hände des polnischen Geheimdienstes gelangt war, und es war ebenfalls nicht davon die Rede, dass diese Liste möglicherweise von einem sowjetischen Spion im britischen Geheimdienst geliefert worden war.
    Bedeutete das, was er vermutete?
    Jack griff nach einem Nachrichtenformular und schrieb eine Blitzmeldung an den Zauberer in Washington. »Irgendwas ist hier faul, Harvey.«
     
    Jack, bekleidet mit einem Blaumann, lehnte an dem Kiosk auf der Südseite des Alexanderplatzes und aß ein Käsebrot, während er die Titelseite der Samstagsausgabe vom Neuen Deutschland überflog und immer wieder über den oberen Rand der Zeitung hinweg zur anderen Seite des Platzes hinüberspähte. »Stell sie zur Rede«, hatte Torriti ihm auf die Blitzmeldung geantwortet. »Noch heute. Ich will ihre Antwort haben, wenn ich mich Montagmorgen in die Höhle des Löwen begebe.«
    Jack sah Lili kurz nach zwölf Uhr mittags aus der privaten Schule kommen. Sie blieb kurz inmitten des Menschenstroms stehen, hielt das Gesicht in die Sonne und genoss die Wärme. Dann schlang sie sich die Netztasche über eine Schulter und ging den Mühlendamm hinunter. An einem Gemüsewagen kaufte sie Rüben und verschwand anschließend kurz in einer Apotheke, um dann ihren Weg fortzusetzen. Jack winkte Silvan II, der in einem kleinen Lkw zu dösen schien. Er erspähte Lili und ließ den Motor an. Jack überquerte den Alexanderplatz und holte Lili ein, als sie an einer Fußgängerampel wartete. »Guten Morgen, Helga«, sagte Jack gepresst und hakte sich bei ihr ein. »Wie geht’s?«
    Lili wandte den Kopf. In ihren Augen stand blanke Panik. Sie blickte sich hektisch um, als wollte sie die Flucht ergreifen, und sah ihn dann wieder an. »Du weißt, wie ich richtig heiße?«, flüsterte sie.
    »Ich weiß noch viel mehr«, sagte er leise. Er hob die Stimme und fragte: »Wie geht’ s Professor Löffler?«
    Lili riss sich frei. »Woher weißt du das alles?«
    Jack deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf ein Café auf der anderen Straßenseite. Er war sichtlich aufgewühlt. »Komm, ich lade dich zu Kaffee und Kuchen ein.«
    Leicht schwindlig, so dass sie befürchtete, ihr würden die Knie nachgeben, ließ Lili sich von Jack zu dem Café führen. Sie nahmen an einem Resopaltisch im hinteren Teil Platz, und Jack bestellte zwei Kaffee mit Kuchen. Dann ergriff er Lilis Hand.
    Sie riss sie zurück, als hätte sie sich verbrannt. »Wieso kommst du am helllichten Tage hierher? Das ist viel zu riskant.«
    »Ich konnte nicht warten, ich muss dir dringend was sagen. Hier wird bald der Teufel los sein. Ich will nicht, dass du dann noch im sowjetischen Sektor bist.«
    »Wie lange kennst du schon unsere richtigen Namen, vom Professor und von mir?«
    »Das ist unwichtig«, sagte Jack.
    »Und was ist wichtig?«
    »Es geht um deinen Professor Löffler, Lili – ich hab per Zufall die Wahrheit herausgefunden. Er hat dich verraten. Er arbeitet für den KGB, er ist ein Agent, der uns Falschinformationen liefern soll.«
    Lili sank das Kinn auf die Brust, und sie rang nach Luft. Der Ober kam und brachte Kaffee und Kuchen.
    Lili blickte auf und blinzelte heftig, als wollte sie sich ein Bild einprägen. »Jack, ich verstehe nicht, was du da sagst!«
    »Doch, du verstehst sehr wohl«, sagte er grimmig. »Ich sehe es in deinem Gesicht, in deinen Augen. Deine Lieferung von Freitagabend –«
    »Das waren jede Menge Informationen. Ich habe sie zum Teil gelesen, bevor ich sie dir gegeben habe. Was ist damit?«
    »Das waren lausige Informationen. Alles Sachen, die wir bereits wussten oder die falsch waren. Die wirklich wichtigen Sachen

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