Die Company
waren ausgelassen.«
Jetzt blickte sie wirklich verdutzt. »Woher willst du wissen, dass was ausgelassen wurde?«
»Wir hören eure Wohnung ab.«
Lili war sprachlos und schüttelte den Kopf.
»Vor sechs Tagen hattet ihr Besuch von einem Mann, der mit polnischem Akzent gesprochen hat, erinnerst du dich, Lili? Ihr drei habt zusammen zu Abend gegessen. Danach hast du die beiden allein gelassen. Worüber die zwei unter vier Augen gesprochen haben, war ungemein interessant für uns. Das Problem ist nur, dass die interessanten Sachen bei deiner letzten Lieferung fehlten. Wenn dein Professor wirklich für uns arbeiten würde, hätte er sie nie und nimmer weggelassen. Was bedeutet, dass er für die Kommunisten arbeitet.«
Lili tauchte den Mittelfinger in den Kaffee und fuhr sich damit langsam über die Lippen, als würde sie Lippenstift auftragen. Jack sagte: »Lili, das sind zwar schlechte Nachrichten für meine Leute – aber es ist gut für uns. Für dich und mich.«
»Wie kannst du sagen, dass es gut für uns ist?«, brachte sie heraus.
»Du bist dem Professor jetzt nichts mehr schuldig. Er hat dich verraten.« Jack nahm wieder ihre Hand. Diesmal zog sie sie nicht zurück. »Komm rüber in den amerikanischen Sektor, Lili. Komm zu mir. Sofort. Komm mit und schau nicht zurück. Ganz in der Nähe wartet ein kleiner Lkw – er hat ein doppeltes Dach – wir quetschen uns da rein und fahren an einem wenig benutzten Kontrollpunkt über die Grenze.«
»Ich muss nachdenken –«
»Du fängst ein neues Leben an. Wir fahren nach London und sehen uns das Royal Ballet an. Und dann heiraten wir in Amerika.«
Lilis maskenhaftes Gesicht wurde von einem bitteren Lächeln entstellt. »Lieber Jack, hast du vergessen, dass ich der Sand unter deinen nackten Füßen bin? Ich mache dich leichtsinnig, was? Wenn alles nur so einfach wäre, wie du sagst. Du verstehst nichts. Gar nichts. «
Lili fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lider. Dann seufzte sie und blickte Jack in die Augen. »Nicht der Professor arbeitet für die Sowjets«, sagte sie. »Sondern ich. Ich bin eine sowjetische Agentin. Ich bin es, die ihn verraten hat.«
Jack spürte, wie ihm ein stechender Schmerz durch die Brust fuhr. Er dachte, dass er vielleicht einen Herzinfarkt bekam; seltsamerweise erschien es ihm wie die Lösung seiner Probleme. Er nippte an seinem Kaffee und zwang sich zu schlucken. Dann hörte er sich sagen: »Also schön, erzähl mir, was passiert ist«, obwohl er nicht sicher war, ob er es überhaupt hören wollte.
Sie starrte einen Moment lang ins Leere. »Ernst ist ein deutscher Patriot. In seinen Augen wird Deutschland von den Kommunisten gelähmt, und er möchte, dass Ost- und Westdeutschland wieder ein Staat werden; um etwas dafür zu tun, hat er beschlossen, dem Westen Informationen zuzuspielen. Bei seinem Bekanntheitsgrad, als Universitätsprofessor und Politiker, konnte er sich natürlich nicht frei bewegen. Ich dagegen bin zweimal in der Woche im Westen, um Ballettstunden zu geben. Also haben wir beschlossen – es war auch mein Entschluss, Jack –, dass er die Informationen sammelt und aufschreibt und ich sie überbringe …«
Jack beugte sich vor. »Weiter«, flüsterte er.
Lili fröstelte. »Der KGB ist dahintergekommen. Bis jetzt weiß ich nicht, wie. Vielleicht haben sie uns ja auch abgehört. Als ich mich zu unserem ersten Treffen auf den Weg machte, wurde ich nicht weit von unserer Wohnung in ein Auto gestoßen und mit verbundenen Augen irgendwohin gebracht und schließlich in einen Raum gestoßen, in dem es nach Insektenpulver stank …«
Sie schnappte nach Luft. »Fünf Männer standen um mich herum – einer von ihnen sprach Russisch. Der Russe hatte offenbar das Sagen. Er konnte fließend Deutsch und befahl mir, mich auszuziehen. Schließlich stand ich vor den fremden Männern splitternackt da. Sie haben das Stück Seide gefunden – sie wussten, dass es in meinem BH versteckt war. Sie sagten, man würde Ernst wegen Hochverrats verurteilen und erschießen. Und ich würde für viele Jahre ins Gefängnis kommen. Sie sagten, ich würde nie wieder tanzen können, sie würden mir die Knie … die Knie –«
»Lili!«
»Dann sagte der Russe, ich sollte mich wieder anziehen. Und er sagte … es gäbe einen Ausweg für Ernst, für mich. Ich sollte ihnen das Stück Seide von Ernst bringen, und sie würden es ersetzen, dann sollte ich das zweite Stück mit den manipulierten Informationen dem amerikanischen Spion bringen, mit
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