Die Company
verspiegelten Empfangssaales im dringenden Flüsterton auf den ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy einredeten. In einer Ecke warfen Nagys Berater Dokumente in das Feuer, das im offenen Marmorkamin brannte. »Washington hätte uns darüber informieren sollen, dass Sie bei der Company sind«, sagte Doolittle. »Dann hätten wir früher Alarm schlagen können, als Sie vermisst wurden.«
Ebby berührte sein noch immer empfindliches Auge. »Hätte auch nichts geändert«, bemerkte er.
»Wohl kaum«, gab Doolittle zu.
Árpád und ein hoch aufgeschossener Offizier in der Uniform des Panzerkorps kamen durch die Flügeltür und marschierten im Gleichschritt über den Marmorboden zu Nagy und den Amerikanern.
»Wer ist der Mann mit Zelk?«, fragte Ebby.
»Das ist Nagys Verteidigungsminister, Pal Maléter. Er hat mit den Russen über ihren Abzug verhandelt.«
Der Dienststellenleiter winkte Ebby herbei. Nagy sprach kurz auf Ungarisch mit Maléter und sagte dann zu den Amerikanern: »Würden Sie ihm bitte erzählen, was Sie mir gerade mitgeteilt haben?«
Der Botschafter, ein Diplomat alter Schule, holte eine entschlüsselte Top-Secret-Meldung hervor, die früher am Tag in der Botschaft eingegangen war. »Uns liegen Berichte vor –«, begann er und musste sich dann räuspern. Ihm war, als müsse er ein Todesurteil verlesen. »– dass zwei Züge mit den neuesten sowjetischen T-54-Panzern bei Záhony die Grenze überquert haben. Unsere Nachrichtendienste melden, dass die alten russischen T-34-Panzer, die vor wenigen Tagen aus Budapest abgezogen wurden, nur bis Vecses, neun Meilen außerhalb der Stadt, gerollt sind, dort angehalten, gewendet und Straßenkreuzungen blockiert haben. Französische Diplomaten, die in den letzten vierundzwanzig Stunden von Budapest abgeflogen sind, haben sowjetische Panzer gesehen, die in Richtung auf die drei Budapester Flughäfen vorrücken. Und schließlich hat eines unserer Aufklärungsflugzeuge bei Vác und Ceglédopen zweihundert Panzer und eine lange Kolonne neuer sowjetischer Panzerfahrzeuge ausgemacht, die sich in Richtung Budapest bewegen.«
Nagy paffte aufgeregt an einer amerikanischen Zigarette. Asche fiel auf seine braune Anzugjacke, aber er schien es gar nicht zu merken. »Wir haben auch Informationen vorliegen«, sagte er zum Botschafter, »dass russische Panzer über die Theiß in Ungarn eingerückt sind.« Er wandte sich seinem Verteidigungsminister zu. »Haben Sie diese Berichte bei den Verhandlungen mit der sowjetischen Seite zur Sprache gebracht?«
»Das habe ich«, erwiderte Maléter. »Botschafter Andropow reagierte sehr erbost und behauptete, das sei eine Provokation der amerikanischen CIA, um offene Kampfhandlungen zwischen der russischen Seite und Ungarn herbeizuführen, bevor wir die Bedingungen des sowjetischen Truppenabzugs geklärt hätten. Er hat davor gewarnt, den Amerikanern in die Falle zu gehen.«
»Wem vertrauen Sie«, fragte Ebby schroff, »Andropow oder uns?«
Maléter betrachtete Ebby prüfend. »Ich kann sagen, dass wir ihm vertrauen müssen. Die Alternative ist zu tragisch, um darüber nachzudenken. Falls die Sowjets Ungarn besetzen, werden wir natürlich kämpfen. Aber dann gibt es für uns nur einen Ausweg – einen ehrenvollen Tod.«
Árpád Zelk fügte grimmig hinzu: »Wir machen uns keine Illusionen – ohne eine amerikanische Intervention stehen wir gegen die Russen auf verlorenem Posten.«
»Sir, glauben Sie, dass die Russen einmarschieren werden?«, fragte der amerikanische Geschäftsträger Nagy.
Der Ministerpräsident ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Wenn man die Geschichte befragt«, sagte er schließlich, »muss die Antwort ja lauten. Die Russen marschieren immer ein.«
»Betrachten wir die Sache realistisch«, sagte Maléter. »In der sowjetischen Führung gibt es einige, die den Standpunkt vertreten, dass andere Satellitenstaaten dem ungarischen Beispiel folgen würden, wenn man Ungarn aus dem russischen Machtbereich entlässt.«
Nagy bemerkte die Asche auf seiner Jacke und schnippte sie weg. »Die Geschichte wird uns hart beurteilen, wenn wir zu schnell zu weit gegangen sind«, gestand er heiser. »Die alles entscheidende Frage ist letztlich die: Wie wird Amerika sich verhalten, falls es zum Krieg kommt?«
»Wir haben unsere Haltung diesbezüglich von Anfang an klar gemacht«, sagte der Botschafter. »Mr. Ebbitt hat unter großer persönlicher Gefahr eine eindeutige Nachricht an Mr. Zelk überbracht. Und an dem Tag, als
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