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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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hattest. Dabei wusste ich nicht mal, dass das Ding eine Antenne braucht. Wir sind also zurück, und ich bin hier noch mal aufs Klo gegangen. Du hast die Antenne aus dem Schrank genommen, und dann hast du wieder was Komisches gemacht – du hast dich im Spiegel neben dem Klo angesehen.«
    »Das macht mich noch lange nicht zum Russen, Bernice. Höchstens zum Narzissten.«
    »Ich hab dir doch erzählt, dass mein Großvater aus Wilna stammt, nicht? Tja, und der hat sich immer auf seinen Koffer gesetzt, wenn er verreisen musste. Er hat gesagt, das bringt Glück. Er hat sich geweigert, noch einmal zurückzugehen, wenn er losgefahren war. Und wenn es denn doch unbedingt sein musste, wie einmal, als meine Großmutter ihre Herztabletten vergessen hatte, hat er sich im Spiegel angesehen, bevor er wieder aufbrach.« Sie schnippte Asche von ihrer Zigarette in eine Untertasse auf dem Nachttisch. »Ich weiß nicht, wo du Amerikanisch mit Brooklyn-Akzent gelernt hast, aber wenn du kein Russe bist, fresse ich ’nen Besen.«
    Eugene betrachtete die Frau, die seit fünf Jahren seine Freundin war. »Bernice, allmählich wird’s langweilig.«
    Sie beugte sich vor und legte die Lippen an sein Ohr. »Als ich gestern in deiner Wohnung Staub gesaugt habe, bin ich auf das Versteck unter den Dielenbrettern gestoßen. Ich hab die Antenne entdeckt. Ich hab Geldbündel gefunden, jede Menge davon. Mehr Geld, als ich je in meinem Leben gesehen habe. Ich hab Zeug gefunden – eine Minikamera, Filmrollen, ein kleines Teil, das in eine Hand passt und aussieht wie ein Mikroskop. Ich hab Streichholzbriefchen mit Zahlenrastern und Buchstabenkombinationen auf der Innenseite gefunden.« Bernice überlief ein stolzer Schauer. »Ich bin ja so stolz auf dich, Eugene. Ich bin stolz darauf, deine Freundin zu sein. Ich bin stolz darauf, mit dir zu vögeln.« Sie griff mit der rechten Hand nach unten und legte sie beschützend über sein Geschlecht. »Ach Baby, mir bleibt die Spucke weg. Du bist ein Spion, du spionierst für Sowjetrussland, Eugene! Du bist ein kommunistischer Kämpfer an vorderster Front in der Schlacht gegen den Kapitalismus. Keine Sorge, Eugene. Bernice würde eher sterben, als irgendwem zu erzählen, wer du in Wirklichkeit bist.«
    »Auch Max nicht, Bernice. Vor allem nicht Max.«
    Freudentränen schossen aus Bernice’ geschlossenen Augen. »Auch Max nicht, Baby«, hauchte sie atemlos. »Mein Gott, ich liebe dich so sehr, Eugene. Ich liebe das, was du tust, ich liebe dich, so, wie eine Frau einen Soldaten liebt. Dieses Geheimnis ist wie ein Verlobungsring für uns. Das schwöre ich dir.«
     
    Am Abend zuvor hatte Eugene sich mit SASHA an der Statue von General McClellan in der California Avenue getroffen. Ein Treffen zwischen einem Agenten und seinem Kontaktmann war selten. Normalerweise holte Eugene Filme und verschlüsselte Botschaften immer bei toten Briefkästen ab.
    »Weißt du, wer General McClellan war?«, fragte Eugene mit einem Blick auf die Statue.
    »Er hat im Bürgerkrieg irgendeine Schlacht gewonnen«, sagte SASHA.
    »McClellan hat Lee eine ordentliche Abreibung verpasst, aber dann war er für Lincolns Geschmack zu vorsichtig, um genug Vorteile aus dem Sieg zu schlagen, und wurde gefeuert.«
    »Chruschtschow ist zu vorsichtig, wenn du mich fragst«, sagte SASHA mürrisch. »Wenn er diesen gottverdammten Aufstand in Ungarn nicht bald beendet, bricht ganz Osteuropa weg. Und dann gibt’s keine Pufferzone mehr zwischen der Sowjetunion und der NATO.«
    »Chruschtschow lässt sich Zeit, weil er keinen Weltkrieg riskieren will«, vermutete Eugene.
    »Es wird keinen Weltkrieg geben«, sagte SASHA kategorisch, »zumindest nicht wegen Ungarn. Deshalb hab ich im Getränkeladen angerufen und die Bestellung aufgegeben. Deshalb hab ich um dieses Treffen gebeten.« Er hielt Eugene eine kleine braune Papiertüte hin, die mit Erdnüssen gefüllt war. »Unter den Erdnüssen sind zwei Mikrofilmrollen, die den Lauf der Geschichte ändern werden. Sie enthalten Notfallpläne, Protokolle von Telefonkonferenzen auf höchster Ebene, Meldungen aus der Dienststelle in Wien, sogar die Mitschrift einer Sitzung, auf der die CIA Präsident Eisenhower über die militärische Bereitschaft Amerikas in Europa informiert hat. Ich war bei der Sitzung dabei. Am Ende hat Eisenhower den Kopf geschüttelt und gesagt: ›Ich wünschte bei Gott, ich könnte ihnen helfen, aber ich kann es nicht.‹ Merk dir diese Worte, Eugene, die sind nämlich auf keinem

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