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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Sie Ministerpräsident wurden, habe ich Ihnen das Gleiche mitgeteilt, Mr. Nagy – weder die Amerikaner noch die NATO sind bereit, in Ungarn zu intervenieren.«
    »Dann ist unsere einzige Hoffnung die, dass die Russen unsicher sind, wie die Amerikaner sich verhalten werden«, sagte Maléter. »Solange sie zweifeln, könnten Chruschtschow und die Tauben im Politbüro Schukow und die Falken zurückhalten.«
    Als die Amerikaner das Parlamentsgebäude verließen, nahm der Dienststellenleiter Ebby beiseite. »Ich halte es für besser, wenn Sie mit mir in die Botschaft kommen. Wir geben Ihnen diplomatischen Schutz –«
    »Was ist mit Zoltán, meinem Funker? Und mit Elizabet Németh?«
    »Wenn sich herumspricht, dass wir Ungarn Asyl gewähren, werden wir bald überschwemmt – die Leute werden uns die Türen einrennen.«
    »Viele von diesen Leuten haben viel für uns riskiert.«
    »Was sie getan haben, haben sie für Ungarn getan, nicht für uns. Wir stehen nicht in ihrer Schuld.«
    Ebby sagte: »Das sehe ich anders. Ich bleibe bei ihnen.«
    Der Dienststellenleiter zuckte die Achseln. »Ich kann Ihnen keine Befehle erteilen – Sie sind direkt Dulles unterstellt. Aber falls die Russen einmarschieren, rate ich Ihnen dringend, Ihre Meinung zu ändern.«
    »Danke für den guten Rat.«
    »Guter Rat ist billig.«
    Ebby nickte zustimmend. »Ihrer auf jeden Fall.«
     
     

 
    8 Washington, D.C.,
Samstag, 3. November 1956

    B
    ei Sonnenaufgang rutschte Bernice von ihrer Seite des schmalen Betts zu Eugene hinüber und schmiegte sich an seinen Rücken. Er war später als gewöhnlich zu ihr gekommen – die Kerzen, die sie immer anzündete, wenn sie wusste, dass er kommen würde, waren fast schon heruntergebrannt gewesen –, und sie hatten sich länger geliebt als sonst.
    »Bist du schon wach?«, flüsterte Bernice in seinen Nacken. »Ich glaube, ich muss dir was sagen, Baby.«
    Eugene räkelte sich, öffnete ein Auge und blinzelte in das Sonnenlicht, das durch die Jalousien strömte. »Was denn?«
    »Ich hab herausgefunden, wo du nicht herkommst.«
    »Wie bitte?«
    »Du kommst nicht aus Kanada, Baby.«
    Eugene rollte sich auf den Rücken, und Bernice schob sich auf ihn, ihr langer, knochiger Körper leicht wie eine Feder. Sie griff nach unten und streichelte seine Schamhaare.
    »Wenn ich nicht aus Kanada komme, woher denn dann?«
    Ihre Zungenspitze liebkoste sein Ohr. »Du kommst aus … Russland, Baby. Du bist Russe.«
    Jetzt hatte Eugene beide Augen weit auf. »Wie kommst du darauf?«
    »Du sprichst manchmal leise im Schlaf, Sachen, die ich nicht verstehe, in einer fremden Sprache.«
    »Vielleicht spreche ich ja Kanadisch.«
    Bernice’ Körper bebte vor lautlosem Lachen. »Du hast so was Ähnliches gesagt wie knigi. «
    »Ich finde, knigi klingt kanadisch.«
    »Max kann ein paar Brocken Russisch. Er war ja vor dem Krieg mal in Moskau. He, keine Sorge – ich hab ihm erzählt, ich hätte gehört, wie zwei Kunden sich unterhalten haben und dass ich meinte, das wäre Russisch gewesen. Max sagt, ich hätte Recht – er sagt, knigi heißt ›Buch‹ auf Russisch.«
    »Buch?«
    »Jawohl, Baby. Buch! Also tu nicht so unschuldig. Du sagst auch andere Sachen, die russisch klingen. Du sagst so was Ähnliches wie starik. Max sagt, starik ist Russisch und heißt ›alter Mann‹. Er sagt, Starik, groß geschrieben, wäre Lenins Spitzname gewesen, weil alle um ihn herum viel jünger waren als er. Ganz ehrlich, Eugene, ich krieg schon Gänsehaut, wenn ich es mir bloß vorstelle – ich meine, dass du tatsächlich im Schlaf mit Genosse Lenin sprichst.«
    Eugene versuchte, sich mit einem Scherz aus der Affäre zu ziehen. »Vielleicht war ich ja in einem früheren Leben Russe.«
    »Vielleicht bist du in diesem Leben Russe. Ich hab ja noch mehr auf Lager.«
    Eugene setzte sich auf und nahm eine Zigarette aus der Packung neben dem Bett. Er zündete sie an, reichte sie Bernice und machte sich dann selbst eine an.
    »Also, willst du hören, was ich sonst noch auf Lager habe?«
    »Unbedingt.«
    »Weißt du noch, wie Max uns vor zwei Wochen den Wagen geliehen hat und wir nach Key West gefahren sind? Da hast du was ganz Komisches gemacht – als dein Koffer fertig gepackt war, hast du dich draufgesetzt.«
    »Ich wollte ihn zukriegen.«
    »Er war schon zu, als du dich draufgesetzt hast, Eugene.«
    Eugene zog nachdenklich an seiner Zigarette.
    »Als wir schon unterwegs waren, ist dir eingefallen, dass du die Antenne für dein Motorola-Radio vergessen

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