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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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zwei auf Tragen festgeschnallte Personen geholt und in das Flugzeug gebracht, das startbereit am Ende der Rollbahn stand.« Miss Sipp blickte auf und sagte mit einem strahlenden Lächeln: »Das bedeutet, dass Wischnewski und seine Frau zu dem Zeitpunkt noch am Leben waren. Ich meine« – ihr Lächeln erstarb, ihre Stimme stockte – »wenn sie tot gewesen wären, hätte man sie doch nicht auf den Tragen festschnallen müssen, oder?«
    »Damit wissen wir noch nicht, was aus dem Sohn geworden ist«, warf Jack ein.
    »Wenn Sie mich fortfahren lassen«, sagte die Nachteule eingeschnappt, »komme ich jetzt zu dem Kind.« Sie wandte sich wieder an den Zauberer. »Ein Junge – der Späher schätzt ihn auf irgendwo zwischen zehn und fünfzehn; er meinte, es sei schwer zu erkennen gewesen wegen der vielen Kleidung, die der Junge anhatte – wurde aus einem der Tatras gezogen und von zwei KGB-Männern ins Flugzeug gebracht. Der Junge weinte und rief ›Papa‹ auf Russisch, was Gehlens Offizier zu dem Schluss brachte, dass die beiden Personen auf den Tragen Russen gewesen sein müssen.«
    Der Zauberer schlug mit der flachen Hand bewundernd auf seinen Schreibtisch. »Der verdammte Gehlen ist das Geld wert, das wir zahlen. Alle Achtung, ein Späher von ihm war so nah dran, dass er gehört hat, wie der Junge nach seinem Papa rief. Hat wahrscheinlich noch einen SS-Experten aus seiner Zeit als Leiter der Wehrmachtsaufklärung auf der Gehaltsliste. Wieso haben wir nicht so gute Späher, wo wir uns schon dumm und dämlich zahlen?«
    »Gehlen soll während des Krieges einen seiner Agenten aus der Abteilung Fremde Heere Ost in Stalins inneren Kreis eingeschleust haben«, meldete sich die frühere Bibliothekarin von Yale, Rosemarie Kitchen, zu Wort.
    »Hat ihm ja auch viel genützt«, spöttelte Ebby, was einiges Gekicher auslöste.
    »Was gibt’s denn da zu lachen«, explodierte Torriti. Mit funkelnden Augen starrte er Ebby an. »Die verdammten Rus sen haben einen Tipp bekommen – die KGB-Ärsche sind ü ber alles genauestens im Bilde. Wischnewski muss damit rechnen, dass ihm mit aufgesetzter Waffe eine Kugel ins Genick geschossen wird, und das wurmt mich, okay? Es wurmt mich, dass er sich darauf verlassen hat, dass ich ihn raushole, und das hab ich nicht getan. Es wurmt mich, dass um ein Haar auch ich und Jack und die beiden Silvans nicht rausgekommen wären. Das alles bedeutet, dass wir von einem verdammten Maulwurf ans Messer geliefert werden. Wie kommt es, dass fast alle Agenten, die wir in die Tschechoslowakei und in Rumänien einschleusen, vor einem Erschießungskommando enden? Wie kommt es, dass uns die Emigranten, die wir in Polen absetzen, nicht über Funk melden, dass sie einen schönen Urlaub haben? Wie kommt es, dass der KGB offenbar weiß, was wir machen, bevor wir es selbst wissen?«
    Torriti holte tief Luft. »Okay, wir machen Folgendes. Zunächst einmal will ich die Namen von allen, von Bedell Smith abwärts, in Washington und in der Berliner Basis, die gewusst haben, dass wir einen Überläufer rüberholen, der behauptet, er könne einen sowjetischen Maulwurf im MI6 enttarnen. Ich will die Namen von den Sekretärinnen, die die verdammten Nachrichten getippt haben, ich will die Namen von den Code-Mitarbeitern, die sie ver- und entschlüsselt haben, ich will die Namen von den Hausmeistern, die die verdammten Farbbänder der Schreibmaschinen verbrannt haben.«
    Miss Sipp, die emsig mitstenografierte, blickte auf, die Augen wässrig vor Müdigkeit. »Wie dringend ist das, Mr. Torriti? In Washington ist es sieben Stunden früher. Die schlafen noch alle tief und fest.«
    »Deklarieren Sie die Meldung als Brandeilig «, schnauzte der Zauberer. »Wecken Sie die Penner auf.«
     
    An Tisch 41 im La Niçoise, seinem Stammlokal auf der Wisconsin Avenue in Georgetown, kippte Mother den Bourbon hinunter und signalisierte dem Ober, doppelte Martinis zu bringen. Adrian, der sich gern zum Lunch das eine oder andere Gläschen genehmigte, stieß mit ihm an, als das Gewünschte serviert wurde. »Irgendwas Neues aus Berlin?«, fragte er.
    Mother musterte seinen Freund über den Tisch hinweg. »Es wird dir nicht gefallen.«
    »Das werden wir ja sehen.«
    » Amicitia nostra dissoluta est. Unsere Freundschaft ist aufgelöst. Ich weiß über dich und deine KGB-Freunde Bescheid!«
    Der Brite, der den Scherz sofort als solchen erkannte, gluckste vor Vergnügen, als er das Zitat hörte. »Neros Nachricht an Seneca, als er meinte, dass für

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