Die Company
seinen Erzieher die Zeit gekommen war, Harakiri zu b-b-begehen. Herrgott, Jimbo, mich überrascht nur, dass ich dich so lange hinters Licht führen konnte. Im Ernst, was ist aus deinem Russen geworden, der in Berlin überlaufen wollte?«
»Der Zauberer hat mir gestern Nacht eine Blitzmeldung geschickt – seitdem laufen die Drähte zwischen uns heiß. Wischnewski ist nicht aufgetaucht. Aber der KGB. Die Sache ist ziemlich unangenehm geworden. Torriti hat länger gewartet, als gut war – musste einen von den Deutschen erschießen und einen Russen k.o. schlagen, um seine eigene Haut zu retten. Wischnewski und seine Frau wurden vermutlich unter Betäubungsmitteln zurück nach Moskau geschafft, wo sie die Suppe werden auslöffeln müssen. Ihr kleiner Sohn auch.«
»Gott, was ist da schief gelaufen?«
»Sag du’s mir.«
»Was ist mit Wischnewskis Informationen? Was ist mit dem Maulwurf im MI6?«
Als Antwort fuhr einer von Mothers nikotingelben Fingern über den Rand des Glases, bis ein melancholischer Klagelaut ertönte.
Adrian sagte nachdenklich: »Wirklich Pech. Ich denke, es ist b-b-besser, wenn ich Wischnewskis Informationen an C weiterleite – sie geben zwar nicht viel her, aber immer noch besser als gar nichts. Hab ich die Sache noch richtig in Erinnerung, Jimbo? Die Russen haben letzten Sommer in Stockholm von jemandem beim MI6 Informationen gekriegt, im Winter davor in Zürich. Zwei geplatzte Operationen könnten ihn enttarnen – bei der einen ging es um einen Agenten, bei der anderen um ein Mikro in Den Haag –«
»Ich habe deine Lippen nicht entsiegelt«, rief Angleton seinem Freund ins Gedächtnis.
»Er zerreißt mich in der Luft, wenn er erfährt, dass ich Bescheid wusste und ihm nichts gesagt habe.«
»Von mir erfährt er kein Sterbenswörtchen.«
»Was bringt denn das Abwarten?«
»Falls Wischnewski uns keine Falschinformationen gegeben hat, falls es einen Maulwurf im MI6 gibt, dann könnte es jeder sein, bis hinauf zu C und einschließlich ihm selbst.«
»Ich hätte gedacht, C wäre jenseits von Gut und Böse.« Der Brite zuckte die Achseln. »Ich hoffe inständig, dass du weißt, was du tust.«
Ein Kellner brachte die Rechnung zusammengefaltet auf einem kleinen, silbernen Teller. Adrian wollte sie nehmen, aber Angleton war schneller. »Die Queen hat schon beim letzten Mal bezahlt«, sagte er. »Jetzt bin ich dran.«
Harold Adrian Russell Philby – Kim für seine Kollegen beim MI6, Adrian für eine Hand voll Freunde wie Angleton – brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Erst Malta. Jetzt der Lunch. Offenbar ist es unser Los, von der Großzügigkeit der Amis zu leben.«
Jack McAuliffe hatte Ebby mit in einen Nachtklub auf dem Kurfürstendamm genommen, einen schicken, in Neonlicht getauchten Laden, in dem es von Diplomaten und Spionen und Geschäftsleuten von allen vier Besatzungsmächten nur so wimmelte. Auf der kleinen Bühne spulte ein Transvestit in einem billigen Glitzerfummel einen Witz nach dem anderen herunter und lachte sich selbst darüber schief. »Nimm dich in Acht, man lacht nicht über antisowjetische Witze«, sagte der Komiker zu einem imaginären Gesprächspartner und wedelte warnend mit dem Finger. »Dafür kannst du drei Jahre in den Knast wandern.« Eine Oktave höher stellte er die Stimme seines Gegenübers dar. »Immer noch besser als drei Jahre in einer von diesen neuen Mietskasernen in Friedrichshain.« Einige elegante Briten, die an einem Ecktisch saßen, brüllten vor Lachen über einen Witz, den einer von ihnen erzählt hatte. Der Komiker auf der Bühne, der das Gelächter auf sich bezog, blickte in ihre Richtung und machte einen Knicks.
An einem kleinen Tisch neben der Tür zu den Toiletten strich Jack mit dem Zeigefinger den Schaum von seinem Glas, legte den Kopf in den Nacken und trank mit hüpfendem Adamsapfel das Bier in einem langen Zug aus. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen und stellte das leere Glas neben die anderen beiden, die er bereits hinuntergekippt hatte. »Heiliger Jesus, Ebby, du gehst zu hart mit ihm ins Gericht«, sagte er zu seinem Freund. »Der Zauberer ist wie ein streunender Hund, dem man über den Weg läuft. Du musst mucksmäuschenstill stehen bleiben, damit er in aller Ruhe deine Hose, deine Schuhe beschnüffeln kann, erst dann wird er dich akzeptieren.«
»Was mir am meisten gegen den Strich geht, ist sein Alkoholkonsum«, sagte Ebby. »Ein Säufer kann doch nicht die Berliner Basis leiten.«
»Der Whiskey
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