Die Company
zu Hause herzitiert worden; die meisten hatten sich nur rasch Kordhosen und Sweatshirts übergezogen und sahen aus, als hätte man sie aus dem Tiefschlaf gerissen. Die CIA-Leute – Bissell, Leo Kritzky und eine Hand voll anderer – waren unrasiert und trugen noch dieselben zerknitterten Sachen, in denen sie schon seit Tagen schliefen. Alle standen auf, als der Präsident zum Kopfende des Tisches ging, und nahmen erst wieder Platz, als Kennedy sich in einen Sessel hatte sinken lassen. Bissell blieb stehen.
»Mr. President, wir haben keine guten Nachrichten«, begann der DD/O.
»Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts«, warf Bobby Kennedy ein. »Diese Regierung ist gerade neunzig Tage im Amt, und Sie und Ihr Verein –«
Jack sagte geduldig: »Lass ihn berichten, was los ist.«
Mit mühsamer Selbstbeherrschung informierte Bissell die Anwesenden über den Stand der Dinge. Castros Panzer und Granatwerfer beschossen inzwischen die beiden Strandabschnitte, wo die Brigade gelandet war. Die Verluste waren beträchtlich. Den Einheiten, die die Dammstraßen hielten, ging allmählich die Munition aus. Falls Castros Truppen durchbrachen, würden seine Panzer in wenigen Stunden auf den Strand rollen.
»Dennoch«, sagte Bissell abschließend, »ist noch nicht alles verloren, Mr. President.«
»Welche Möglichkeit hätten wir denn noch?«, fragte Kennedy.
»Wenn Sie den Jets auf der Essex den Einsatzbefehl geben, könnten sie binnen fünfundvierzig Minuten die Dammstraßen von feindlichen Truppen säubern.«
Zu seiner Überraschung erhielt Bissell Unterstützung von Admiral Burke. »Geben Sie mir zwei Jets, und ich schieße alles ab, was Castro uns entgegenschickt«, erklärte der Marinechef knapp.
»Nein«, sagte Kennedy kategorisch. »Ich habe wieder und wieder gesagt, dass ich keine amerikanischen Soldaten in den Kampf schicken werde, um diese Operation zu retten.«
Bobby meldete sich zu Wort. »Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass die CIA und Admiral Burke noch immer hoffen, die Situation zu retten, während der Präsident nach einem Weg sucht, unsere Verluste zu begrenzen. Die ganze Welt wartet doch nur darauf, uns die Sache anzuhängen.«
Kennedy blickte über den Tisch zu Bissell hinüber, der noch immer als Einziger stand. »Dick, ich denke, der Zeitpunkt ist gekommen, wo die Brigade sich den Guerillas in den Bergen anschließen muss, finden Sie nicht auch?«
Alle im Raum schienen auf die Antwort zu warten. Leo blickte aus den Augenwinkeln zu seinem Chef hinüber. Bissell war absolut allein, ein übermüdetes emotionales Wrack. Er schwankte leicht hin und her und schien den Tränen nahe. »Mr. President, das ist nicht möglich –«
Kennedy schien verwirrt. »Ich habe gedacht … Sie hatten mir versichert …« Er blickte fragend in die Runde.
General Lemnitzer deutete mit einem anklagenden Finger auf Bissell. »Sie haben ausdrücklich gesagt, im schlimmsten Fall würde die Brigade sich in die Escambray-Berge durchschlagen und als Guerillatruppe weiterkämpfen.«
Bissell flüsterte fast: »Das war eine Option im Trinidad-Plan, den wir auf Veranlassung des Präsidenten aufgegeben haben. Von der Schweinebucht aus müsste die Brigade sich durch achtzig Meilen Sumpfgebiet kämpfen, um in die Berge zu gelangen.« Bissell schaute sich verzweifelt um, sank dann in den Stuhl hinter sich. »Mr. President –«
»Ich höre, Dick.«
»Mr. President, um es klipp und klar zu sagen, unsere Leute sitzen an den Stränden in der Falle. Castro hat zwanzigtausend Soldaten in der Gegend aufmarschieren lassen. Wenn wir Castros Truppen – seine Panzer – in Schach halten können, so dass sie von der Dammstraße in den Sümpfen nicht wegkommen, dann könnten wir doch die Munitionsschiffe näher an die Küste holen, oder? Die Brigade könnte sich neu formieren, frischen Wind bekommen.« Die Leute am Tisch blickten jetzt an die Wände oder zur Decke. Auch Bissell bekam frischen Wind. »Die Übergangsregierung könnte in Kraft treten, Mr. President. Wir hätten einen Fuß auf der Insel –«
»Sie meinen, einen Zeh –«, warf Bobby ein, doch Bissell, dem der Sarkasmus entging, fuhr fort.
»Sobald die Übergangsregierung an Ort und Stelle ist, werden Castros Soldaten in Scharen desertieren. Wir haben das doch alles schwarz auf weiß, nicht wahr, Leo? Wo ist der Lageplan, den wir erarbeitet haben?« Leo durchsuchte umständlich einen Stoß Akten. Bissell fing vor Ungeduld an, aus dem Gedächtnis zu zitieren.
Weitere Kostenlose Bücher