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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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an. Als die Maschine durch die Wolkendecke stieß, sah Manny auf der rechten Seite im Sonnenlicht etwas, das aussah wie ein Birkenteppich, und gleich darauf tauchte unter dem Rumpf die Landebahn auf.
    Im Terminal reihte sich Manny in die Schlange vor der Passkontrolle ein. Eine grau uniformierte Frau mit schlecht blondiertem Haar, das sich auf ihrem Kopf türmte, und ausdrucksloser Miene, blätterte seinen Pass Seite für Seite durch, bevor sie eingehend das Foto inspizierte und ihm dann direkt in die Augen sah, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich den abgelichteten Mann vor sich hatte. Ihr Blick huschte über Mannys rechte Schulter zu dem über und hinter ihm im Fünfundvierzig-Grad-Winkel angebrachten Spiegel, in dem sie seine Füße sehen konnte und der ihr verriet, ob er sich kleiner oder größer machte. Sie überprüfte die Körpergrößenangabe im Pass und blickte ihn dann erneut durch die Trennscheibe an. Manny wusste, dass auf ihrer Seite der Scheibe Zentimetermaße ins Glas geritzt waren, so dass sie die genaue Größe mit einem Blick feststellen konnte. Sie blätterte eine dicke Kladde durch, um zu sehen, dass sein Name nicht drinstand, stempelte dann den Pass und das Devisenformular, das er im Flugzeug ausgefüllt hatte, blickte nach rechts und forderte mit einem Nicken die nächste Person auf vorzutreten.
    Manny wagte kaum zu atmen – er hatte die strenge sowjetische Grenzkontrolle passiert und befand sich im Bauch des Wales.
    Den Rest des Samstags und den ganzen Sonntag wurde Manny mit seiner Touristengruppe von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gescheucht. Sie besichtigten die Kremlkirchen, die St.-Basil-Kathedrale am Roten Platz und das Lenin-Museum und standen dann in der endlosen Schlange, die an dem wächsernen Leichnam Lenins vorbeidefilierte.
    Am Sonntagabend stand ein Besuch des Bolschoi-Theaters auf dem Programm, wo ihnen eine begeisternde Vorstellung von Giselle geboten wurde. Zu den Mahlzeiten wurden die Touristen ins Hotel Metropole gekarrt, wo sie unter einer Buntglaskuppel an Tischen speisten, die mit kleinen amerikanischen Fähnchen geschmückt waren.
    Manny mischte sich unter die anderen seiner Gruppe (es waren etliche allein reisende Frauen dabei, die den einzigen Mann ohne Anhang mit offener Neugier betrachteten), wehrte persönliche Fragen mit vagen Antworten ab und hielt unentwegt Ausschau nach Anzeichen dafür, ob der KGB ihm besondere Aufmerksamkeit schenkte. Er wusste, dass alle Russen, die mit ausländischen Touristen zu tun hatten – die Busfahrer, die Reiseführer von Intourist, das Hotelpersonal –, dem KGB Meldung machten. Bevor er am Montagmorgen sein Zimmer verließ, prägte Manny sich die genaue Anordnung seiner Kleidungsstücke im Schrank ein und drapierte ein Haar auf dem Ärmel eines Jacketts. Sobald er am Nachmittag zurückkam, kontrollierte er, ob sich jemand an seinen Sachen zu schaffen gemacht hatte: Soweit er feststellen konnte, war alles unberührt.
    Am Dienstagmorgen fiel ein leichter Regen, der die Straßen glänzen ließ. Gleich nach dem Frühstück machte die Touristengruppe sich mit einer Reiseführerin auf zum GUM am Roten Platz. »Die Gruppe muss unbedingt zusammenbleiben«, rief die Reiseführerin nervös, als sie ihre amerikanischen Schützlinge schließlich vorbei an den in Hauseingängen lauernden Geldwechslern ins Kaufhaus scheuchte.
    Manny hielt etwas Abstand zu den anderen und sprach einen der Geldwechsler an. »Zu welchem Kurs?«, fragte er den bärtigen Mann, dem ein grellbunt gestreiftes Hemd aus der Jeans hing.
    »Das Sechsfache vom offiziellen Kurs, drei Rubel für den Dollar«, erwiderte der Mann, wobei er kaum die Lippen bewegte. Er beobachtete die Straße, hielt Ausschau nach Polizisten in Uniform oder Zivil, die eine Provision kassierten, wenn sie jemanden wie ihn in flagranti erwischten.
    »Im Hotel bietet mir ein Kellner vier für den Dollar.«
    »Dann nehmen Sie das Angebot an«, riet ihm der Mann feixend. »Falls Sie es sich anders überlegen, finden Sie mich bis mittags hier am GUM. Fragen Sie nach Pawlusha.«
    Manny rechnete sich aus, dass die Gruppe inzwischen ein gutes Stück voraus war. »Ich überleg’s mir, Pawlusha«, sagte er und betrat dann durch die schwere Tür das Kaufhaus. Die letzten Amerikaner verschwanden eben einen der Gänge hinunter. Gemächlich schlenderte er hinterdrein, blieb hier und da stehen, um sich die ausgelegten Waren anzusehen, und fiel nach und nach immer mehr zurück. An einer Gabelung

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