Die Company
sie. »Ich hoffe doch, dass sich nichts ändert, wenn wir verheiratet sind«, sagte er.
»Ich meine deine Reise. Ich habe da eine Theorie, Manny. Man ist eifersüchtig bei Dingen, die einem nicht gehören. Aber sobald sie einem gehören, kann man es sich leisten, nicht mehr eifersüchtig zu sein.«
»Ich glaube, ich kann dir nicht ganz folgen.«
Nellie beugte sich vor und küsste Manny leidenschaftlich auf den Mund. »Ich nehme deinen Antrag an«, verkündete sie mit heiserem Flüstern. »Wann ist Hochzeit?«
»Ich reise Freitagnachmittag ab. Was ist das für ein Datum?«
»Der neunte.«
»Freitag, der neunte August. Das heißt, ich bin Freitag, den sechzehnten, zurück. Dann könnten wir am Wochenende zu einem Friedensrichter gehen und heiraten.«
Nellie, plötzlich außer Atem, sagte: »Du kannst wirklich umwerfend sein.« Sie überlegte. »Wenn wir in gut einer Woche heiraten, dann sind wir jetzt verlobt, nicht?«
»Würde ich auch sagen.«
»Und wenn wir jetzt verlobt sind, dann wäre es doch nur natürlich, dass du deiner Zukünftigen sagst, wohin deine Reise geht.«
Als sie den Ausdruck in seinem Gesicht sah, musste sie lachen.
»Sag nichts, lass mich raten: Die Frau eines Company-Mitarbeiters … «
»… stellt keine …«
»… dummen Fragen.«
Ein freudiger Schauer durchlief Leo Kritzky: Er war nicht allein in seiner Zelle.
Sein Zellengenosse war der Falter, der aus dem düsteren Korridor hereingeflattert war, als sich Angleton beim Hinausgehen auf der Türschwelle noch einmal umgedreht hatte, weil ihm eine letzte Frage eingefallen war. »Sie können sich nicht erinnern, dass Kahn’s Wine & Beverage in der M Street Getränke zu Ihnen nach Hause geliefert hat?«
»Wie oft wollen Sie das noch fragen –« Leo sah das Flattern winziger Flügel, als der Falter, möglicherweise von den Glühbirnen an der Decke angelockt, an Angletons Knie vorbeiflog. Einen quälenden Moment fürchtete er, dass Angleton den Eindringling bemerken und die Wachen hereinrufen würde, damit sie dem Falter den Garaus machten, bevor Leo sich an seiner Gesellschaft erfreuen konnte. Um den Falter nicht zu verraten, konzentrierte er seinen Blick auf Angleton. »Um solche Dinge kümmert Adelle sich – Pizza, Lebensmittel, Getränke und so weiter. Ich habe sie nie gefragt, wo sie einkauft oder wo sie was bestellt. Ich hatte schon genug um die Ohren. Und ich kann mich auch nicht erinnern, irgendwelche Rechnungen von Kahn’s Wine & Beverage bezahlt zu haben.«
»Sie haben vorsichtshalber die Bestellungen über den Mädchennamen Ihrer Frau laufen lassen, damit niemand dahinter kam, dass zwischen Ihnen und Kahns Lieferanten, einem Kontaktmann des KGB, eine Verbindung bestand.«
Am Rande seines Gesichtsfeldes sah Leo den Falter an der Wand über dem Klo landen. Er konnte es kaum erwarten, dass Angleton ging, um seinen Besucher gebührend zu begrüßen. »Auch das ist eine Unterstellung, die sich in das einfügt, was Sie glauben wollen«, sagte Leo ungeduldig. »Das Problem ist nur, dass Ihre Unterstellungen nicht aufgehen. Sie haben nichts als Indizien, und das wissen Sie.«
»Meine Indizien, wie Sie sagen, beruhen auf unwiderlegbaren Beweisen eines glaubwürdigen Zeugen. Es gibt für Sie nur eine Möglichkeit, aus dieser Situation herauszukommen – geben Sie zu, dass Sie SASHA sind, und dann kooperieren Sie mit uns, um den Schaden, den Sie der Company zugefügt haben, wieder gutzumachen.« Angleton klopfte seine Jacketttasche ab, auf der Suche nach Zigaretten, drehte Leo den Rücken zu und verließ den Raum. Ein Wachmann verriegelte die Tür hinter ihm.
Einige Minuten lang blieb Leo auf der Wolldecke mit dem Rücken zur Wand sitzen. Er hatte den Verdacht, dass Angleton ihn durch das Guckloch in der Tür beobachtete, und er wollte den Falter nicht in Gefahr bringen. Schließlich glaubte er, dass die Luft rein war, und ließ den Blick zu dem Insekt schweifen. Es war das schönste Wesen, das Leo je gesehen hatte. Die Flügel hatten ein fein gezeichnetes lila-braunes Muster, und die langen, fedrigen Fühler ertasteten, wie ein Blindenstock, den Mikrokosmos dicht vor dem Kopf. Leos Stimmung stieg – für ihn war es ein Omen, ein Zeichen, dass jemand außerhalb dieses geheimen Gefängnisses und außerhalb von Angletons unmittelbarem Kreis von seiner Notlage wusste und ihm bald zu Hilfe kommen würde. Er hob grüßend eine Hand, um seinem Kameraden zu vermitteln, dass sie nicht nur dieselbe Zelle, sondern auch dasselbe
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