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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Richtungen auf den Nebenwegen, die Männer in Zivil kamen auf dem Hauptweg auf sie zu. »Schnell«, flüsterte Kukuschkin, »ich weiß, wo es eine Öffnung im Zaun gibt.«
    Manny wirbelte herum und folgte dem Russen, der sich zwischen zwei Grabsteinen hindurchschlängelte. Hinter ihnen ertönte eine Stimme aus einem Megafon: »Halt, stehen bleiben. Der Friedhof ist umzingelt. Sie kommen hier nicht raus.« Das Blut in Mannys Schläfe hämmerte so laut, dass es das dröhnende Megafon fast übertönte. Als er nach links blickte, sah er die beiden jungen Männer, die Grabschriften kopiert hatten, auf sie zurennen, mit dunklen, metallisch glänzenden Gegenständen in den Händen. Die beiden Pärchen, die am Grab von Stalins Frau gestanden hatten, und die drei Männer, die sich unterhalten hatten, liefen parallel zu Manny und Kukuschkin, um ihnen vor dem Zaun den Weg abzuschneiden. Irgendwo auf dem Friedhof gab es Explosionen, Stückchen von einem Grabstein splitterten ab und trafen Manny am Arm. Vor sich sah er den schulterhohen, mit Efeu bewachsenen Zaun. Kukuschkin, der sich für einen Mann seiner Größe mit verblüffender Behändigkeit bewegte, sprintete auf eine Stelle zu, wo an einem verrosteten Pfosten eine schmale Lücke entstanden war. Er wollte sich eben hindurchzwängen, als auf der anderen Seite eine Reihe Soldaten mit Maschinenpistolen im Anschlag hinter den Büschen auftauchte. Kukuschkins Mund öffnete sich, als wollte er einen Schrei ausstoßen. Er drehte sich zu Manny um und sagte mit ausdrucksloser Stimme: »Das war’s – jetzt erwartet mich die Hinrichtung.«
     
    In dem unverwandten Blick des dünnen, mittelalten Mannes mit dem kahl geschorenen Schädel blitzte Selbstgefälligkeit auf, während ein allwissendes, hämisches Grinsen seine farblosen Lippen umspielte. »Wir haben gehört«, sagte er, »dass ein festgenommener CIA-Offizier befugt ist, drei Fragen zu beantworten – nach seinem Namen, seinem Rang und der Nummer seines reservierten Parkplatzes in Langley.« Er trat neben Manny, der an einem großen Tisch saß, und blickte auf ihn herab. »Ihren Namen, zumindest den, den Sie dem Verräter Kukuschkin genannt haben, kenne ich. Ihren Rang – bei Ihrem Alter und aufgrund der Tatsache, dass man Sie mit dem Verräter Kukuschkin betraut hat – kann ich mir ungefähr denken. Aber wenn Sie mir bitte sagen würden, welche Nummer Ihr Parkplatz hat?«
    Seltsamerweise fühlte Manny sich durch seine Festnahme in gewisser Weise befreit. Der schlimmste Fall war eingetreten – das war bedauerlich, aber es jagte ihm keine Angst mehr ein. Wie sein Vater damals in Ungarn merkte auch Manny jetzt, dass sich alles verlangsamt hatte: das Pochen des Bluts in seinen Schläfen, die Gedanken in seinem Kopf, die Rotation der Erde. Mit einem verkniffenen Lächeln blickte er zu dem Mann hoch. »Ich möchte mit jemandem von der amerikanischen Botschaft sprechen«, verkündete er.
    Eines der Telefone auf dem Tisch klingelte schrill. Der Russe kehrte zu seinem Platz zurück und nahm den Hörer ab. Er lauschte einen Moment lang, murmelte etwas und legte wieder auf. Er lehnte sich in seinem hölzernen Drehstuhl zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Das Licht der Deckenlampe blitzte in seiner Nickelbrille wie ein Morsesignal. »Ich sage Ihnen etwas, das Sie bereits wissen«, sagte der Russe. »Wenn man die Telefonnummer K 4-89-73 wählt, klingelt es in dem rund um die Uhr mit US-Marines besetzten Wachraum der amerikanischen Botschaft.«
    Manny begriff, dass das Verhör eine unheilvolle Wendung genommen hatte. Die Telefonnummer konnte der Russe nur von Kukuschkin erfahren haben, was bedeutete, dass man Sergei zum Reden gebracht hatte. »Die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion sind per internationalen Vertrag verpflichtet, Botschaftsangehörigen Zugang zu Staatsbürgern zu gewähren, die festgehalten werden –«, setzte Manny an.
    »Sie werden nicht festgehalten, mein Freund«, sagte der Russe herablassend. »Sie sind in Untersuchungshaft wegen Spionage. Man wird Sie anklagen und wegen Spionage verurteilen. Der Staatsanwalt wird die Höchststrafe fordern. Ob Sie zum Tod durch den Strang verurteilt werden, hängt davon ab, inwieweit Sie mit unseren Ermittlungsorganen kooperieren.«
    »Wenn Sie mir Angst einjagen wollen, ist es Ihnen gelungen«, gab Manny zu. Er war fest entschlossen, den Unschuldigen zu spielen, nicht nur um seinetwillen, sondern auch für Kukuschkin. »Hören Sie, ich bin der, für den ich

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