Die Company
Azzam an und ging nach Jordanien, um sich der al-Fatah anzuschließen. Einige Zeit später wurde er in Hebron von den Israelis wegen versuchten Mordes an einem Palästinenser, der angeblich für den israelischen Inlandgeheimdienst Shin Bet arbeitete, festgenommen und verbrachte zwei Jahre in einem entlegenen Negev-Gefängnis. Nach seiner Entlassung im Jahre 1970 brach er mit der PLO, weil er glaubte, dass Yassir Arafat bereit war, mit den Israelis zu verhandeln. Anfang der Siebzigerjahre verurteilte die PLO Abu Azzam in Abwesenheit zum Tode, weil er geschworen hatte, er werde Arafat und König Hussein von Jordanien töten. Er floh nach Bagdad, gründete den Islamischen Dschihad und organisierte eine Reihe von Terroranschlägen gegen israelische und arabische Ziele, darunter auch 1973 die Besetzung der saudischen Botschaft in Paris. Als die Sowjetunion 1979 in Afghanistan einmarschierte, nahm Abu Azzam erneut eine neue Identität an – von nun an nannte er sich Ibrahim – und verlagerte den Islamischen Dschihad in den Hindukusch östlich der afghanischen Hauptstadt Kabul. Mit den geschätzten hundert Millionen Dollar, die er von seinem Vater geerbt hatte, richtete er überall in der arabischen Welt geheime Rekrutierungs- und Ausbildungslager ein und knüpfte Kontakte zu anderen radikalislamischen Splittergruppen, die alle durch einen fanatischen Hass nicht nur auf die sowjetischen Invasoren, sondern auch auf die Amerikaner geeint wurden, weil sie islamische Krieger als Kanonenfutter missbrauchten. Für Ibrahim und die anderen war Verwestlichung gleich Säkularisierung, und sie verbanden damit einen Angriff auf die bestimmende Rolle des Islam für die kulturelle und politische Identität eines Landes. Vor allem Ibrahim schwebte für Afghanistan die Errichtung einer strengen Ordnung nach den Regeln des Korans vor, sobald die Sowjets geschlagen und der afghanische Krieg zu Ende war. Außerdem wollte er die regierende Herrscherfamilie in Saudi-Arabien stürzen. Falls das ölreiche Saudi-Arabien den Fundamentalisten in die Hände fiel, so Ibrahims Überlegung, würde der Islam – durch die Kontrolle der Ölfördermengen und des Preises – in einer starken Position sein, den Glauben gegen die westlichen Ungläubigen zu verteidigen.
Jack frohlockte, als er erfuhr, dass Manny Ibrahim identifiziert hatte. »Himmel, bist du wirklich hundertprozentig sicher?«, fragte er über eine sichere interne Company -Telefonleitung, und Manny konnte den erleichterten Seufzer hören, als er ihm sagte, es bestehe kein Zweifel. Jack rannte eine Etage tiefer in Millies Büro – sie war inzwischen die leitende Sprecherin der Company – und zog seine Frau hinaus auf den Gang, um ihr die gute Nachricht außer Hörweite ihrer Assistenten und Sekretärinnen mitzuteilen. »Es ist der erste Schritt in die richtige Richtung«, erklärte er, schloss ihre feuchten Hände in seine großen Pranken und nickte eifrig, als wollte er sich selbst davon überzeugen, dass die Geschichte ein Happy End haben würde. Dank den Israelis, so flüsterte er, hatte die Company jetzt ein Foto des Entführers. »Ein streng geheimer Einsatzplan ist zu allen CIA-Stationen unterwegs, unterzeichnet von DCI William Casey persönlich und gegengezeichnet von meiner Wenigkeit Deputy Director/Operations John J. McAuliffe – das J. soll nur die Wichtigkeit betonen, normalerweise unterschreibe ich nie damit. Die Company, so heißt es darin, betrachtet die Identifizierung und schließlich die Infiltrierung der Rekrutierungs- und Ausbildungszentren des Islamischen Dschihad im Nahen Osten als höchste Priorität. Das Leben eines CIA-Offiziers steht auf dem Spiel. Man wird alle nur denkbaren Quellen mit Kontakten zu islamischen Gruppen anzapfen, man wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Die Suche nach Kommandant Ibrahim und den beiden Geiseln hat Vorrang vor allen anderen anstehenden Operationen.«
»Was denkst du, Jack?«, fragte Millie. Sie sah ihm die Anspannung an, und sie wusste, dass sie nicht viel besser aussah. »Besteht die Chance, dass Anthony lebend da raus kommt?«
»Ich verspreche es, Millie … ich schwöre es …«
Millie wisperte: »Ich weiß, du wirst es schaffen, Jack. Ich weiß es, weil es keine Alternative gibt, mit der wir beide leben könnten.«
Jack nickte heftig. Dann drehte er sich um und eilte von der Frau davon, deren Augen mehr Qual verrieten, als er ertragen konnte.
Jack hatte Ebby nach Feierabend abgefangen. Sie saßen in einer Ecke des
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