Die Company
Steuerparadiesen gegründet – auf der Isle of Man, auf Jersey und Guernsey, in der Schweiz und in der Karibik. Normalerweise ist eine Scheinfirma im Besitz von zwei anderen Gesellschaften, die wiederum–«
Andropow winkte lustlos ab. »Ich versteh schon.«
»Derzeit kontrollieren wir über diese Scheinfirmen etwa dreiundsechzig Milliarden US-Dollar. Das Beste an CHOLSTOMER ist, dass diese Dollars auf New Yorker Banken liegen, die jedoch nicht in der Lage sind, den eigentlichen Besitzer des Geldes zu identifizieren. Nun wechseln Tag für Tag in New York zwischen fünf- und sechshundert Milliarden US-Dollar den Besitzer – und zwar auf dem so genannten Spotmarkt, das heißt, dass diese Verkäufe sofort ausgeführt werden.«
»Wie wollt ihr denn den amerikanischen Dollar unterminieren, wenn ihr bloß über einen Bruchteil dieser sechshundert Milliarden verfügt?«
»Wir denken, wenn wir geschickt vorgehen, wenn wir also in großen Zeitschriften weltweit Artikel über die Schwäche des Dollars platzieren und dann den Markt dementsprechend manipulieren, wird der unerwartete Verkauf von dreiundsechzig Milliarden bei Menschen und Institutionen – bei Spekulanten, Versicherungsgesellschaften, Privatbanken, Rentenfonds und vor allem bei den europäischen und asiatischen Zentralbanken Panik auslösen. Wir schätzen, dass die Panikverkäufe das Zehnfache der ursprünglichen dreiundsechzig Milliarden ausmachen werden, dass also rund sechshundert Milliarden Dollar auf den Markt geworfen werden – und das zusätzlich zu den regulären Dollarverkäufen an diesem Tag. Das wird unweigerlich einen Schneeballeffekt auslösen. Natürlich wird die amerikanische Zentralbank, die Federal Reserve Bank, intervenieren und Dollars kaufen, um die US-Währung zu stützen. Aber wir rechnen damit, dass diese Intervention zu spät kommt und zu schwach sein wird, um den Dollar abzufangen. Wir schätzen, dass siebzig Prozent der Fremdwährungsguthaben in den Zentralbanken von Japan, Hongkong, Taiwan und Malaysia in Dollars geführt werden; dabei handelt es sich um eine Summe von etwa eintausend Milliarden. Neunzig Prozent davon werden in Form von US-Schatzanleihen und -wechseln gehalten. Wir haben einflussreiche Agenten in Schlüsselpositionen in diesen Zentralbanken und einen deutschen Agenten in der Umgebung von Kanzler Helmut Kohl. Beim ersten Anzeichen eines Absturzes des US-Dollars werden unsere Agenten ihre jeweiligen Zentralbanken bedrängen, zum Schutz vor weiteren Verlusten zwanzig Prozent ihrer US-Schatzanleihen zu verkaufen. Von diesem Moment an würde zusätzlich zum Sturz des Dollars auch noch der amerikanische Anleihemarkt zusammenbrechen, und das wiederum würde an der Wall Street Panik auslösen; es ist damit zu rechnen, dass der Dow Jones ins Bodenlose fällt. Die europäischen Aktienmärkte würden ihm folgen. Europäer mit Dollar-Guthaben würden panikartig verkaufen und amerikanische Anleihen abstoßen.«
Andropows rechtes Augenlid zuckte. »Können Sie die langfristigen Auswirkungen von CHOLSTOMER auf den Hauptgegner abschätzen?«
»Als Reaktion auf den Zusammenbruch des Anleihemarktes würden die Zinssätze in den USA, in Europa und Asien in die Höhe schnellen. Die Preise würden steigen, was bedeutet, dass amerikanische Unternehmen im In- und Ausland weniger verkaufen können, so dass das amerikanische Handelsdefizit dramatisch ansteigt. Die Folge wären Inflation, wirtschaftliche Rezession, rapider Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das Chaos in der amerikanischen Wirtschaft hätte selbstverständlich auch politische Nebenwirkungen, vor allem in Frankreich und Italien, wo starke kommunistische Parteien Alternativen aufzeigen könnten, um ihre Länder von der wirtschaftlichen Vorherrschaft der Amerikaner zu befreien und sie enger an den Sowjetblock zu binden. Westdeutschland, Spanien und die skandinavischen Länder würden sich ihnen vermutlich anschließen, um nicht isoliert zu werden.«
Es klopfte leise an der Tür. Ein junger Pfleger rollte ein Metallwägelchen ans Bett. »Zeit für Ihre Vitamine, Genosse Andropow«, sagte er. Der Generalsekretär zog die Decke vom linken Arm und schloss die Augen. Der Pfleger schob ihm den Ärmel hoch und setzte ihm geschickt eine Spritze. Als der Pfleger den Raum verlassen hatte, hielt Andropow die Augen weiter geschlossen. Starik fragte sich schon, ob er vielleicht eingeschlafen sei, doch da blickte Andropow ihn an und sagte: »Seit sechs Monaten grübele ich über die so
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