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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Stelle hätte ich das Gleiche getan. Ich war schon an ihrer Stelle, hier in Afghanistan, und ich habe das Gleiche getan. Anthony fragte sich, wie viel Schmerzen er wohl ertragen konnte, bevor er zusammenbrach, bevor er zugab, dass er bei der CIA war, und ihnen alles verriet, was er über die Operationen der Company in Pakistan und Afghanistan wusste.
    Wieder blickte er zu Maria hinüber, und als er sah, wie niedergeschlagen sie war, versuchte er, sie aufzuheitern. » Der Mensch ist mit unheilbarer Hoffnung geschlagen «, zitierte er und lächelte dann verlegen. »An der Uni gab’s einen Professor für Literatur, der immer gesagt hat, ein paar Zeilen von Ogden Nash auswendig zu können wäre ein gutes Mittel, um bei Frauen Eindruck zu schinden.«
    Sie lächelte schwach. »Willst du bei mir Eindruck schinden, Anthony?«
    Er zuckte die Achseln.
    Sie schüttelte den Kopf. »Falls wir je hier rauskommen –«
    »Nicht falls. Wenn wir hier rauskommen.«
    » Wenn wir hier rauskommen, fangen wir noch mal ganz von vorne an. Du wirst Ogden Nash zitieren, und ich werde entsprechend beeindruckt sein, und dann sehen wir weiter.«
     
    Als Ibrahim am nächsten Morgen auf die beiden Gefangenen beim Spaziergang zukam, folgte ihm ein bartloser junger Mann. Er trug eine schmutzige weiße Kappe, in seinem Hosenbund steckte ein Dolch, und er hatte eine AK-47 über die Schulter gehängt. Ein Kanarienvogel, mit einem kurzen Faden an einem Bein festgebunden, saß auf seinem Arm.
    Anthony hatte den jungen Mann schon während ihrer langen Fahrt durch die Berge immer in Ibrahims Nähe gesehen und ihn den »Schatten« getauft. »Wieso brauchen Sie in Ihrem eigenen Dorf einen Leibwächter?«, fragte er jetzt.
    »Er ist nicht hier, um meinen Leib zu bewachen«, erwiderte Ibrahim. »Er ist hier, um dafür zu sorgen, dass ich meinen Feinden nicht lebend in die Hände falle.« Er deutete mit dem Kinn zu einem flachen Gebäude am Rand des Grundstücks. »Komm mit.«
    Maria und Anthony blickten sich besorgt an. Anthony versuchte ein Lächeln, dann folgte er Ibrahim und seinem Schatten zu dem Haus. Als er durch die Tür trat, befand er sich in einem weiß getünchten Raum, in dem ein langer schmaler Holztisch und zwei Stühle standen. Drei von Ibrahims jungen Kämpfern lehnten lässig an der Wand, Tücher so hoch über das Gesicht gezogen, dass nur ihre Augen zu sehen waren. Ibrahims Schatten schloss die Tür und stellte sich neben einen Eimer voll Schnee, der früh am Morgen von den Bergen geholt worden war. Ibrahim setzte sich auf einen der Stühle und bedeutete Anthony, auf dem anderen Platz zu nehmen. »Hast du irgendwelche besonderen Kennzeichen an deinem Körper?«, fragte er seinen Gefangenen.
    »Seltsame Frage.«
    »Beantworte sie. Hast du irgendwelche Tätowierungen oder Narben oder Muttermale?«
    Anthony nahm an, dass Ibrahim der Welt beweisen wollte, dass der Diplomat Anthony McAuliffe wirklich in seiner Gewalt war. »Keine Tätowierungen. Keine Narben. Ich habe ein Muttermal – in Form eines Kreuzes auf meinem rechten kleinen Zeh.«
    »Zeig es mir.«
    Anthony zog Schuh und Socke aus und hielt den Fuß hoch.
    Ibrahim beugte sich vor und betrachtete das Muttermal. »Ausgezeichnet. Wir werden dir den Zeh amputieren und ihn an deine CIA-Dienststelle in Kabul schicken.«
    Alles Blut wich aus Anthonys Lippen. »Sie machen einen bösen Fehler«, stieß er hervor. »Ich bin nicht bei der CIA. Ich bin Diplomat –«
    Ibrahims Schatten zückte den rasiermesserscharfen Dolch und näherte sich dem Tisch. Zwei der Kämpfer traten hinter den Gefangenen und hielten ihm die Arme fest.
    Anthony begann in Panik zu geraten. »Was ist denn aus dem viel beschworenen moralischen Gesetz der Paschtunen geworden?«, schrie er.
    Ibrahim sagte: »Eben deshalb haben wir Schnee aus den Bergen geholt. Wir haben keine Narkosemittel, deshalb werden wir den Zeh mit Schnee betäuben. So amputieren wir auch die Gliedmaßen verwundeter Kämpfer. Du wirst nicht viel Schmerz spüren.«
    »Um Gottes willen, nein –«
    »Uns bleibt keine andere Wahl«, sagte Ibrahim.
    Der dritte Kämpfer holte den Eimer herbei und stieß Anthonys nackten Fuß in den Schnee. Ibrahim kam um den Tisch herum. »Glaub mir, sobald es überstanden ist, wirst du stolz darauf sein. Ich rate dir, dich nicht gegen das Unausweichliche zu wehren – das würde die Amputation bloß schwieriger machen, für uns und für dich.«
    Anthony flüsterte mit heiserer Stimme: »Lasst mich los.«
    Ibrahim musterte

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