Die Company
rechten und am nächsten mit dem linken Fuß gehumpelt hat. Der Agent war ich. Was mich wie keinen anderen dazu befähigt, Ihnen die wichtigste Maxime des Handwerks mit auf den Weg zu geben.« Mr. Andrews drehte sich zum Fenster um und blickte sein Spiegelbild in der Scheibe an.
»Machen Sie um Gottes willen«, sagte das Spiegelbild, »keine Fehler.«
Mehrere Stunden nach dem Unterricht waren für Treffen mit Vertretern der diversen Abteilungen der Company vorgesehen, die hergekommen waren, um Nachwuchs zu rekrutieren. Wie immer durfte der stellvertretende Leiter der elitären Sowjetrusslandabteilung, Felix Etz, die Sahne abschöpfen. Es überraschte niemanden, dass er sein Augenmerk vor allem auf Millicent Pearlstein richtete, die Anwältin aus Cincinnati, die an der Universität Chicago einen BA-Abschluss in Russisch gemacht hatte, bevor sie Jura studierte. Sie hatte im unauffälligen Öffnen und Wiederverschließen von Briefen sowie im Knacken von Schlössern hervorragend abgeschnitten; Bestnoten erzielte sie im Anwerben von Agenten wie auch im Verschlüsseln für Fortgeschrittene und Kommunismus in Theorie und Praxis.
Jacks Leistungen im theoretischen Unterricht waren zufrieden stellend, während er eine praktische Übung mit exzellentem Ergebnis absolvierte: Mit gefälschten Papieren gelang es ihm, sich Zugang zu einem Zerstörer der US-Marine zu verschaffen und streng geheimes Material von Bord zu schmuggeln. Seine Entschlossenheit sowie seine Deutsch- und Spanischkenntnisse weckten die Aufmerksamkeit von Etz, der ihn unbedingt haben wollte.
Ebby, der ja über Einsatzerfahrung beim OSS verfügte und blendende Noten in den Auffrischungskursen erzielte, stand ebenfalls ganz oben auf Etz’ Liste. Leo dagegen überzeugte Etz weniger durch seine guten Noten oder seine Russisch- und Jiddischkenntnisse als vielmehr durch seine Motivation; er hatte den inbrünstigen Antikommunismus seiner Eltern geerbt, die bei ihrer Flucht aus Russland nach der Oktoberrevolution den Bolschewisten knapp entkommen waren.
Am frühen Abend gingen die Auszubildenden in ein italienisches Restaurant, um nach zwölf Wochen das Ende der Strapazen zu feiern. »Wie es aussieht, werde ich nach Deutschland kommen«, sagte Ebby zu den anderen am Ende des langen Tisches, während er zuerst Millicent und dann sich selbst Chianti einschenkte. »Ihr werdet nicht glauben, weshalb sie mich genommen haben.«
»Ich nehme an, unter anderem weil du gut Deutsch sprichst«, sagte Jack.
»Nicht jeder, der gut Deutsch spricht, kommt nach Deutschland«, entgegnete Ebby. »Nein, aus einem ganz anderen Grund. Als ich sechzehn war, starb mein Großvater, und meine Großmutter, die ein bisschen exzentrisch war, nahm mich zur Feier ihrer neuen Witwenschaft mit auf eine Europareise, einschließlich eines Abstechers nach Albanien unter König Zogu. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig, aus dem Land zu kommen, als Mussolinis Truppen einmarschierten. Anscheinend hat irgendein helles Köpfchen in der Company in meiner Personalakte unter ›besuchte Länder‹ Albanien entdeckt und ist zu dem Schluss gekommen, dass ich mich für Albanien-Einsätze eigne, die von Deutschland aus durchgeführt werden.«
»Ich bin für Washington vorgesehen«, gestand Leo. »Mr. Etz hat mir gesagt, Bill Colby könnte in seinem Team gut jemanden gebrauchen, der fließend Russisch spricht.«
»Ich soll auf eine Sprachenschule der Armee, um mein italienisch aufzupolieren«, sagte Millicent; »anschließend geht’s nach Rom, wo ich kommunistischen Diplomaten schöne Augen machen soll. Und du, Jack?«
»Auf mich wartet auch die Sowjetrusslandabteilung, Leute. Sie schicken mich für drei Wochen auf einen geheimen Marinestützpunkt, wo ich den Umgang mit Waffen und Sprengstoff lerne; ich darf es mir aussuchen, ob ich anschließend nach Madrid gehe oder in Berlin für jemanden mit dem Spitznamen ›Zauberer‹ arbeite, was mich dann wohl zum Zauberlehrling machen würde. Ich hab mich schon für Berlin entschieden, weil die deutschen Mädchen so gut im Bett sein sollen.«
»Ach, Jack, bei dir geht’s auch immer nur um Sex«, klagte Millicent.
»Er will dich nur ärgern«, sagte Ebby.
»Stimmt gar nicht«, widersprach Jack. »Ich will sie anmachen.«
»Das kannst du dir abschminken«, stöhnte sie.
Nieselregen hatte den Rinnstein vor dem Restaurant in einen glänzenden Spiegel verwandelt, als Ebby, Jack, Leo und Millicent aus dem Restaurant kamen und sich auf den Rückweg
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