Die Company
halben Ewigkeit vernahm Leo ein Quietschen. Er sah, dass sich die Riegel an der Tür bewegten. Sie schwang auf. Der ausgemergelte Mann, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen, betrat den Raum. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt einen weißen Overall mit ausgewaschenen orangen Flecken. Hinter ihm kam einer der Matrosen mit einem Holzkübel halb voll Wasser. Er stellte ihn in eine Ecke, schöpfte mit einer Kelle brackiges Wasser aus dem Kübel und goss den Gefangenen etwas davon in die ausgetrockneten Kehlen. Der Mann im Overall zog einen Stuhl heran, drehte ihn mit der Rückenlehne zu den Gefangenen und setzte sich rittlings darauf. Er zog eine Zigarette aus einem Stahletui, klopfte den Tabak zusammen und zündete sie an. Leo roch wieder den russischen Tabak. Der Mann rauchte scheinbar in Gedanken versunken. »Nennen Sie mich Oskar«, sagte er unvermittelt. »Geben Sie es zu, Sie hoffen, das hier ist eine CIA-Übung, aber sicher sind Sie nicht.« Ein spöttisches, gackerndes Lachen stieg aus seiner Kehle. »Es fällt mir zu, Ihnen die unerfreuliche Nachricht mitzuteilen – Sie sind auf dem lettischen Frachter Liepaja, der in eurer Chesapeake Bay vor Anker liegt und auf die Auslaufgenehmigung wartet, um mit einer Ladung Mehl Kurs auf Riga zu nehmen. Das Schiff ist bereits von der Küstenwache durchsucht worden. Sie lassen uns meistens viele Stunden warten, um uns zu schikanieren, aber wir spielen Karten und hören Negerjazz im Radio, und manchmal quetschen wir CIA-Agenten aus, die uns in die Hände gefallen sind.« Er holte ein kleines Notizbuch aus seiner Tasche und blätterte es durch. »Also«, sagte er, als er gefunden hatte, was er suchte. »Wer von euch ist Ebbitt?«
Ebby räusperte sich. »Ich bin Ebbitt.« Seine Stimme klang unnatürlich heiser.
»Wie ich sehe, haben Sie ein Scheidungsurteil, das von einem Richter in Las Vegas unterzeichnet wurde.« Oskar blickte auf. »Sie haben einen Mitarbeiterausweis von Sears, Roebuck und einen zweiten Ausweis als Teilnehmer des S. M. Craw Managementseminars in Springfield, Virginia.«
»Das ist richtig.«
»Was genau machen Sie bei Sears, Roebuck?«
»Ich bin Anwalt. Ich setze Verträge auf.«
»Dann frage ich Sie Folgendes, Mr. Ebbitt – warum sollte ein Mitarbeiter von Sears, Roebuck zu seinen Freunden sagen« – Oskar blickte in sein Notizbuch – »›Die haben Mikros. Die hören alles, was wir sagen.‹«
Ebby hob das Kinn und blinzelte in die Scheinwerfer, als würde er sich sonnen. »Ich lese zu viele Spionageromane.«
»Meine Kollegen und ich wissen, dass S. M. Craw Management eine CIA-Schule für Spione ist. Wir wissen, dass Sie vier für die Sowjetrusslandabteilung der CIA ausgewählt wurden, eine Abteilung mit einem seltsamen Namen – seltsam, weil Russland nur eine von fünfzehn Republiken in der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist. Bevor euer berühmter Spionagedienst Geheimnisse in Erfahrung bringt, sollte er einen Atlas studieren.«
Leo fragte: »Was wollen Sie von uns?«
Oskar taxierte Leo. »Zunächst einmal will ich, dass Sie aufhören, sich als Mitarbeiter von Sears, Roebuck auszugeben. Als Nächstes will ich, dass Sie aufhören zu behaupten, S. M. Craw sei eine Managerschule. Wenn Sie das zugegeben haben, werden wir noch andere Dinge ans Licht bringen – die Namen Ihrer Ausbilder und die Einzelheiten Ihrer Ausbildung, die Namen und Beschreibungen der anderen Teilnehmer, die Einzelheiten der Verschlüsselungssysteme, die Sie auf der Spionageschule gelernt haben, die Namen und Beschreibungen der Agenten, von denen Sie angeworben wurden oder die Sie im Laufe Ihrer Ausbildung kennen gelernt haben.«
Oskar war, wie sich herausstellte, nur einer von vielen, die sie ohne Unterbrechung verhörten. Schon bald verloren sie im grellen Licht der Scheinwerfer jedes Zeitgefühl. Einmal bat Millicent um Erlaubnis, zur Toilette zu dürfen. Einer von den Verhörern riss ihren BH beiseite, kniff sie in die Brust, lachte laut und signalisierte dann einem der Matrosen, sie loszubinden und zu einem schmutzigen Abort zu führen; es war für Millicent besonders entwürdigend, dass der Matrose darauf bestand, die Tür weit offen zu lassen, um sie zu beobachten. Wenn einer der vier einnickte, erhielt er einen schmerzhaften Tritt gegen den Knöchel, so dass er wieder hellwach war. Mit Hilfe handschriftlicher Notizen gingen die Entführer mit den Gefangenen die Tarngeschichten durch, die sich so weit wie möglich an die wirklichen
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