Die Company
Gorbatschow nicht beim ersten Versuch entmachten können, haben sie immer noch die Gelder in Dresden. Damit können sie jede Menge Ärger machen.«
Jacks Miene hellte sich auf. Er hatte offenbar eine Idee. »Also schön, ich lasse mir was einfallen. Nenn mir einen Treffpunkt in Moskau. Sagen wir achtzehn Uhr Ortszeit heute in einer Woche.«
»Ich werde mit niemandem aus eurer Moskauer Filiale reden – die Botschaft ist total verwanzt.«
»Ich hatte eigentlich daran gedacht, jemanden von außerhalb zu schicken.«
»Kennt sich die Person in Moskau aus?«
»Nein.«
Leo überlegte kurz, nannte dann einen Ort, den jeder finden musste.
Sie standen auf. Jack warf einen Blick auf die Rechnung, die unter dem Aschenbecher steckte, und legte das Geld auf den Tisch. Die beiden Männer verließen das Café und schauten auf den Fluss. Die Achter waren verschwunden; nur ein graues Ruderboot mit zwei Anglern war auf dem grauen Wasser zu sehen. Leo streckte Jack die Hand entgegen. Jack blickte darauf und schüttelte langsam den Kopf. »Ich werde dir nicht die Hand geben, Kumpel. Weder jetzt noch irgendwann sonst.«
Sie starrten sich an. Leo sagte leise: »Ich bedauere es noch immer, Jack. Das mit unserer Freundschaft. Aber nicht, was ich getan habe.« Mit diesen Worten drehte er sich um und ging davon.
Die Füße auf den Schreibtisch gelegt, Daumen unter die Hosenträger geklemmt, hörte Ebby sich an, was Jack zu sagen hatte. Dann dachte er darüber nach und fragte: »Glaubst du ihm?«
»Ja.«
Der DCI war noch nicht überzeugt. »Zu unserem immer währenden Kummer hat er seine Fähigkeit, uns zu täuschen, mehr als genug bewiesen«, rief er seinem Stellvertreter in Erinnerung.
»Ich wüsste nicht, was er davon hätte«, sagte Jack. »Er hat für den KGB gearbeitet – mag sein, dass er als eine Art Berater noch immer bei ihnen auf der Gehaltsliste steht. Wie Philby damals, nachdem er nach Moskau geflohen war. Ich wüsste also nicht, warum er uns von einer KGB-Intrige gegen Gorbatschow erzählen sollte, es sei denn –«
»Es sei denn, was?«
»Ich habe mir auf dem ganzen Rückflug das Hirn zermartert, was er für Motive haben könnte«, sagte Jack. »Ich sehe das so: Leo Kritzky ist zum Teil aufgrund seiner Herkunft, zum Teil aufgrund dessen, was seinem Vater widerfahren ist, zum Teil wegen seiner Minderwertigkeitsgefühle auf die utopische Rhetorik des Marxismus reingefallen, wie viele andere auch, und er hat sich aus einer Art falsch verstandenem Idealismus für den Kampf gegen den Kapitalismus anwerben lassen. Als er jedoch in die Sowjetunion kam, musste er feststellen, dass das Land alles andere als ein Arbeiterparadies ist. Man kann sich seine Desillusionierung vorstellen – all die Jahre an vorderster Front, ein Verrat nach dem anderen, und wofür? Um eine stalinistische Diktatur zu unterstützen, auch wenn Stalin nicht mehr am Leben war, die ständig von Gleichheit faselte und dann still und leise jeden zum Schweigen brachte, der behauptete, dass der König in schäbiger Unterwäsche durch die Straßen stolzierte.«
»Kritzky fühlt sich also schuldig. Willst du das damit sagen?«
»Er fühlt sich hintergangen, auch wenn er es nicht ausspricht. Und Gorbatschow ist für ihn die letzte Hoffnung, dass er sein Leben lang vielleicht doch für etwas Lohnenswertes gekämpft hat.«
»Mit anderen Worten, Kritzky sagt die Wahrheit.«
»Ganz sicher.«
»Könnte es sein, dass die Verschwörer ihn eingeweiht haben – weiß er daher, was er weiß?«
»Unwahrscheinlich. Zunächst mal, Leo war KGB-Agent, aber vermutlich kein KGB-Offizier, ebenso wenig, wie Philby einer war, was bedeutet, dass er nie wirklich dazugehörte.«
»Und er ist Ausländer.«
»Und er ist Ausländer, genau. Im Hinterkopf müssen die KGB-Leute immer noch an die Möglichkeit denken, dass man ihn umgedreht hat.«
»Wer versorgt Kritzky denn dann mit Informationen über die Verschwörung?«
»Keine Ahnung«, sagte Jack. »Wir können aber davon ausgehen, dass es jemand ist, der allergrößtes Vertrauen zu ihm hat.«
»Also schön. Wir haben echte Informationen. Ich gehe also damit zu George Bush und sage, Mr. President, gegen Gorbatschow ist ein Putsch geplant. Hier sind die Namen von ein paar der Verschwörer. Bush war in den Siebzigerjahren Director der CIA, er wird mich also nicht fragen, woher wir die Informationen haben, weil er weiß, dass ich es ihm nicht sagen würde. Wenn er es glaubt – ein großes WENN –, dann kann er
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