Die Company
in Jeans und verwaschenem Sweatshirt, riss sich wütend los. Leo wollte ihr die Kamera entreißen, doch die Frau war schneller. Jack eilte herbei und packte Leo am Kragen seines Anoraks. »Krieg dich wieder ein, Kumpel«, rief er. Zu der Fotografin, die vor den beiden zurückwich, sagte er: »Wie viel?«
»Normalerweise zehn Franken. Für Sie und Ihren verrückten Freund das Doppelte.«
Jack nahm einen Schein aus der Brieftasche und hielt ihn der Frau hin. Sie riss ihn ihm aus den Fingern, warf ihm das Foto vor die Füße und machte sich davon. »Scheiß-Amis«, rief sie über die Schulter.
Jack hob das Foto auf und betrachtete es. Leo sagte: »Verbrenn es.«
»Ich hab eine bessere Idee«, sagte Jack. Er holte einen Stift hervor, schrieb quer über das Foto »Jack und Leo vor dem Rennen, aber nach dem Sündenfall« und reichte es Leo.
Leo konnte sich nur allzu gut an das Original erinnern. »Noch eine Erinnerung an unsere Freundschaft«, sagte er sarkastisch.
»Unsere Freundschaft hat vor langer Zeit aufgehört«, entgegnete Jack. »Das ist eine Erinnerung an unsere letzte Begegnung.«
Die zwei betraten ein Café und gingen in die verglaste Veranda, die ein Stück über den Fluss hinausragte. Jack hängte seine Safarijacke über eine Stuhllehne und nahm Leo gegenüber an einem kleinen Tisch Platz. Er bestellte einen Kaffee, Leo einen doppelten Espresso. Sobald die Kellnerin das Gewünschte gebracht hatte und wieder außer Hörweite war, sagte Jack: »Also, kommen wir zur Sache.«
Leo beugte sich über den Tisch und sagte mit leiser Stimme: »Ich habe Grund zu der Annahme –« und erzählte Jack von der Verschwörung, die gegen Gorbatschow im Gang war.
Als Leo geendet hatte, lehnte Jack sich zurück und schaute blicklos auf den Fluss. »Das alles kannst du doch nur wissen, wenn du einen Informanten im Kreis der Verschwörer hast«, sagte er schließlich.
Leo zuckte die Achseln.
»Du willst mir also nicht sagen, wer er ist.«
»Oder sie.«
Jack brauste auf. »Lass die Spielchen, Leo.«
»Das sind keine Spielchen. Ich habe eine Informationsquelle, aber die CIA ist die letzte Organisation, der ich sie verraten würde. Zu meiner Zeit hatte der KGB euch infiltriert. Soweit ich weiß, ist das immer noch der Fall. Und der KGB-Chef ist der führende Kopf der Verschwörung.«
»Was soll ich mit deinen Informationen machen? Zur New York Times gehen und sagen, ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der behauptet, Moskau steuert auf eine Katastrophe zu?«
»Wir haben gedacht –«
»Wir?«
»Ich habe gedacht, ihr könntet zunächst mal den Präsidenten informieren, und der Präsident könnte Gorbatschow warnen.
Vielleicht macht es ja Eindruck auf ihn, wenn er von George Bush hört, dass ein Putsch geplant ist.«
»Ihr müsstet Gorbatschow doch vor Ort viel besser warnen können.«
»Jelzin versucht das seit Monaten. Zunächst sehr allgemein, aber jetzt habe ich gehört, dass er konkret geworden ist, das heißt, er hat ihm von geheimen Treffen erzählt und Namen genannt. Das Problem ist, dass Gorbatschow Jelzin nicht über den Weg traut.«
Leo drehte seine Espressotasse unaufhörlich auf dem Unterteller.
»Gehe ich fehl in der Annahme, dass die Vereinigten Staaten großes Interesse daran haben, dass Gorbatschow an der Macht bleibt?«
»Das kenne ich ja gar nicht von dir – dass du das Interesse der Vereinigten Staaten im Sinn hast.«
Leo wahrte die Beherrschung. »Beantworte die Frage.«
»Die Antwort liegt auf der Hand. Gorbatschow ist uns lieber als Jelzin, und Jelzin ist uns lieber als Krjutschkow und seine KGB-Spezis.«
»Dann unternehmt was, verdammt noch mal.«
»Ich wüsste nicht, was wir machen können, außer Gorbatschow zu warnen. Im Gegensatz zu den Leuten, für die du gearbeitet hast, schalten wir niemanden einfach aus.«
»Was ist mit Salvador Allende in Chile? Was ist mit General Abd al-Karim Kassem im Irak?«
»Die Zeiten sind vorbei«, beteuerte Jack.
»Das muss nicht so sein. Als die Company Castro eliminieren wollte, hat sie den Zauberer engagiert, um die Sache von freien Mitarbeitern erledigen zu lassen. Es ist wichtig, Jack – es hängt viel davon ab.«
»Der Zauberer säuft sich in East of Eden Gardens ins Grab.« Er sah, dass Leo fragend die Augen verengte. »Das ist eine Wohnanlage für Senioren in Santa Fe.«
Leo nahm einen Schluck Espresso, der inzwischen kalt geworden war, was er nicht zu bemerken schien. »Was ist mit dem Devisenbeschaffer? Wenn die Putschisten
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