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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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sie für ihr ganzes Leben geprägt hat. Ich glaube, die Ehe mit meinem Vater war für sie eine große Enttäuschung, obwohl sie begeistert war, als mein Vater ins Ausland geschickt wurde.«
    »An dem Tag vor sechs Jahren in Peredelkino hatte Ihr Vater gerade von seinem Posten bei den Vereinten Nationen erfahren – er wollte zunächst nicht, aber Ihre Mutter bat mich, auf ihn einzuwirken. Ihr Bruder Grinka wurde schließlich an der sowjetischen Konsulatsschule in New York angemeldet, und da Sie älter waren als er, wollte Ihre Mutter, dass Sie auf eine amerikanische High School kamen, doch die Apparatschiks im Außenministerium waren dagegen. Erneut bat Ihre Mutter mich um Hilfe. Ich wandte mich direkt an Molotow und erklärte ihm, dass wir dringend Leute brauchten, die in Amerika ausgebildet werden und die Sprache und Kultur des Landes in- und auswendig kennen. Ich weiß noch, dass Molotow mich fragte, ob Sie auch mit einer amerikanischen Ausbildung ein guter Sowjetbürger werden könnten, wofür ich mich verbürgt habe.«
    »Wieso waren Sie da so sicher?«
    »Das war ich nicht, aber um Ihrer Mutter willen war ich bereit, Risiko einzugehen. Sie war eine entfernte Cousine von mir, wissen Sie, aber das war es nicht allein. Im Laufe der Jahre waren wir … Freunde geworden, ja Seelenverwandte. Wir waren zwar nicht in allem einer Meinung, vor allem nicht in marxistischen Fragen, aber in anderen Dingen waren wir ein Herz und eine Seele. Und dann … war da noch etwas, und zwar bei Ihnen, ein leidenschaftliches Verlangen, das ich in Ihren Augen entdeckte. Sie wollten an etwas glauben – an eine Sache, eine Mission, einen Menschen.« Stariks Augen verengten sich. »Sie waren in vielerlei Hinsicht wie Ihre Mutter. Ihr hattet beide eine abergläubische Ader.« Er musste lachen. »Sie haben sich immer über die Schulter gespuckt, damit es Ihnen Glück bringt. Ihre Mutter setzte sich immer auf ihren Koffer, bevor sie eine Reise antrat. Sie hat sich auch nicht mehr umgedreht, sobald sie die Türschwelle überschritten hatte, und falls doch, hat sie sich im Spiegel angeschaut, bevor sie sich wieder auf den Weg machte.«
    »Das mache ich noch immer.« Jewgeni überlegte einen Moment. »Als ich auf der Erasmus High School war, waren wir nicht sicher, ob ich die Erlaubnis erhalten würde, mich in Yale zu bewerben; und als ich angenommen wurde, war es fraglich, ob mein Vater die Devisen würde auftreiben können, um die Studiengebühren zu bezahlen.«
    » Ich habe dafür gesorgt, dass Sie sich in Yale bewerben durften. Und ich habe dafür gesorgt, dass das Buch Ihres Vaters – Aus sowjetischer Sicht – in einigen Ländern Europas und der Dritten Welt linke Verlage fand, damit er genug Geld für die Studiengebühren hatte.«
    Jewgeni sagte mit gedämpfter Stimme: »Was Sie mir da erzählen, verschlägt mir den Atem.«
    Starik sprang auf, kam um den Tisch herum und blickte auf seinen jungen Besucher hinunter. Seine Jacke schwang auf, und Jewgeni sah flüchtig den abgewetzten Griff einer schweren Pistole im Hosenbund seines Gastgebers. Sein Herzschlag beschleunigte sich.
    »Habe ich dich falsch eingeschätzt, Jewgeni?« Starik wechselte plötzlich zum Du. »Habe ich deinen Mut und dein Gewissen falsch eingeschätzt? Du beherrschst die amerikanische Sprache, du kennst Amerika, du kannst als Amerikaner durchgehen, damit könntest du einen unschätzbaren Beitrag leisten. Du weißt bisher nur, was du in Büchern gelesen hast; ich bringe dir Dinge bei, die nicht in Büchern stehen. Willst du in die Fußstapfen deines Großvaters und deines Vaters treten? Willst du wie einst unsere Tschekisten für den Traum eintreten, die Genialität und Großzügigkeit des menschlichen Geistes zu fördern?«
    »Ja«, rief Jewgeni, »das will ich, von ganzem Herzen.« Dann sagte er mit nie gekannter Inbrunst: »Ja, ja, ich folge Ihnen, wohin Sie mich führen.«
    Starik umschloss Jewgenis Hand mit beiden Händen. Dabei verzogen sich seine Lippen zu einem ungewohnten Lächeln. »Zum Beweis meines Vertrauens zu dir werde ich dir die Geschichte erzählen, die sich hinter einem meiner Orden verbirgt. Es ist ein Staatsgeheimnis – so geheim, dass nicht einmal dein Vater es kennt. Und sobald du es kennst, gibt es kein Zurück mehr.«
    »Erzählen Sie es mir.«
    »Es geht um den Deutschen Martin Dietrich«, begann Starik im Flüsterton. »Er war im Großen Vaterländischen Krieg sowjetischer Spion. Sein richtiger Name« – Stariks Augen brannten sich in

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