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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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zurück zu seiner Wohnung gebracht, wo er noch einige Stunden »Hausaufgaben« zu erledigen hatte, nämlich Zeitschriften wie Time, Life und Newsweek zu lesen, um sich über das aktuelle Geschehen in den USA, vor allem im Sport, auf dem Laufenden zu halten. Sein besonderes Augenmerk galt der Lektüre von Material, das Oberstleutnant I. J. Prichodko, der als Diplomat getarnt in New York gearbeitet hatte, für die Kontaktaufnahme mit Agenten in den Staaten zusammengestellt hatte.
    »New York ist in fünf Bezirke unterteilt«, begann ein Kapitel, das sich eindeutig an Neulinge richtete, »die, bis auf Richmond, ausgiebig von unseren Geheimdienstoffizieren genutzt werden. Große Kaufhäuser mit etlichen Ein- und Ausgängen, zum Teil mit direkter Verbindung zur U-Bahn, sind ideale Treffpunkte für Agenten, ebenso Prospect Park in Brooklyn oder Friedhöfe in Queens. Treffen sollten auf keinen Fall an einer bestimmten Stelle vereinbart werden (zum Beispiel an der südwestlichen Ecke der Kreuzung Fourteenth Street und Seventh Avenue), sondern auf einer Strecke, am besten einer kleinen Straße, die der Agent zu einer vereinbarten Zeit entlanggeht. So kann der sowjetische Geheimdienstoffizier vor der Kontaktaufnahme beobachten, ob der Agent beschattet wird.«
    »Ich habe mir gestern das Material von Prichodko angesehen«, sagte Jewgeni eines Sonntagmorgens zu Starik. Sie waren mit einem nagelneuen Wolga vom Ersten Direktorat unterwegs nach Peredelkino, wo bei der Datscha von Jewgenis Vater ein Picknick stattfinden sollte. Da Starik keinen Führerschein hatte, fuhr Jewgeni. »Das Ganze kommt mir ziemlich einfach vor.«
    »Es ist für Agenten gedacht, die noch nie in Amerika waren, nicht für Yale-Absolventen«, erwiderte Starik. »Doch auch für dich ist was Brauchbares dabei. Zum Beispiel die Informationen über Agententreffen. Die CIA bevorzugt geheime Wohnungen, weil sich überwachen lässt, wer kommt und geht, und weil das Treffen selbst mitgeschnitten oder gefilmt werden kann. Wir dagegen bevorzugen Treffen im Freien, weil man sich so besser vergewissern kann, ob man verfolgt wird.«
    Im Autoradio berichtete die sonore Stimme eines Reporters aus Pjöngjang, dass die amerikanischen Aggressoren, die tags zuvor in der südkoreanischen Hafenstadt Inchon gelandet waren, von den Nordkoreanern aufgehalten wurden.
    »Was halten Sie von der Landung der Amerikaner?«, fragte Jewgeni seinen Führungsoffizier.
    »Die Amerikaner sind nicht zurück ins Meer zu drängen. Und General MacArthur ist nicht zu unterschätzen. Er droht die nordkoreanischen Truppen im Süden abzuschneiden, was heißt, dass sie sich schleunigst zurückziehen müssen, wenn sie nicht umzingelt werden wollen. Die strategische Frage lautet, ob die Amerikaner am 38. Breitengrad Halt machen oder die kommunistischen Truppen nach Norden bis zum Jalu verfolgen, um Korea unter dem Marionettenregime in Seoul wieder zu vereinigen.«
    »Wenn die Amerikaner bis zum Jalu vordringen, was werden die Chinesen dann machen?«
    »Sie werden keine andere Wahl haben, als über den Fluss anzugreifen und die Amerikaner mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit niederzukämpfen. Angesichts der drohenden Niederlage könnte es sein, dass die Amerikaner China mit Atomwaffen bombardieren, was bedeuten würde, dass wir einschreiten müssten.«
    »Mit anderen Worten, es könnte sein, dass wir kurz vor einem Weltkrieg stehen.«
    »Ich hoffe, nicht; ich hoffe, die Amerikaner sind so vernünftig, dass sie nicht bis zum Jalu vordringen, und falls doch, so hoffe ich, dass sie den unvermeidlichen Angriff der Chinesen aufhalten, ohne zu Atomwaffen zu greifen. Wenn die Chinesen mit ihrer Gegenoffensive scheitern, wäre das gut für unsere Beziehungen zu China, um die es zurzeit nicht so gut bestellt ist.«
    »Wieso das?«
    »Weil die chinesische Führung dann einsehen müsste, dass China gegen westliche Waffen machtlos ist und gut daran täte, unter dem atomaren Schirm der Sowjets zu bleiben.«
    Jewgeni fuhr durch Peredelkino, das in der Hauptsache aus einer breiten, ungepflasterten Straße, einem Parteigebäude mit einem roten Stern über der Tür und einer Stalinstatue davor, einer Landwirtschaftskooperative und einer Schule bestand. Kurz hinter dem Dorf bog er ab und hielt neben einer Reihe Limousinen, die im Schatten von Bäumen parkten. Ein Dutzend Chauffeure dösten auf den Rücksitzen oder auf Zeitungen, die sie auf der Erde ausgebreitet hatten. Jewgeni ging voraus, einen schmalen,

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