Die Containerfrau
tot ist. Noch mehr Leichen können wir wirklich nicht brauchen, Sundt.
»Ist verheiratet mit Sivert K. Ljaam, Besitzer und Geschäftsführer von Nybo AS«, verkündet jetzt Sundt. »Andresen war ihr Mädchenname, den sie unter anderem bei der Anmietung dieser Wohnung benutzt hat.« Sundt lässt die Papiere sinken und lässt seinen Blick durch die Runde schweifen.
Tiefes Schweigen senkt sich über das Besprechungszimmer. Die Gehirne koppeln und kombinieren, es ist förmlich zu hören, wie es in ihren Computern knistert und Funken sprüht. Einige erleiden einen Kurzschluss, fallen aus und blättern in ihren Unterlagen, andere lassen lange Gedankenketten sich entfalten wie DNA-Ketten. Einige sind clever, intelligent, andere lassen sich von ihrer Erfahrung tragen. Manche lieben Rebus und Kreuzworträtsel, die meisten stehen mit Gleichungen mit zwei Unbekannten immer noch auf Kriegsfuß. Aber nur wenige von ihnen haben während der Nacht noch einmal alle Details im Fall »Containerfrau« gelesen. Nur Sundt, der ei gentlich kaum im Bett gewesen ist, bei ihm gab es nur ein paar Stunden auf einem Sofa. Und außer Anne-kin Halvorsen, die in den frühen Morgenstunden von einigen Katzen geweckt wurde.
Was sie weiß, was sie sich zusammengelesen hat, ist das Hobby von Sivert K. Ljaam, das irgendein geschickter Computermensch unter den Kollegen ausgespürt und in die Informationsmasse über diesen Mann eingespeichert hat: Pferde. Zucht. Rennen. Derselbe schnellfingrige und schnelldenkende Kollege hat außerdem, wie einen Anhang fast, dazugesetzt, dass die Frau des Hauses den Führerschein für Bus und LKW besitzt.
Sag, dass die Besprechung beendet ist, Sundt, bittet Annekin in Gedanken. Gib uns einen kurzen Überblick über unsere weiteren Aufgaben. Aber sag, dass die Besprechung zu Ende ist. Mach schon! Wir dürfen keine Minute verlieren, wir müssen feststellen, ob Sivert K. Ljaam in der Stadt ist, er und seine Frau, wir müssen das Gestüt aufsuchen, durchsuchen, wir müssen … Verstehst du? Aber Sundt versteht nicht, er will einen Posten nach dem anderen durchgehen, bis zur Ziellinie.
Wenn er zu entscheiden hätte.
Ein spitzer Ellbogen trifft sie in der Seite, er stammt von Vang.
»Du, Halvorsen«, flüstert er. »War da nicht so ein Mädel am Hinweistelefon, eine Anruferin, die etwas über seltsame Pferdetransporte gesagt hat und …«
Anne-kin schaut Vang überrascht an, der Kollege war also auch früh auf den Beinen und hat gelesen. Oder er besitzt ein unglaublich gutes Gedächtnis.
»Doch! Genau! Du sagst es. Und sag es jetzt Sundt. Du bist an der Reihe«, flüstert sie zurück. Ziemlich überrascht, weil er ihr zuvorgekommen ist, weil er ihre Gedanken formuliert hat. Er räuspert sich, räuspert sich noch einmal und will die »Bombe« hochgehen lassen.
Doch dann entpuppt Sundt sich als »Bombensprenger«. Plötzlich scheint das Gehirn des Hauptkommissars alle Kuppelungen und Kombinationen im Griff zu haben, alle losen Fäden zu binden, zu vertäuen. Jetzt sieht er wahrlich das Licht, denkt Anne-kin und starrt ihrem Chef fasziniert ins Gesicht.
»Mortensen und Frøysa nehmen Kontakt, persönlichen Kontakt zu Sivert K. Ljaam auf«, hört sie ihn sagen. »Stellt fest, ob er in der Stadt ist oder nicht, und das gilt auch für die Gattin. Wenn nicht, findet heraus, wo sie stecken. Seht nach, ob Inger Andresen Mitglied eines Schützenclubs ist oder überhaupt einen Waffenschein besitzt. Und ihr«, er wendet sich an Halvorsen und Vang, »ihr fahrt zum Gestüt Gryta.« Die restliche Aufgabenverteilung hört Kommissarin Halvorsen sich nicht mehr so genau an, sie will jetzt sofort ans Werk gehen.
Nicht die Pressekonferenz vergessen, denkt sie, dann können wir ihnen Knochen mit viel Fleisch hinwerfen. Ist nur so ein Gefühl von mir, Sundt.
53
Sie rufen vorher nicht an, sie fahren einfach. In Zivil.
»Wenn diese Information etwas taugt«, sagt Kommissarin Halvorsen, »dann bedeutet das, dass die Betreiber des Gestüts in die Sache verwickelt sind.«
Sie hat sich eben über die Besitzverhältnisse informiert, es handelt sich um eine Aktiengesellschaft. Wo Frau Ljaam oder Frau Andresen eine der Aktionärinnen ist. Im Gegensatz zu ihrem Gatten. Oder zu Victor Bussni.
»Davon gehe ich aus«, erwidert Vang, als sie Pflastersteine und Stadt verlassen und das Umland ansteuern. Die Stadt Trondheim geht rasch ins Umland über, Blocks, Reihenhäuser und Einzelhäuser gehen relativ bald in offenes, hügliges Terrain mit
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