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Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)

Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)

Titel: Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Vorgehensweise entsprach, vor allem da Andrea sich im Schneidersitz gegen die Wand gelehnt hingesetzt hatte und nicht dazu zu bewegen war, sich von der Stelle zu rühren.
    Tom traf kurz darauf ein, begleitet von seinem Retriever-Mischling Elvis, der sich zwischen den dornigen Büschen hindurchzwängte und Andrea das Gesicht ableckte. Nach einer Weile ließ sie sich von Tom – oder war es vielleicht Elvis? – überreden, einem Fremden zu vertrauen und ihr Versteck zu verlassen.
    Beim Frühstück im damals noch existierenden Lucky Horseshoe Café vertraute sich Andrea Tom an und erzählte ihm von ihrem Leben in Phoenix. Angeblich nahm ihre Mutter Drogen, und ihr Stiefvater stand kurz vor der Entlassung aus dem Gefängnis, wo er wegen einer Fülle von Verbrechen einige Jahre verbracht hatte. Anstatt ihm ausgeliefert zu sein, hatte Andrea beschlossen, davonzulaufen und ihr Glück anderswo zu suchen.
    Natürlich überprüfte Tom ihre Angaben, die sich alle als wahr entpuppten, woraufhin er die erforderlichen Behörden einschaltete und die notwendigen Schritte erledigte, damit Andrea bei den Crockett-Schwestern Mamie und Marge einziehen konnte, die auf der anderen Straßenseite gleich gegenüber von Toms Tante Ona lebten. Andrea wohnte noch immer in dem kleinen Apartment über der Garage gleich neben dem Haus der Crocketts, für das sie ganz stolz Miete zahlte, während sie auf die beiden älteren Damen und deren zahlreiche Katzen aufpasste.
    All das ging Melissa durch den Kopf, als sie das Gerichtsgebäude verließ und dabei in ihrer Handtasche nach den Wagenschlüsseln suchte.
    „Haben Sie meine E-Mail bekommen?“
    Die Frage riss Melissa aus ihren Gedanken. Sie blieb abrupt stehen, während ihr Herz wie wild schlug.
    „Velda“, sagte sie, als sie durchgeatmet hatte. „Haben Sie mich erschreckt!“
    Byrons Mutter, die Anfang fünfzig sein musste und so ausgemergelt war, dass man sie für magersüchtig halten könnte, stand im Schatten der Eiche gleich neben Melissas Wagen. Sie trug eine alte ärmellose Baumwollbluse, Plastiksandalen und eine Jeans, die so verwaschen war, dass man sie nicht mehr als blau bezeichnen konnte.
    „Tut mir leid“, erwiderte Velda. Ihre Stimme war rau vom jahrzehntelangen Genuss filterloser Zigaretten, ihre Miene hatte etwas Unsicheres an sich. Die tiefen Falten rings um ihren Mund ließen sie so aussehen, als würde sie dauernd die Lippen schürzen. „Das wollte ich nicht. Jemanden erschrecken, meine ich.“
    „Gut.“ Melissa hatte sich wieder so weit gefangen, dass ihr Schreck sich in Ärger verwandelte.
    Velda stand genau zwischen Melissa und der Fahrertür ihres Wagens und hielt die dürren Arme vor der Brust verschränkt. Ihr graues Haar wurde von gelblichen Strähnen durchzogen und reichte ihr bis weit über die Schultern. Rosafarbene Spangen hielten die Haare an den Seiten hoch und wirkten wie der misslungene Versuch, etwas Mädchenhaftes auszustrahlen.
    „Haben Sie meine E-Mail bekommen?“, fragte Velda abermals.
    „Ja“, sagte Melissa. „Und ich habe sie auch beantwortet. Die Sache ist ganz einfach, Velda. Solange Byron sich nicht in Schwierigkeiten bringt, muss er sich keine Sorgen machen, mein Büro oder die Polizei könnte sich für ihn interessieren.“
    Velda lächelte schwach und zuckte mit den knochigen Schultern. Sie schob die Füße über den Kiesboden, um Melissa vorbeizulassen, als wäre es ihr zu anstrengend, einen richtigen Schritt zur Seite zu machen. Es war nicht zu übersehen, dass sie noch irgendetwas sagen wollte.
    Melissa stieg ein und drehte den Zündschlüssel um, startete den Wagen jedoch noch nicht, sondern wartete ab.
    „Es ist auch so schon schwer genug für ihn“, sprach Velda weiter, als hätte Melissa gar nichts gesagt. „Das Wissen, dass seinetwegen dieses Mädchen gestorben ist … Byron muss das sein Leben lang mit sich herumschleppen. Aber er ist kein abgebrühter Verbrecher, das will ich Ihnen nur sagen. Er ist kein Monster, vor dem alle Angst haben müssen.“ Während sie das sagte, legte sie die Hände so fest um die Oberkante der Seitenscheibe, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Melissa seufzte leise und tätschelte tröstend Veldas Hand. „Byron ist Ihr Sohn“, entgegnete sie leise und sah der Frau tief in die blassblauen Augen, „und Sie lieben ihn. Das kann ich verstehen. Aber im Moment können Sie ihm wahrscheinlich eher helfen, wenn Sie sich nicht ganz so fest an ihn klammern. Lassen Sie ihm Zeit und Raum, damit er sich

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