Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
daran gewöhnen kann, wieder draußen zu sein.“
Tränen stiegen der Frau in die Augen, und sie schniefte, während sie sekundenlang in die Ferne starrte, bevor sie Melissa wieder ansah. Dann sagte sie sehr leise: „Byron war nicht im Bus. Er hätte mit dem Bus um fünf kommen sollen, aber er saß nicht drin.“
Ein Anflug von Beunruhigung ergriff Melissa. „Vielleicht gab es von seiner Seite aus irgendeine Verspätung. Hat er Sie nicht angerufen?“
„Mich angerufen? Wissen Sie, nicht jeder kann sich ein Handy leisten.“
Melissa sah sich um. Auf dem Parkplatz standen nur ihr Wagen und der des Sheriffs. „Wo ist Ihr Auto?“
„Kaputt“, antwortete Velda. „Darum war ich auch zu spät an der Haltestelle. Als ich dort ankam, war der Bus längst wieder abgefahren, aber von Byron war weit und breit nichts zu sehen. Ich habe am Fahrkartenschalter nachgefragt, doch Al hat meinen Jungen nicht aus dem Bus steigen sehen.“
„Steigen Sie ein“, sagte Melissa, deutete mit einem Nicken auf den Beifahrersitz, beugte sich rüber und legte ihre Handtasche auf den Boden, damit Velda Platz hatte.
Byrons Mutter zögerte kurz, dann ging sie um den Wagen herum und stieg ein. Nachdem sie ihren Gurt angelegt hatte, sah sie zu Melissa. „Und was jetzt?“
„Jetzt werden Sie Byrons Bewährungshelfer anrufen“, erklärte Melissa und gab Velda ihr Handy. Auch wenn sie sich kein eigenes Telefon leisten konnte, dürfte sie die Nummer bestimmt kennen. „Er wird wissen, ob es bei der Entlassung zu Verzögerungen gekommen ist.“
Einen Moment geschah nichts, dann nahm Velda das Telefon und betrachtete nachdenklich das Tastenfeld, während Melissa losfuhr. Kurz darauf tippte Byrons Mutter eine Nummer ein und biss sich nervös auf die Lippen, als sie darauf wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde.
Wie sich herausstellte, war Brad O’Ballivans Tourbus mit Solaranlage, Satellitenfernsehen und High-Speed-Internetzugang ausgerüstet. Es gab zwei große Schlafzimmer, ein vollwertiges Bad und eine komplett eingerichtete Küche.
„Muss ja schwer gewesen sein“, scherzte Steven, als Brad ihn und Matt durch den Bus führte, „bei deinen Tourneen auf alle Annehmlichkeiten zu verzichten.“
Draußen waren ein paar von Brads Arbeitern bereits damit beschäftigt, die Wasserversorgung und den Ersatzgenerator anzuschließen, der die Stromversorgung durch die Solaranlage ergänzte.
Brad zuckte bescheiden mit den Schultern und vergrub die Hände in den Hosentaschen, was eine ganz typische Geste für ihn war. „Vor allem die Band hat den Bus benutzt“, räumte er ein. „Ich bin meistens geflogen.“
„Ja, natürlich“, meinte Steven amüsiert. „Wahrscheinlich mit deinem Privatjet.“
Wieder reagierte Brad mit einem Schulterzucken und schaute zur Seite, konnte sich ein Grinsen aber nicht ganz verkneifen.
Steven war noch nie jemandem begegnet, den man zu Recht als berühmt bezeichnen konnte, zumindest niemandem aus der Unterhaltungsbranche, weshalb sich dieser Mann als ausgesprochen angenehme Überraschung entpuppte. O’Ballivan war nicht nur bodenständig, sondern auch freigebig. Seine Frau und Kinder waren ihm eindeutig wichtiger als das Rampenlicht und ausverkaufte Konzerthallen.
„Ich weiß das wirklich zu schätzen“, sagte Steven.
„Das ist lediglich Hilfe unter Nachbarn“, erwiderte Brad und spielte die Geste herunter, indem er sie zu etwas Selbstverständlichem machte. An der Tür blieb er stehen und notierte ein paar Telefonnummern auf der kleinen Schiefertafel über dem Schreibtisch. „Wenn du was brauchst, sag einfach Bescheid.“
Steven nickte. „Danke.“
Nach der Verabschiedung blieb er in der Tür stehen und sah Meg und Brad nach, wie die beiden in ihrem Truck davonfuhren. Matt war so begeistert, dass er sich gar nicht mehr beruhigen konnte.
„Das ist total irre!“, rief er. „Kann ich das Zimmer mit dem Etagenbett haben?“
Amüsiert drehte sich Steven zu ihm um und betrachtete das Gesicht des Jungen, das so sehr strahlte, wie er es bei ihm noch nie beobachtet hatte.
„Klar“, gab er zurück.
„Können wir jetzt in die Stadt fahren und einen Hund holen? Wir müssen ja jetzt nicht mehr in einem Zelt wohnen, wenn das Haus repariert wird.“
Zwar kam sich Steven wie ein herzloser Mistkerl vor, aber er musste das einfach ablehnen. „Das ist keine gute Idee, Tex“, sagte er leise. „Dieser Bus ist nur geliehen, wie du weißt. Und es ist ein verdammt teurer Bus. Ein Hund könnte etwas
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