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Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Titel: Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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gestern“, erklärte er seinem Onkel finster und miteinem neuerlichen vergeblichen Versuch, Humor aufzubringen. „Ich weiß, dass Conner dir und Kim von meiner Frau – meiner verstorbenen Frau – und unserem kleinen Jungen erzählt hat.“
    „Was auch immer Conner gesagt oder nicht gesagt hat, er hatte nur die besten Absichten“, antwortete Davis mit seiner tiefen festen Stimme, mit der er den drei kleinen Jungen stets versichert hatte, dass alles gut war, wenn sie stundenlang ausgeliehene Horrorfilme angesehen hatten und außer sich vor Angst waren. Nach all dem Blut und Gemetzel auf dem Bildschirm konnten ein Sommergewitter oder Mäuserascheln in den Dachsparren sie mühelos davon überzeugen, dass in ihrem Schlafzimmer ein grauenhaftes Drama unmittelbar bevorstand.
    Davis war es jedes Mal gelungen, diese Ängste zu vertreiben, indem er sie lediglich daran erinnerte, dass er zur Stelle war, unter einem Dach mit ihnen. Seine Gegenwart reichte, doch auch seine Worte waren ein Trost. Es verstand sich von selbst, dass jeder, der einem Mitglied dieser Familie etwas antun wollte, zunächst einmal an Davis Creed vorbei musste, und dazu bedurfte es mindestens einer Armee.
    Jetzt allerdings entstammten Brodys Dämonen nicht irgendwelchen Filmen. Sie stammten aus verborgenen Winkeln seines Herzens, aus den düstersten Teilen seines Bewusstseins, und lauerten darauf, dass irgendetwas den Angriff auslöste.
    Davis wartete, wie versprochen.
    Als Brody an ihm vorbeigreifen und einen weiteren Futtersack abladen wollte, als wäre nichts gesagt worden, verhinderte sein Onkel es, indem er Brodys Oberarm umspannte. Davis war zwar in den Fünfzigern, konnte aber noch gewaltig zupacken.
    In diesem Augenblick trat Conner in den Stall. Brody hatte seinen Bruder weder gehört noch gesehen, er spürte nur einleises Ziehen an diesem unsichtbaren Band, das sie aneinanderkettete.
    Inzwischen hatte Davis Brodys Arm wieder losgelassen. Indem er ihn festhielt, hatte er sowieso nur etwas zum Ausdruck bringen wollen – und in seinen Augen stand eine stumme Botschaft, als er von einem Neffen zum anderen sah.
    „Geht’s Tricia gut?“, fragte Brody, ohne sich umzudrehen.
    Conner schwieg einen spannungsgeladenen Moment lang, bevor er antwortete: „Sie behauptet, ihr würde es gut gehen, wenn ich sie einfach lange genug in Ruhe ließe, damit sie für ein, zwei Stunden die Augen zumachen kann.“
    Brody nickte, machte aber noch immer keine Anstalten, sich zu seinem Bruder umzuwenden.
    „Verstehe ich das richtig, was hier los ist?“, fragte Conner und blieb neben Brody stehen. Er hatte seinen Hund mitgebracht, und Valentino und Barney – offenbar völlig perplex angesichts all dieser menschlichen Dramatik – trotteten durch den Hintereingang des Stalls und verschwanden draußen im strahlenden Sonnenschein.
    „Was für eine lahmarschige Frage ist das denn?“, wollte Brody wissen, warf seinem Zwilling einen bitterbösen Seitenblick zu und hoffte darauf, dass das Thema die Richtung änderte wie ein Fluss, der mithilfe von Dynamit auf einen anderen Kurs gebracht wurde.
    „Unser Brody hier“, sagte Davis gedehnt und sah Conner an, „ist im Begriff, aus der Haut zu fahren. Aber damit du es nur weißt – er will nicht über seine Frau und seinen kleinen Jungen reden.“
    Conner wollte Brody eine Hand auf die Schulter legen, überlegte es sich aber klugerweise anders. „Ich habe Davis und Kim alles erzählt, was du mir erzählt hast“, sagte er ruhig und ehrlich und ohne eine Spur von Bedauern oder Entschuldigung. „Über Lisa und Justin und wie du sie verloren hast.“
    Es war sinnlos, darauf hinzuweisen, dass er Conner die Geschichteunter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt hatte. In gewisser Weise hatte Brody gewusst, dass Conner sich ihrem Onkel und ihrer Tante anvertrauen würde. Vielleicht hatte er irgendwo tief in seinem Inneren sogar gehofft, dass sein Bruder tatsächlich die Katze aus dem Sack ließ. So würden Davis und Kim die bittere Wahrheit erfahren, ohne dass Brody selbst ihnen erzählen musste, was geschehen war.
    In die Enge getrieben, blickte Brody von Davis zu Conner und wieder zu Davis. „Wenn du es sowieso schon weißt“, wandte Brody sich gepresst, aber sachlich an Davis, „warum soll ich dann alles noch einmal wiederholen?“
    „Weil es notwendig ist“, erwiderte Davis ernst und mit Nachdruck. „Es schwärt in dir wie eine Wunde, mein Sohn. Dass du dieses Geheimnis in dich hineingefressen hast, hat dich

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