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Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Titel: Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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wäre ein Affe am Werk gewesen.“
    Lächelnd dachte Carolyn an die Schürzen, an denen sie gearbeitet hatte, doch sie tat den Gedanken sofort wieder ab. Sie verspürte den höchst seltsamen Wunsch, Angela – also einerFrau, die sie kaum kannte – ihr Meisterwerk, den Zigeunerrock, zu zeigen. Bisher hatte nur Tricia ihn gesehen.
    Sie nagte an ihrer Unterlippe und dachte nach.
    „Ich bin zu weit gegangen“, murmelte Angela. „Schon wieder.“
    „Warte“, bat Carolyn und schob ihren Stuhl zurück. Bevor sie es sich anders überlegen konnte, rannte sie nach oben, schnappte sich den Rock und nahm ihn mit hinunter in Nattys Küche.
    Schüchtern hielt sie das Kleidungsstück hoch.
    Angela riss die Augen auf. „Meine Güte“, rief sie und stellte mit leisem Klimpern die Teetasse auf die Untertasse. „Den hast du selbst gemacht?“
    Nachdem sie es nun vollbracht hatte, war Carolyn plötzlich nervös, ja sogar leicht verlegen. Wahrscheinlich sah der Rock mit all seinen schimmernden Perlen und Schleifen entsetzlich kitschig aus.
    Aber wie sie das Licht einfingen, diese Perlen und Schleifen! Bei dem Anblick stockte Carolyn der Atem, wie immer.
    „Dieser Rock macht quasi Musik “, meinte Angela staunend. Sie stand auf, kam näher und begutachtete den Rock eingehend, achtete dabei aber, wie Carolyn bemerkte, sorgfältig darauf, ihn nicht zu berühren.
    Dieser Rock macht quasi Musik.
    Diese Bemerkung erfüllte Carolyn mit stiller Freude.
    „Du bist eine Künstlerin“, erklärte Angela jetzt mit großem Nachdruck. „Führst du Aufträge aus? Für maßgeschneiderte Sachen, meine ich?“
    Die Frage warf Carolyn völlig aus der Bahn, was wirklich merkwürdig war angesichts der Tatsache, dass sie seit ihrem ersten Nähunterricht in der Highschool Kleidung für fremde Leute anfertigte. „Ich … ja, manchmal“, brachte sie mühsam hervor.
    „Etwas wie das hier kostet natürlich ein Vermögen“, sagteAngela mit nachdenklichem Blick. Sie seufzte. „Aber man darf ja wohl träumen.“
    Diese Bemerkung besiegelte die Sache. Freundinnen. Sie und Angela würden Freundinnen sein.
    Und dadurch würde alles noch komplizierter.
    „Ich weiß, was du meinst“, sagte Carolyn. „Ich kann mir diesen Rock auch nicht leisten.“
    Darüber musste Angela lachen. „Aber du hast ihn genäht “, warf sie nach einer kurzen Pause ein. „Du musst deine eigenen Stücke doch nicht kaufen.“
    Oh doch, dachte Carolyn. „Ich muss die Herstellungskosten wieder reinholen“, erklärte sie und kam sich urplötzlich sehr jung vor und sehr arm.
    Für Carolyn war dieser Augenblick ein Wendepunkt. Es war an der Zeit, nicht länger an dem Rock zu arbeiten, sondern ihn fertigzustellen und zum Verkauf anzubieten. An dem Teil zu kleben und sich zu wünschen, sie fände einen Ort und einen Grund, ihn anzuziehen, bedeutete nur, das Unvermeidliche hinauszuschieben.
    Das wurde allmählich zu schmerzhaft.
    „Du könntest doch einen zweiten für dich selbst nähen“, schlug Angela zögernd vor. Sie griff nach ihrer Handtasche und war im Begriff zu gehen.
    Carolyn schüttelte den Kopf. „Ich könnte kein Duplikat herstellen, selbst wenn ich wollte.“ Sie überlegte, wie merkwürdig es war, dass Angela gekommen war, um eine Rivalin zu taxieren, und Carolyn, berühmt für ihre Unabhängigkeit, sich ihr letztlich anvertraut hatte.
    Einer völlig Fremden.
    „Wahrscheinlich nicht“, gab Angela ihr traurig recht. „Es ist eindeutig ein Unikat.“ Sie lächelte. „Danke für den Tee, Carolyn, und dafür, dass du mir dieses erstaunliche Kunstwerk gezeigt hast, und besonders dafür, dass du darüber hinweggegangen bist, dass ich mich wie eine Verrückte aufgeführthabe und überhaupt hier aufgekreuzt bin.“
    „Ich bin froh, dass du gekommen bist“, sagte Carolyn herzlich, legte den Rock über die Lehne eines Küchenstuhls und wünschte sich, sie könnte mehr sagen oder tun, um Angela zu versichern, dass für sie und Bill doch noch alles gut werden würde.
    Doch vielleicht war das gar nicht der Fall angesichts der Sackgasse, in die die beiden wegen Bills Beruf geraten waren.
    „Ich glaube, du bist wirklich froh, dass ich gekommen bin“, sagte Angela in gutmütiger Verwunderung. „Ich verstehe, warum Bill dich mag – auch wenn mir die Vorstellung gar nicht gefällt.“
    Carolyn hätte Angela von Herzen gern erklärt, dass Bill sie immer noch liebte, aber auch seinen Beruf, ohne den er nicht er selbst wäre. Doch weil sie damit Bills Vertrauen

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