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Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt

Titel: Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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„aber ich fände es nicht richtig, wenn ich dir seine Gefühle erklären wollte. Wenn du Fragen hast, musst du dich an ihn wenden.“
    Angela war still, nachdenklich. Aber zum Glück weinte sie nicht mehr.
    Carolyn holte die Teekanne an den Tisch und gab ihrem unverhofften Gast damit einen Moment Zeit, sich zu sammeln. Sie schenkte zuerst Angela, dann sich selbst Tee ein und gebot Winston, der um seine Sardinenration bettelte, still zu sein. Da sie der Milch im Kühlschrank nicht mehr recht traute, stellte sie nur die Zuckerdose bereit, aber nicht das dazu passende Kännchen.
    Inzwischen hatte Angela sich ein wenig erholt und lächelte sogar – was sie nicht nur schön, sondern umwerfend aussehen ließ. „Ellie hat recht“, sagte sie. „Du bist nett, Carolyn.“
    „Ich gebe mir Mühe“, erwiderte Carolyn und gab Zucker in ihren Tee. Der Silberlöffel klimperte in der Tasse. Und natürlich versiegte das Gespräch. Um es wieder in Gang zu bringen, fuhr sie fort: „Du bist Lehrerin?“
    „In der dritten Klasse.“
    „Ist Ellie in deiner Klasse?“ Besuchten Neunjährige die dritte Klasse? Carolyn wusste es nicht mehr.
    Angelas Hand zitterte leicht, als sie die Tasse hob, einen Schluck Tee trank und dann den Kopf schüttelte, doch sie war lockerer als bisher.
    Was nicht hieß, dass sie viel redete.
    „Letztes Jahr war sie in meiner Klasse. So haben …“ Sie unterbrach sich und wurde rot. „So haben Bill und ich uns kennengelernt. Auf einem Elternsprechtag.“
    „Verstehe“, sagte Carolyn.
    „Hat Bill dir von mir erzählt?“
    „Ja“, antwortete Carolyn in einem Tonfall, der besagte, dass sie bis hierher und nicht weiter gehen würde. Wie sie Angela schon vorher erklärt hatte, musste sie ihn fragen, wenn sie wissen wollte, was Bill für sie empfand.
    „Das ist mal wieder typisch für mich“, seufzte Angela. „Du musst doch denken, ich käme in die engere Wahl für meine eigene Realityshow. Die wahren Verrückten von Colorado müsste sie heißen.“
    Carolyn lachte. Sie mochte Angela und hoffte, dass sie irgendwann Freundinnen werden könnten. „Unterrichtest du gern?“, fragte sie. „Früher wäre ich auch sehr gern Lehrerin geworden.“
    Wieder lebte Angela auf. „Ich unterrichte von Herzen gern. Oder sagen wir, ich mag Kinder von Herzen gern. Der Job an sich kann schon schrecklich entmutigen – das Gehalt ist niedrig, die Eltern sind manchmal unmöglich. Aber die Kinder, tja, für sie ist es das alles wert.“
    Während ihrer Schulzeit war Carolyn mit mehreren einsichtigen, mitfühlenden Lehrern gesegnet gewesen. Deren freundliche Anleitung hatte ihr viel bedeutet. Sie hatten ihr versichert, sie sei klug und begabt und könne werden, was sie wolle, sofern sie bereit war, sich Mühe zu geben.
    „Was hat dich daran gehindert?“, unterbrach Angela ihre Gedanken und holte sie zurück ins Hier und Jetzt.
    Offenbar sah Carolyn sie verwirrt an, denn sie fügte hinzu:„Lehrerin zu werden, meine ich.“
    „Ich war nicht auf dem College“, antwortete Carolyn, ohne lange nachzudenken.
    „Ach“, sagte Angela und nahm noch einen Schluck aus der eleganten Teetasse. Jetzt war sie an der Reihe, zu warten.
    „Und das bedeutet, dass mein Wunsch, Lehrerin zu werden, nicht stark genug war, um mich um ein Stipendium in Form eines Studentenkredits zu bemühen. Als ich mich dann doch dazu durchgerungen habe, ein paar Abendkurse zu belegen, hatten sie alle mit Design zu tun. Farbenlehre. Perspektive. In dieser Richtung eben.“
    „Du bist Künstlerin?“, fragte Angela mit ehrlichem Interesse.
    „Nein“, beeilte Carolyn sich zu antworten. „Ich nähe nur ein bisschen.“
    Sie dachte an den Zigeunerrock an seinem Haken hinter der Schlafzimmertür im Obergeschoss und verspürte leise Gewissensbisse, als hätte sie einen treuen Freund verraten.
    „Nähen ist eine Kunst“, bemerkte Angela.
    In Carolyns Augen war Nähen ein Handwerk, keine Kunst, aber es war ihr auch heilig. Es gab kaum einen größeren Zauber als die Schöpfung von etwas Nützlichem und Hübschem aus einem Stoffballen. Für sie war der Prozess beinahe mystisch, wie eine Art aktives Gebet. „Für einige Menschen mag das zutreffen“, stimmte sie zu. „Ich habe ein paar Quilts gesehen, die ins Museum gehörten.“
    „Ich würde gern etwas sehen, das du genäht hast“, sagte Angela und errötete. „Ich selbst kann nicht gut nähen. Ich konnte noch nie einen Ärmel einsetzen oder einen Reißverschluss einnähen, ohne dass es aussah, als

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