Die Crock-Expedition
ihre Ähnlichkeit mit Marie. Vielleicht …«
Er zuckte matt die Achseln. »Jedenfalls ist es so gekommen daß ich nie von etwas anderem träume, nie von etwas anderem chronophantasiere, ja, nicht einmal an etwas anderes denken kann als an Marie und Rachel. Dieser ganze Trip …«
Blake wußte nicht viel, das er hätte sagen können. Wie alle jene Geschehnisse sich auf Springs Schultern zu einer unerträglichen Last aufgetürmt hatten, war leicht verständlich. Sein Entschluß, Marie auf jeden Fall zu verlassen, trotz ihrer Schwangerschaft. Den Ort und Zeitpunkt, an welchen er sie dann tatsächlich zurückgelassen hatte, unter Mitnahme des Luftpolsters. Die Tatsache, daß er nicht bedacht hatte, sie könne einen nutzlosen Buck Rogers mitnehmen, um ihn zu beruhigen. Ferner, daß er seine liebliche kleine Tochter am Ufer hatte spielen lassen, an einem Fleck, an dem ein Felsen sie zermalmen konnte, nur weil ihm daran gelegen gewesen war, ungestört mit seiner Frau streiten zu können, mit Marie; daß er fortgegangen war, sie in dieser Situation im Stich gelassen hatte.
Und in diesem Moment der Entscheidung Rachel rettete und Marie dem Tod auslieferte.
Aber etwas konnte Blake zu sagen versuchen, und er wagte es. »Du glaubst, daß du in einem Moment versagt hast, in dem alles von dir abhing«, sagte er. »Darum hast du deine Qualitäten verloren.«
Spring schaute in schwachem Interesse auf. Offenbar hatte er diesen Schluß noch nicht in dieser Deutlichkeit gezogen. »Das meinst du, Ken?«
»An jenem Sonntag hätte Clem Spring seine Frau und seine Tochter retten müssen. Dann hätte der Zwischenfall nie eine Rolle gespielt. Du hättest ihn schon längst vergessen. Doch Clem Spring versagte, versagte zum erstenmal – ein Beweis, daß Clem Spring überhaupt versagen konnte, wieder und wieder und wieder versagen könnte .«
Spring senkte die Lider. »So dürfte es wohl sein.«
»So ist es aber nicht, Clem! Du hast nicht versagt. Es war wunderbar, daß du Rachels Leben bewahren konntest. Beide zu retten, war unmöglich, und das weißt du.«
Mit einem Anflug schwacher Hoffnung blickte Spring auf. »Findest du das, Ken?«
Diese Redewendung hatte sich während des vergangenen Jahrs zu einer von Springs Gewohnheiten entwickelt. Findest du das, Ken?
Hier und jetzt war es wichtiger als jemals zuvor, daß Captain Spring Blake glaubte, wirklich glaubte, daß er recht hatte.
»Als ich noch die Akademie besuchte, lautete eine der Aufgaben folgendermaßen: Sie sind ein guter Schwimmer. Sie, Ihre Frau und Ihre Mutter sitzen in einem Boot, das plötzlich umkippt und von einer starken Strömung abgetrieben wird. Sie können Ihre Frau oder Ihre Mutter retten, aber nicht beide. Wen retten Sie? Nun, für dich war die Entscheidung nicht minder scheußlich. Nicht Frau oder Mutter, aber Frau oder Tochter …«
»Wie lautete die Antwort?« fragte Spring heftig.
»Oh, sie sollte so ausfallen, daß man seine Frau zu retten hatte. Sie galt als wertvoller für die Allgemeinheit, die Mutter hatte ihren Zweck erfüllt, so daß das Pflichtgefühl mehr der Mutter eigener Kinder gelten sollte als der eigenen Mutter, mehr der Zukunft als der Vergangenheit.«
Spring schaute verwirrt drein, zu begreifen bemüht, daß Blakes Ausführungen bedeuteten, er habe mit seiner Tochter die Zukunft gerettet und mit seiner Frau die Vergangenheit geopfert.
»Aber anschließend setzten sich viele von uns zusammen und diskutierten die Frage unter allen Gesichtspunkten«, sprach Blake weiter, »und wir kamen zu der Auffassung, daß die verlangte Antwort reichlich zweifelhaft sei. Wir gingen davon aus, daß ein solcher Vorfall sich tatsächlich ereigne, denn die Frage beruhte ja auf dieser Voraussetzung. Jedermann hätte die Frau gerettet, die sich in Reichweite befände, dann die andere. Würde man beide zu retten versucht haben, wäre man genauso zur Hölle gefahren. Ein normaler Mensch hätte nie gesagt: Tut mir leid Mütterchen, aber du mußt vergeblich zappeln. Und niemand wäre – jedenfalls im ersten Moment – an einer der beiden vorbeigeschwommen, um die andere zu retten, nicht wahr?«
»Du willst sagen, die Chancen entscheiden darüber?«
»Sie können die Entscheidung herbeiführen«, erwiderte Blake vorsichtig, nicht davon überzeugt, daß seine Antwort die denkbar logischste war, sondern eher, daß sie die beste Entgegnung für Spring war. »Allerdings neige ich nicht dazu, von Chancen zu reden. Du hast Rachel in unmittelbarer Lebensgefahr
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