Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
Tamara verhielt es sich etwas anders. Sie war nicht einfach nur eine Außenseiterin. Niemand mochte sie. Katharina führte das auf deren reduziertes Taktgefühlt zurück. Die Wicce explodierte bei dem kleinsten Hauch von Kritik, teilte jedoch ihrerseits großzügig aus.
Kein angenehmer Charakterzug.
Sie machte es den Leuten leicht, ihr fernzubleiben. Tamaras Lieblingsopfer war Valerian. Er und die Hexe konnten sehr ausdauernd aneinander hochgehen. Im letzten Semester hatte Tamara Valerian sogar mit Magie angegriffen. Eine Tat, die in Cromwell strengstens verboten war. Man hatte Tamara suspendiert und sie verdankte es nur der Gutherzigkeit Sir Fowlers, dass sie zurückkommen durfte. Was Valerian davon hielt, war kein Geheimnis.
All das warf eher kein gutes Licht auf die WICCA. Sie war letztes Jahr sowieso nur in ihr gemeinsames Geheimnis Katharinas Begabungen betreffend eingeweiht worden, weil sie eine siebte Magiebegabte benötigt hatten und die Zeichen der Vision auf Tamara deuteten. Das bedeutete auch, dass sie keiner vermisste, wenn sie fehlte.
Im Gegensatz zu Flint. Der könnte jetzt langsam mal auftauchen.
Mit ihm hätte sie gerne noch vor Kursbeginn gesprochen. Er hatte ebenfalls nur wenige Freunde, was jedoch auf andere Gründe zurückzuführen war als bei Tamara. Während sie aktiv die Leute von sich fortjagte, übte sich der Geisterseher in Unsichtbarkeit. Je weniger man von ihm wahrnahm, desto lieber war es ihm offenbar. Zu Beginn des letzten Semesters hatte dies dazu geführt, dass Valerian oft seinen Unmut an ihm ausgelassen hatte. Doch daraus hatte sich inzwischen eine Männerfreundschaft entwickelt. Was nicht bedeutete, dass Valerian nicht trotzdem noch ab und an auf Flint herumhackte. Aber außer ihm durfte das sonst niemand.
„Was heißt denn bitte schön bekanntester Zirkel ?“, erkundigte sich der Unsterbliche.
„Es heißt, dass sie uns für einen Zirkel halten“, erklärte Linda.
„Aber das sind wir doch gar nicht, oder?“, hakte Valerian nach.
Die anderen sahen sich gegenseitig nachdenklich an.
„Ich denke, die Frage ist, wie du Zirkel definierst und wie bindend so ein Zirkel für dich ist“, entschied das Medium.
„Einen Zirkel wechselt man nicht wie seine Klamotten oder ein Handy. Ein Zirkel ist eine feste Einheit“, mischte sich Cendrick ein.
„Wie eine Familie?“
„So ähnlich.“
„Was soll das heißen? Bin ich etwa bis an mein Lebensende an euch Freaks gebunden?“
Valerian grinste schief. Es war nicht zu erkennen, ob er spaßte oder es ernst meinte. Lindas Rempler, den sie ihm als Strafe versetzte, sprach jedoch für sich.
Sieh an! Da haben dich die Farben deiner Aura verraten , dachte Cat amüsiert.
„Nein, das bist du vermutlich nicht. Du bist an den Zirkel gebunden, bis unser Lebensende erreicht wurde“, kam es von Cendrick.
„Na toll! Und wenn ich das gar nicht will? Ich mag nicht an euch Zauberheinis gebunden sein. Das klingt wie ein Pakt und ich habe beschlossen, dass ich so was nicht mag. Der letzte hat mir schon gereicht. Sorry, Cat!“
Valerian grinste entschuldigend.
„Kein Problem, Valerian.“
„Ich geb dir gleich Zauberheinis ! So siehst du uns also?“, fragte Linda empört.
Cat verfolgte belustigt das Wortgeplänkel. Es war zu köstlich: Valerian versuchte schon seit Beginn des ersten Semesters bei Linda zu landen. Leider ging er dabei total unclever vor. Ständig sagte er etwas Abfälliges über Magiewirker – und zu denen gehörte die Seherin nun mal auch. Außerdem mochte sie es nicht, wenn er Streitereien anfing oder beleidigend war.
Es sieht schlecht aus für deine romantischen Pläne, Valerian.
Womöglich würde sie sich dazu überreden lassen, ihm ein paar Lektionen in „romantischem Anbändeln“ zu geben, doch dazu musste er sich erst einmal beweisen.
Katharina verfolgte kopfschüttelnd die Entschuldigungs- und Ausredeparaden, die folgten.
Er muss wirklich ein wenig an seiner Überzeugungskraft arbeiten. So wird das nie etwas.
Also beschloss sie, ausgleichend einzugreifen.
„Aber Linda, du weißt doch ganz genau, wenn Valerian überhaupt irgendeinen Menschen auf dieser kleinen Kugel, die sich Erde nennt, wertschätzt, dann doch ganz gewiss dich.“
„Ja, ganz genau! Du bist doch der Stern in meinem Firmament, der Sonnenstrahl, der mein Herz erwärmt … und so.“
Also gut, du hast die Steilvorlage vergeigt, aber immerhin war es lustig.
Das Medium betrachtete die anderen gedankenverloren, während ihre
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