Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
besprach.
Sie lächelte schief. Nein, das war es gewiss nicht. Es war eine wichtige Entscheidung. Sie hatte sich viel Zeit damit gelassen – und nun war der Moment gekommen. Doch obwohl sie wusste, dass es die richtige Entscheidung für sie war, befiel sie leichte Panik. Wenn sie diesen Weg gehen würde, dann gab es kein Zurück mehr. Dann musste sie alles hinter sich lassen, was ihr lieb und teuer war. Für immer.
Ein drittes und letztes Mal sog sie die belebende Kälte in sich ein. Der Wind griff in ihre Haare und spielte mit ihnen. Jetzt war der richtige Zeitpunkt gekommen. Sie würde es nicht länger hinausschieben. Viel zu lange hatte sie das getan.
Sie machte einen Schritt nach vorne und blickte in die lichterlose Schwärze, die sich vor ihr auftat.
Wo soll ich sie suchen? Wo könnte sie sein , überlegte Flint fieberhaft.
Die Lethargie fiel von ihm ab, als er begriff, dass es nun an ihm lag, Cats Leben zu retten. Cendrick würde sie nie finden. Obwohl er mit ihr aufgewachsen war, kannte er seine Schwester nicht. Dafür war er viel zu selbstbezogen. Vielleicht wäre ihm Linda eine Hilfe gewesen. Sie war sehr einfühlsam und hatte in letzter Zeit viel mit Katharina unternommen. Doch etwas hielt ihn davon ab, zu ihr zu gehen. Er konnte sein Gefühl nicht begründen, doch er glaubte, dass Cat sich an einem Ort aufhalten würde, den nur er intuitiv erahnen konnte. Seit der Geistesverschmelzung hatte es zwischen ihnen eine Verbindung gegeben. Womöglich war etwas mit dem Ritual schiefgelaufen? Er wusste es nicht. Er spürte aber ganz deutlich, dass er und Cat sich näher waren als sonst jemand. Er war der festen Überzeugung, dass er sie finden würde.
Ich finde dich! Wo du auch sein magst.
Flint hatte das Gebäude verlassen. Auch diese Entscheidung konnte er nicht begründen. Er fühlte schlicht und ergreifend, dass es die richtige war. Er umrundete das Anwesen und sah sich um. In der Dunkelheit war kaum etwas zu erkennen. Er hätte eine Taschenlampe mitbringen sollen. Dann blickte er nach oben zum Mond, dessen Schein ihm nur eine schwache Lichtquelle bot. Fahl wurde das blasse Antlitz des Himmelskörpers auf dem See reflektiert.
Der See!
War das nicht genau das Bild in dem Forum gewesen? Der Mond über einem stillen See? Doch das war ein Vollmond gewesen und der hiesige nahm zu.
Er würde trotzdem nachsehen.
Sicher ist sicher.
Flint spurtete los. Einmal stolperte er, konnte sich jedoch rechtzeitig auffangen.
Am See angekommen, musste er aber enttäuscht erkennen, dass er falsch gelegen hatte. Hier war niemand. Wütend trat er einen Stein ins Wasser, der mit einem leisen Plätschern unterging.
Er wandte sich um und wollte schon zurück zum Haus gehen, als ihn fast der Schlag traf: Auf dem Dach stand Katharina!
Am Rande des Abgrunds , schoss es ihm durch den Kopf.
Er rannte wie von Sinnen. Dabei brüllte er Katharinas Namen. Ihre Gestalt, von der er nur eine Silhouette erkennen konnte, hielt inne.
„Bleib, wo du bist!“, rief er von unten.
„Ich komme zu dir! Rühr dich nicht vom Fleck!“
Sah er da ein Nicken? Hatte sie ihm zugestimmt?
Er wartete nicht, um es herauszufinden, sondern jagte einmal um das Gebäude herum. Innen hetzte er zum Stockwerk mit der Feuerleiter und begann eilig nach oben zu klettern. Er blickte hoch, aber er konnte sie nicht mehr entdecken.
Oh Gott, bitte!
Er hatte in seinem Leben noch nie gebetet, doch jetzt würde er einfach alles tun. Am Sonntag würde er die Messe besuchen und wenn es sein musste, auch bei Pater Ignatius in die Beichte gehen, wenn nur jetzt Katharina da oben stehen würde und unversehrt war.
Noch zwei Meter. Noch einen Meter – und er war oben!
Hektisch sah er sich um.
Wo ist sie?
Fünf Meter weiter saß Katharina auf einem Stuhl und hatte die Hände im Schoß gefaltet. Schnell lief er auf sie zu, riss sie nach oben und zog sie in seine Arme. Er hielt sie fest und spürte ein heftiges Zittern. Sein eigenes. All die Anspannung, all die Sorge entluden sich auf einmal und schüttelten seinen Körper.
Er spürte, dass sie sich bewegte. Fühlte ihre Arme, wie sie sich langsam um ihn schlangen und wie sich ihr Körper an den seinen schmiegte. Ihm war nach Weinen und Lachen zugleich zumute. Egal, was sie vorgehabt hatte, jetzt war sie hier. In seinen Armen. Sicher. Und das erleichterte ihn so sehr, dass er es fast nicht ertragen konnte. Eine riesige Last war von seinen Schultern genommen.
Er drückte sie noch fester an sich. Ihr Geruch wehte um
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