Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch

geschrieben. Also ist das ihr Passwort. Und jetzt brauchen wir noch die Zahl. Was oder besser wann ist die Nacht seiner Verheißung ?“
    Er sah Flint an.
    Der reagierte nicht.
    „Flint? Was ist? Kennst du die Zahl? Ist es ein Datum?“
    Er reagierte immer noch nicht.
    Cendrick versetzte ihm einen unsanften Stoß.
    „Hey, wir wollen sie finden! Also hör auf zu träumen und hilf mir! Kennst du das Datum?“
    Flint nickte und nannte es Cendrick. Dieser marschierte zum Laptop und begann zu tippen. Doch Flint nahm es überhaupt nicht wahr. Seine Gedanken drehten sich immer wieder um diesen Satz.
    Das Datum. Sie hat das Datum unseres Schwurs als Passwort genommen. Das Datum. Es war ihr wichtig.
    Hatte sie diesen Satz für ihn hinterlassen? Damit er ihn fand? Damit er sie aufspüren konnte? Er fühlte, dass sich langsam seine Kehle zusammenzog.
    Katharina, wo bist du nur?
    „Ich hab’s!“
    Flints gefühlsbeladene Gedanken wurden von dem Ruf unterbrochen. Mechanisch erhob er sich und trat hinter Cendrick.
    „Wo willst du mit der Suche anfangen?“, hörte er sich selbst fragen.
    Seine Stimme klang seltsam fremd.
    „Erst mal checke ich ihre E-Mails. Ich hoffe nur, dass sie ihr Postfach nicht auch durch ein Passwort geschützt hat. Dann sehen wir nämlich alt aus.“
    Doch sie hatten Glück: Ihre Mails ließen sich problemlos abrufen.
    Eine neue E-Mail traf ein. Neun andere waren bereits im Postfach enthalten. Der Absender war immer derselbe: „Night-Shadow-Board“ . Der Betreff war ebenfalls immer derselbe: „Sie haben eine Nachricht erhalten!“
    Nachdem Cendrick all diese Mails angeklickt hatte, stand fest, dass selbst der Inhalt immer identisch war. Es handelte sich um eine Forennachricht, die den Empfänger darüber informierte, dass er eine PN, also eine private Nachricht, auf einer Forumsseite erhalten hatte.
    „Okay, das macht die Sache natürlich etwas komplizierter. Wir müssen uns mit ihrem Account auf der Seite einloggen und dort ihre Nachrichten lesen.“
    Cendrick öffnete einen Internet-Browser und entdeckte den Forenlink unter ihren Favoriten.
    „Jetzt können wir nur hoffen, dass sie die Cookies gespeichert hat. Ohne ihre Login-Daten kommen wir nicht weiter. Und ob wir den Benutzernamen und das Passwort herausfinden, ist fraglich.“
    Das Glück war erneut auf ihrer Seite. Offenbar war es Cat zu umständlich gewesen, sich jedes Mal neu einzuloggen. Benutzername und Passwort waren auf der Seite gespeichert.
    Sie loggten sich ein.
    Der Internetauftritt machte dem Forennamen alle Ehre: Er war komplett in Schwarz gehalten. Die Schrift in einem hellen Grau. Am oberen Rand war ein Bild hinterlegt worden, das die Stimmung noch unterstrich: ein See bei Nacht, der nur vom fahlen Schein des Mondes erhellt wurde.
    Flint las einzelne Überschriften und ihm wurde ganz anders zumute.
    „Mist!“
    Cendrick fluchte leise vor sich hin.
    In diesem Forum war ein einziges Thema vorherrschend: Suizid! Verschiedene Topics lauteten: „Wie würdet ihr es tun?“ , „Habt ihr euch schon mal einen Ort ausgesucht?“ und „Allein oder in der Gruppe?“ Die Liste war endlos. Da wurden diverse Medikamentencocktails debattiert sowie Selbstmorde bekannter Persönlichkeiten aufgelistet.
    Cendricks Züge waren bleich geworden. Flint meinte, ein Zittern in seinen Händen zu entdecken. Er konnte es ihm gut nachempfinden.
    Ein Fenster öffnete sich: „Sie haben eine neue Nachricht. Möchten Sie Ihre neue Nachricht jetzt lesen?“
    Cendrick bestätigte und sie wurden vom System in den Benutzerbereich gebracht. Eine ganze Liste von Nachrichten tauchte auf. Nur eine war als „Noch nicht gelesen“ markiert. Cendrick klickte sie an und eine PN von „freaky86“ öffnete sich.
    „Hallo, Morgenstern! Ich wollte mich kurz melden, um dir zu sagen, dass ich es doch nicht getan habe. Ich stand schon vor dem Waschbecken und hatte die Aspirinpackung in der Hand, aber ich konnte es dann doch nicht tun. Ich weiß auch nicht, wieso. In den letzten Wochen wollte ich nichts anderes machen und ich war mir so sicher, dass es der einzige Ausweg ist. Aber … na ja … Ich hoffe, dass du die Nachricht noch rechtzeitig liest. Ich wollte dich echt nicht hängen lassen. Hm … vielleicht ist es doch besser, weiterzumachen? Ich meine, eins ist ja wohl klar: Noch schlimmer kann es nicht werden. Noch weiter unten kann ich nicht ankommen. Und so deprimierend das auch klingt, es heißt auch, dass es ab jetzt nur besser werden kann. Das ist mir klar