Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
darauf verzichten würden, den Friedhof bei Tag zu besuchen. Sollte es einen Friedhofswärter geben, dann war es besser, wenn er sie nicht schon bei Tageslicht zu Gesicht bekam. So hätten sie womöglich noch die Chance, sich aus dem Staub zu machen. Stattdessen suchten sie den nahegelegenen Gemeindepark auf und verbrachten dort die Zeit mit Erholung, Meditation und (in Valerians Fall) mit Schlafen.
Cat war die Einzige, der es nicht gelang, sich zu entspannen. Flint entging ihre Ruhelosigkeit nicht und als sie sich einige Schritte von den anderen entfernte, folgte er ihr.
„Störe ich?“, vergewisserte er sich.
Sie schüttelte den Kopf und lächelte freudlos.
„Nein, gar nicht. Ich kann mich nur nicht konzentrieren. Ständig sehe ich diese Bilder vor mir. Die kleine Hand des Kindes, die Windräder …“
Sie brach ab.
Flint nickte ernst und wartete, ob sie weitersprechen würde. Sie gingen zu einer Bank in der Nähe und setzten sich. Katharina fixierte den Boden. Ihre Stimme klang besorgt, als sie das Gespräch wieder aufnahm.
„Was ist, wenn wir es nicht schaffen? Was ist, wenn ich die anderen in Gefahr bringe? Wir haben wirklich keine Ahnung, wozu dieser Mensch fähig ist. Allein die Tatsache, dass er vorhat, einem toten Kind und dessen Seele etwas anzutun, finde ich sehr besorgniserregend. Ich meine: Wer tut so etwas?“
Flint senkte ebenfalls den Blick.
„Die Frage kann ich dir nicht beantworten. Aber ich bin mir sicher, dass es unsere Pflicht ist, hier zu sein und es zu verhindern. Und du bringst auch niemanden in Gefahr. Die anderen wären sowieso hierher gekommen. Du hast sie schließlich nicht darum gebeten. Jeder bot seine Hilfe freiwillig an.“
„Hätte ich keine Visionen, dann wüssten sie gar nichts davon.“
„Wüsste keiner davon, dann würde der Fiesling sein düsteres Vorhaben ungestraft in die Tat umsetzen“, gab Flint zu bedenken. „Und könntest du keine Visionen empfangen, dann hätte ganz gewiss jemand anderes eine und der Zirkel wüsste auf diesem Kanal von den zukünftigen Ereignissen.“
„Du meinst, dass es immer wieder zu uns zurückkommt?“
„Ja, das glaube ich. Es hat etwas mit dieser fremden Macht zu tun.“
„Also egal, was wir machen, wir landen immer wieder hier? Es gibt keinen Ausweg?“
„Ausweg klingt so, als würden wir in eine Falle laufen, aber so ist es doch gar nicht. Wir sollen etwas Gutes tun – und jeder von uns ist dazu bereit.“
„Ich weiß nicht, ob ich dazu bereit bin“, wisperte sie leise. „Ich wünschte, ich wäre es, aber … ich habe Angst.“
Behutsam und zögerlich legte Flint seinen Arm um ihre Schulter. Sie ließ es geschehen.
„Es ist doch verständlich, dass du Angst hast. Wir alle haben das. Na gut, Valerian nicht, aber der hat auch keine Ahnung von Schwarzmagiern.“
Beide lächelten leicht. Es war nicht fair, sich so regelmäßig über ihn zu amüsieren, aber es war nicht bösartig gemeint. Sie mochten ihn. Mit seiner Ahnungslosigkeit wirkte er oft charmanter als Cendrick mit all seinem erprobten Auftreten.
„Sieh mal, beim letzten Mal sah es auch hoffnungslos aus. Wir sollten ein Ritual durchführen, dessen Ablauf wir nicht kannten und bei dessen Versuch sieben erfahrene WICCA zu Tode kamen. Das war auch so ein Herkulesprojekt. Diesmal ist es wenigstens nur ein Gegner“, versuchte der Geisterseher sie aufzumuntern.
Sie sah ihn skeptisch an.
„Es ist ein Schwarzmagier, Flint.“
Er seufzte und ließ die Schultern sinken.
„Ich weiß. Aber einen Versuch, dich aufzuheitern, war es doch wert.“
Sie schmunzelte leicht und nickte.
„Was ich damit sagen will, ist, dass diese fremde Macht uns schon einmal beschützt hat. Wir waren da und die Unterstützung kam von ganz allein angeflogen. Alles lief super. Und ich denke, dass es heute auch so sein wird“, erläuterte der Geisterseher zuversichtlich.
Mit einem Mal machte Cat einen nervösen Eindruck.
„Flint … ich muss dir etwas sagen. Ich war es, der den Orden verständigt hat. Deshalb kamen uns die Magier zu Hilfe. Ich habe sie angerufen.“
Flint machte ein überraschtes Gesicht, fasste sich dann jedoch wieder. Seine nächsten Worte waren vorsichtig gewählt. Er bemühte sich um eine neutrale Miene.
„Siehst du? Dabei hast du gesunden Menschenverstand bewiesen. Deshalb hilft dir die Macht.“
Katharinas Blick wurde zunehmend skeptisch.
„Sie hilft uns? Hm … verständlich wäre es … Immerhin müssen wir nach ihren Spielregeln spielen. Dabei
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