Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
sich schnell die Hand vor den Mund. Doch zu spät: Die Gestalt hatte sie bereits gehört. Langsam und bedrohlich erhob sie sich. Noch immer konnten die sieben nur ihre Konturen wahrnehmen. Eine große Person mit einem weiten schwarzen Umhang und einer hochgezogenen Kapuze.
Der Klassiker eines Bösewichts.
Seine Rechte hob sich langsam und legte sich auf seine Brust. Flint konnte für einen kurzen Moment etwas aufblitzen sehen, doch dann verbarg die Hand den Gegenstand. Abwartend und bewegungslos stand er da. Der Chaoszirkel starrte zurück.
„Was machen wir jetzt?“, wisperte Katharina.
„Ich sage, wir rennen auf ihn zu und donnern ihm eine rein“, antwortete Valerian durch seine zusammengebissenen Zähne.
„Gewalt ist keine Lösung!“, ermahnte Graciano.
„Also für mich wäre das zumindest eine befriedigende Option“, gab der Unsterbliche zurück.
„Da stimme ich zu. Ein netter kleiner Feuerball und das Problem sollte behoben sein“, mutmaßte Cendrick mit gesenkter Stimme.
Linda sprach nicht. Sie stand einfach nur da und starrte sprachlos zu der Gestalt herüber.
„Ich halte das für keine gute Idee. Er könnte bereits ein Band zwischen sich und dem Mädchen geknüpft haben. Wenn ihm etwas zustößt, dann könnte er die Kontrolle über sie verlieren – und ihr habt keine Ahnung, was dann passiert“, gab Flint leise zu bedenken.
„Wie kommst du darauf?“
„Ich spüre die Qual einer verblichenen Seele. Er hat sie gewaltsam in den sich zersetzenden Körper zurückgezwungen.“
„Das Kind?“
„Das könnte sein. Ich weiß es nicht genau.“
„Was soll das heißen? Dass uns die Hände gebunden sind und wir eh nichts tun können?“
Valerian klang verärgert.
„Es soll heißen, dass wir nicht einfach irgendetwas tun sollten, sondern es uns vorher gut überlegen müssen“, erklärte Flint.
„Es ist noch viel zu früh. Er hätte noch gar nicht da sein sollen“, sagte Tamara.
„Wieso? Nur weil er hier seinen Zauberspruch loslassen will, heißt das doch nicht automatisch, dass er sich sklavisch an die vorgegebene Uhrzeit des Spuks halten muss“, meinte Valerian ironisch.
„Es macht Sinn, Magie um Mitternacht zu wirken, weil sie dann am stärksten ist. Außerdem steht uns dann mehr Essenz zur Verfügung und ich könnte mir vorstellen, dass so ein aufwendiger Zauber eine große Menge Magie verbraucht. Du solltest Lichtenfels’ Unterricht wirklich etwas mehr Aufmerksamkeit schenken“, schlug Cendrick vor.
„Nein, danke. Der Kerl geht mir auf die Nerven. Also, was ist nun? Reden wir bloß oder machen wir auch etwas?“
„Wieso bewegt er sich nicht?“, wunderte sich Graciano.
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Eigentlich müsste er fortlaufen oder uns angreifen. Einfach stehenzubleiben, das macht mir Sorgen“, bestätigte Katharina.
„Wieso macht es dir Sorgen? Der unterschätzt uns eben. Pech für ihn! Umso leichter machen wir ihn platt!“, behauptete Valerian.
„Möglich, aber unwahrscheinlich“, meinte der junge Magier. „Ich fürchte, wir übersehen etwas. Wir stehen doch nicht in einer vorbereiteten Falle, oder?“
Alle sahen sich rasch um, konnten jedoch nichts entdecken.
„Keine Markierungen am Boden.“
„Auch nichts an den Hecken und Bäumen.“
„Ich kann ebenfalls nichts erkennen.“
„Aber was hat er dann vor?“
„Er zaubert!“, murmelte Linda.
Die anderen starrten sie alarmiert an.
„Was? Kannst du das sehen?“, wollte Cendrick wissen.
„Die Info wäre etwas früher von größerem Nutzen gewesen“, klagte Tamara.
„Ich sehe etwas, aber ich weiß nicht, was es sein soll. Es sieht nicht aus wie ein gewöhnlicher Zauber und deshalb habe ich zuerst nichts gesagt. Doch dann bin ich darauf gekommen, dass wir hier von einem Schwarzmagier reden, und ich habe noch nie gesehen, wie ein Schwarzmagier zaubert. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass es auch ganz anders aussehen könnte. Deshalb: Ja, ich glaube, er zaubert gerade.“
„Shit!“, fluchte Cendrick ungehalten.
„Das wäre der Moment gewesen, wo wir ihn hätten unterbrechen sollen, oder?“
Valerian sah fragend in die Runde. Die anderen nickten.
„Warum tun wir es dann nicht?“, brüllte er sie an und rannte auf die Gestalt zu.
Die anderen blieben wie angewurzelt stehen, denn gerade war eine zweite Gestalt an der ersten vorbeigelaufen.
Oder besser – geschwankt.
Der Zauberer stand immer noch im Verborgenen. Den neuen Ankömmling konnten sie jedoch klar
Weitere Kostenlose Bücher