Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
spät: Die Lehrkräfte sahen zu ihnen herüber.
Mist! Das hat mir gerade noch gefehlt!
Katharina setzte ein breites – überaus falsches – Lächeln auf, hakte sich bei Tamara unter und zischelte leise: „Also gut, du hast gewonnen. Gehen wir schnell auf dein Zimmer.“
Die Wicce nickte grimmig.
„Warum nicht gleich so“, murrte sie und führte die anderen ins Hausinnere.
Sie ist wieder so still geworden , bemerkte der Geisterseher, als er Katharina betrachtete. Mittlerweile hatte er die vielen Facetten ihres „Nicht-Redens“ zu unterscheiden gelernt. Diese gingen bisweilen fließend ineinander über, doch diesmal war es ganz eindeutig: Katharina van Genten machte sich Sorgen. Und je länger er darüber nachdachte, desto weniger glaubte er, dass es etwas mit dem Auffinden des Voodoo-Wirkers zu tun hatte. Ihr Schweigen hatte begonnen, kurz nachdem die Inderin aufgetaucht war. Die Begegnung hatte zwar nur einen Moment gedauert, doch die Nachwirkungen waren deutlich sichtbar: ihr stilles Brüten über einem Problem. Er hatte schon lange mit ihr darüber sprechen wollen, doch sie wich ihm aus.
Natürlich hat es mit der Ordensprüfung zu tun. Und für das Treffen davor hat sie sicher auch noch keine Lösung gefunden.
Flint hatte ihr angeboten, sich genauer über Vanitas Fähigkeiten zu erkundigen. Vielleicht konnte er so erfahren, auf welche Weise sie die magischen Begabungen der Probanden herausfand. Doch Cat hatte zu seiner Überraschung erschrocken abgelehnt.
Warum will sie nicht mehr über diese Frau erfahren? Es wäre doch clever, möglichst viel über jemanden zu wissen, der einen bedrohen kann.
„Know thine enemy“ hatte Professor Lichtenfels geraten – und so ungern Flint das auch zugab: Der Mann hatte (zumindest in diesem Punkt) recht. Doch anstatt aktiv zu werden und eine Lösung für ihr Problem zu suchen, zog sie sich immer weiter in ihr Schneckenhaus zurück. Starr und unfähig, sich mit den schlechten Ereignissen, die da kommen mochten, auseinanderzusetzen.
Flint hatte zum einen das Bedürfnis, sie mit ihrer misslichen Lage zu konfrontieren. Denn nur so, glaubte er, könnte sie ihr Ziel, dem HETAERIA MAGI beizutreten, auch tatsächlich erreichen. Zum anderen war er unsicher, wie viel er sich herausnehmen durfte. Wer war er denn schon? Ein Kommilitone, der in Wirklichkeit keine Ahnung hatte, wie gut oder schlecht es ihr ging, und der nur Zuschauer, doch niemals Beteiligter an ihrem Leben war. Alles in allem war seine Lage mehr als frustrierend, denn er hatte das Gefühl, dass es nur ganz wenig aktives Handeln von ihr erforderte und schon hätte sie ein Problem weniger. Auf der anderen Seite war er zum Nichtstun verdammt, weil er sie nicht gut genug kannte und nicht einschätzen konnte, was sie im Moment wirklich brauchte. Es war zum Verrücktwerden!
Was für ein Stichwort , dachte er bitter.
Seit er sich vermehrt Sorgen um Katharina machte, waren seine Erfolge in der Meditation weniger geworden. Stück für Stück entglitt ihm der Halt, den er sich im letzten Semester so mühsam erkämpft hatte.
Alles für die Katz.
Eigentlich sollte ihm die Meditation doch gerade dann helfen, wenn die Umstände ihn unausgeglichen machten. Er sollte darüber mit Dozentin Frey sprechen. Womöglich kannte sie noch eine andere Methode, um den Geist zu fokussieren. Flint hatte ein ungutes Gefühl. Er befürchtete, dass seine nächtlichen Albträume wieder einsetzen könnten – und das wollte er auf jeden Fall vermeiden. Nichts war so entsetzlich wie den eigenen Tod immer und immer wieder mitansehen und miterleben zu müssen.
Dann lieber im falschen Orden landen.
Wieder dachte er darüber nach, was passieren würde, wenn Katharina nicht in den HETAERIA MAGI aufgenommen wurde. Für ihre Familie wäre das entsetzlich.
Schließlich sind das alles verknöcherte Snobs.
Aber war es womöglich nicht besser für Katharina? Es war ja nicht so, als würde ihre Familie ihr besonders viel Halt oder Unterstützung bieten. Im Gegenteil: Sie setzten sie nur noch mehr unter Druck.
Zumindest hat sie das immer wieder angedeutet.
Bei Verwandten wie Cendrick van Genten konnte er sich das auch leibhaftig vorstellen.
„Nimm endlich deine Pfoten weg, Valerian!“, verlangte Tamara in diesem Moment herrisch vom Unsterblichen.
„Ich sehe mir doch nur den Plan an.“
„Du brauchst dir den Plan nicht anzusehen. Ich muss die Position erst auspendeln, bevor ich sagen kann, wo er ist!“
„Dann mach!“, gab er laut
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