Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
Tasten gefunden hatte. Es kam ihr entgegen, dass jedes Zimmer der Studierenden die gleiche Einrichtung und Anordnung der Möbel hatte.
„Ich denke, wir sollten uns am besten zuerst mit der Vision beschäftigen. Was hat Cat dir von ihrem Traum erzählt?“
An den Geräuschen um sich herum hörte sie, dass die anderen es sich ebenfalls mehr oder weniger bequem machten.
„Nicht viel. Nur, dass es immer der gleiche sei und sich sehr real anfühle. Deshalb schloss sie daraus, dass es sich um eine Vision handeln müsse.“
„Sie hatte schon öfter Visionen?“
Das war ein Gebiet, auf dem sich Linda auskannte. In ihrer Familie hatte es ausschließlich Seher gegeben. Doch im Gegensatz zu anderen Familien hätte es bei ihnen niemanden gestört, wenn einer der Nachkommen andere magische Fähigkeiten entwickelt hätte. Im Gegenteil, es wäre eine Bereicherung gewesen. Doch sie verstand Cendricks Problematik. Die Ordensmitglieder mussten gegenüber der Außenwelt Stillschweigen geloben. Der Schwur wurde mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs gesprochen. Wenn es den van Gentens gelingen sollte, dass Katharina diesen Schwur sprach, dann war sie für immer Mitglied des Hetaeria Magi und niemand konnte daran etwas ändern. Doch Linda bezweifelte, dass es keine Mittel und Wege gab, herauszufinden, was das zukünftige Mitglied für Fähigkeiten hatte. In ihrem Orden musste man eine Prüfung bestehen und sie konnte sich nicht vorstellen, dass das bei den strengen Hetaeria Magi anders war.
„Ja, schon ein paar Jahre lang.“
„Hm … dann erkennt sie sicherlich den Unterschied zwischen einem Traum und einer Vision. Sie erhält sie immer nachts?“
„Immer wenn sie schläft, also meistens nachts, ja.“
Das erklärte natürlich, warum Cat sich bisher unbemerkt in den Magi-Kreisen hatte bewegen können. Die meisten Seher wurden unvorbereitet von ihren Visionen überrascht. Wenn Cat jedoch nur in den privaten Sphären ihres eigenen Bettes welche erhielt, dann war das recht unauffällig.
„Du hast gesagt, dass sie vielleicht experimentiert hat. Was genau hat sie versucht?“
„Sie wollte die Kontrolle über ihre Vision erhalten, soviel ich weiß.“
Linda zog die Stirn kraus.
„Aber das ist völlig unmöglich! Sobald man aktiv eingreift, wird sie beendet.“
„Ich hab keine Ahnung von Visionen oder Träumen oder sonst was in der Art. Was weiß denn ich, was sie gemacht hat?!“
„Hm … Meine Mutter ist eine begabte Seherin. Sie hat mir mal gesagt, dass man sich bei einer Vision so passiv wie möglich verhalten und den Weg beschreiten soll, den diese vorgibt. Tut man das nicht, dann endet die Vision einfach. Deshalb begreife ich nicht, was schiefgehen konnte. Katharina hätte einfach aufwachen müssen“, dachte sie laut. „Am besten, ich frage wirklich meine Mutter! Sie kann uns am schnellsten weiterhelfen.“
Sie hörte, dass Cendrick sich ruckartig erhob. „Auf keinen Fall! Keiner außerhalb dieses Raumes darf etwas davon erfahren, verstanden? Niemand!“
„Cendrick“, begann Linda begütigend, „du glaubst doch nicht im Ernst, dass meine Mutter irgendetwas weitererzählen würde? Wir Seher sprechen nicht über die, denen wir helfen. Das weißt du genau.“
„Das ist ein anderer Fall! Ich will nicht, dass deine Mutter etwas erfährt!“
„Aber sie und meine Oma sind die Einzigen, die ich fragen kann! Willst du lieber zu einem der Professoren gehen?“
Sie konnte die Frustration erkennen, die ihn gepackt hatte. Er war hin und her gerissen zwischen dem, was das Beste für seine Schwester war, und dem Stillschweigen, das er für nötig hielt.
Linda versuchte, ihre Chance zu nutzen.
„Ich verspreche, dass ich keine Namen nenne! Ich würde versuchen, es wie eine theoretische Angelegenheit aussehen zu lassen. Meine Mutter ist zwar gut darin, mich zu durchschauen, aber wenn ich ihr klarmache, dass ich darüber nicht sprechen kann, dann bohrt sie auch nicht weiter nach. Ganz bestimmt!“
Es verstrich noch eine geraume Zeit, doch schließlich ließ sich Cendrick überzeugen und Linda zückte ihr Handy.
Nach einer Viertelstunde wusste Linda grob über sämtliche Gefahren der Visionensuche Bescheid und nach weiteren fünfzehn Minuten beendete sie das Gespräch. Die Namen Hetaeria Magi oder van Genten waren nicht einmal gefallen.
Cendrick wartete bereits voller Ungeduld.
„Und? Was hat sie gesagt?“
„Ich glaube, ich weiß jetzt, was du mit ‚herumexperimentieren‘ gemeint hast. Wenn ich richtig
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