Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
leid. Ich … hab wohl geträumt.“
Rasch hatte er den Blick wieder gesenkt und nahm noch einen kräftigen Schluck. Es schien, als würde die Cola ihm wirklich guttun, denn nun hatte seine Haut wieder einen lebendigen Farbton.
Valerian runzelte die Stirn.
„Geträumt? Klar hast du geträumt. Und ich will wissen, was es war!“
Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
„Hm … ich weiß es nicht mehr …“
Doch Flints Ausrede klang so unglaubwürdig, dass Valerian prompt ärgerlich wurde. Energisch riss er dem erschrockenen Flint die Colaflasche aus der Hand.
„Sag mal, willst du mich veralbern? Du bist hier vor lauter Rumgezucke fast aus dem Bett gefallen! Also erzähl mir keinen Mist von wegen Traum vergessen, klar?!“
Valerian war immer lauter geworden und funkelte Flint wütend an. Automatisch sanken die Schultern des anderen einige Zentimeter herab.
Wie bei einem geprügelten Hund , dachte Valerian und fühlte sich schuldig.
„Ich kann mich aber wirklich nicht erinnern“, murmelte Flint leise, den Blick auf die Bettdecke gerichtet. Seufzend strich er sich durchs Haar. „Ich träume eigentlich immer ähnliche Dinge. Manchmal liege ich gefesselt auf Zuggleisen.“
Oha … Déjà-vu!
„Oder ich stehe am Fenster meines brennenden Hauses und kann nicht raus. Oder ich sitze in einem Auto, das eine Klippe hinabstürzt.“
„Du hast Albträume.“
„Ja … schon … aber …“
„Aber was?“, unterbrach Valerian ungeduldig.
Wie kann man nur so langsam sein?
„Aber es sind keine normalen Albträume. Ich kann nicht aufwachen.“
„Ja, und? Das gibt es halt. Ich kann auch nicht aufwachen, wenn ich schlecht träume. Sonst hätte ich ja kein Problem damit.“
Valerian bemühte sich um ein Lachen. Es klang bemüht.
Flint verzog vorwurfsvoll das Gesicht und warf ihm einen kurzen Blick zu, ehe er wieder vor sich ins Nichts starrte.
„Das ist es nicht. Ich träume, dass ich sterbe.“
„Ja, und? Das gibt es schon mal.“
„Nein, das gibt es eben nicht!“, fuhr ihn Flint aufgebracht an. „Man kann nicht von seinem eigenen Tod träumen! Denk mal nach! Hast du schon jemals von deinem eigenen Tod geträumt?“
„Ich kann mir meine Träume eh nie merken“, murrte Valerian zurück. Insgeheim erinnerte er sich jedoch, gelesen zu haben, dass Menschen nicht von ihrem Tod träumen konnten. Spätestens während man sie im Traum umbrachte, wachten sie auf. Das menschliche Gehirn war nicht in der Lage, sich ein Leben nach dem Tode vorzustellen. Genau wie Menschen sich nicht die Ewigkeit vorstellen konnten. Es gab dafür einfach keine bildlichen Vorlagen. Wenn Flint jedoch tatsächlich von seinem Tod träumte, was genau träumte er da? Was passierte?
Als hätte Flint die gedachte Frage erahnt, schüttelte er abwehrend den Kopf und ließ sich erneut rückwärts aufs Bett fallen. „Ich möchte nicht darüber reden. Lass uns einfach schlafen.“
Valerian verzog unzufrieden das Gesicht.
„Das ist ja großartig! Meine Cola kannst du aussaufen, aber fürs Reden bist du dir dann zu schade!“
Flint drehte sich von ihm weg und zog die Decke über die Schulter. „Ich kauf dir morgen eine neue …“
Jetzt kam sich Valerian wieder ziemlich dumm vor.
Dieser blöde Kerl kann nicht mal eine einfache Frage beantworten. Dämlicher Psycho!
„Ach, vergiss es!“
Valerian legte sich wieder hin und sah an die Decke. Nun konnte er erst recht nicht schlafen. Zum Glück wusste er aber, wer daran schuld war. Das Leben war bedeutend einfacher, wenn man jemandem die Schuld geben konnte.
Wenn man mal darüber nachdachte, so war es wirklich skurril: Er, Valerian, war jemand, der nie würde sterben können. Natürlich nur gesetzt den Fall, er sollte nicht vor seiner „Wandelung“ sterben. Im Gegensatz dazu träumte Flint jede Nacht – da war Valerian sich sicher – von seinem eigenen Tod.
Verrückt! Einfach verrückt!
Kapitel 9
Schallendes Gelächter hallte ihnen entgegen, als Linda und Flint am nächsten Morgen den Speisesaal betraten.
Linda schmunzelte. „Meinst du, die Küche hat sich etwas Besonderes zum Frühstück einfallen lassen?“
Ein einsilbiges „Hm …“ war die einzige Antwort ihres Begleiters. Er war schon die ganze Zeit so missgelaunt.
Gestern Morgen hatten sie sich an der Treppe getroffen.
Es war nun eigentlich nicht mehr notwendig, dass er sie überall herumführte, denn sie kannte jeden Weg, den sie einmal zurückgelegt hatte. Doch Lindas Großmutter hatte ihr erzählt, dass
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