Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
kann ich dir helfen?“
Oh, also da gäbe es wirklich einige Möglichkeiten … Konzentration!
„Ich hatte gehofft, Sie könnten mir etwas über meine Bestimmung erzählen. Sir Fowler meinte, ich sei ein Unsterblicher.“
„Hm …“
Mytsereu lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und angelte nach ihrem Bleistift. Unwillkürlich spannte sich Valerian an.
Sieh ihr einfach in die Augen! In die AUGEN!
„Was weißt du denn bereits über die Unsterblichen, Valerian?“
„Nun, eigentlich nur, dass sie unsterblich sind. Dass sie nicht getötet werden können.“
Die Dozentin nickte leicht vor sich hin und tippte mit der Bleistiftspitze auf den Block. Eine Weile fixierte sie gedankenverloren die Wand, ehe sie sich ihm wieder zuwandte.
„Das ist nicht ganz richtig. Man kann Unsterbliche sehr wohl töten. Es gibt da … Gerüchte …“
Sie lächelte geheimnisvoll und erhob sich in einer fließenden Bewegung.
„Etwas zu trinken? Cola? Saft? Wasser?“
„Äh … Wasser. Danke!“
Kühl war gut! Kühl und nicht klebrig!
Sie platzierte zwei Gläser auf dem Tisch, die sie von einem Sideboard geholt hatte, und füllte sie. Valerian griff rasch danach und stürzte geräuschvoll einen großen Schluck seine Kehle hinunter. Er kam sich vor wie in einem Werbefilm. Am liebsten hätte er gerufen: Ah, wie erfrischend!
Mytsereu setzte sich wieder, nippte an ihrem Glas und hielt es wie abwesend weiter in ihrer Hand, als sie sprach: „Es heißt, dass einst ein Unsterblicher geköpft wurde. Dumm, wie die Leute damals waren, hatten sie geglaubt, er würde sich danach in Luft auflösen. Im Gegensatz zu einem Untoten, den der fehlende Kopf vermutlich wirklich aufgehalten hätte, lebte der Unsterbliche jedoch weiter. Unglücklicherweise hatten sie seinen Kopf aber bereits in einem Brunnen versenkt, weshalb er kopflos diesen Ort weiter heimsuchte.“
Valerian wäre beinahe der letzte Schluck Wasser im Hals stecken geblieben. Er hustete lautstark und es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder normal atmen konnte. Sie zog ihr perfektes Stupsnäschen kraus und machte ein verständnisvolles Gesicht.
„Wirklich nicht sehr schön, in der Tat … Eine modernere Variante war es, den Unsterblichen in Beton einzugießen. Das half natürlich, ihn festzuhalten, aber auch dieser lebte unglücklicherweise weiter.“
Valerian hatte langsam, aber sicher das Gefühl, dass ihm schlecht wurde. Das einzig Gute daran war, dass dies sein Durchblutungsproblem löste und seinem überhitzten Gehirn die Gelegenheit gab abzukühlen.
„Warum wollte man sie umbringen? Hatten sie irgendwelche Verbrechen begangen?“
„Oh nein! Nicht, dass ich wüsste … Weißt du, Valerian, nicht nur die Unsterblichen, sondern auch die anderen magischen Orden haben untereinander ein Abkommen geschlossen, nur im Geheimen zu agieren. Wir wurden schon immer wegen unserer Andersartigkeit verfolgt. Aus diesem Grund wurden Hexen, Magier und alles, was nicht zu den ‚gewöhnlichen Menschen‘ passte, gefürchtet, gehasst und man versuchte letzten Endes, sie zu vernichten.“
Sie nippte erneut an ihrem Glas und diesmal gelang es Valerian sogar für einen kurzen Moment, keine Spekulationen über die Weichheit ihrer Lippen anzustellen.
„Man hat also einfach versucht, sie zu töten, weil sie als unsterblich galten? War das so eine Art Sport?“
Valerians Stimme klang verärgert und Mytsereu betrachtete ihn mitfühlend.
„Versuch dir mal folgende Situation vorzustellen: Du und ein paar Freunde gehen in eine Kneipe und trinken etwas. Es ist lustig, ihr trinkt etwas mehr und irgendwann habt ihr zu viel getrunken. Dann wird eure Unterhaltung ausladender und irgendwann schlägt einer über die Stränge. Es kommt zu einer Schlägerei. Im Rausch haut einer dem anderen eine Bierflasche über den Kopf – und kann zusehen, wie die blutige Wunde sich vor seinen Augen wieder schließt.“
Valerian hatte den Blick gesenkt und starrte missmutig auf die Tischplatte. Er hörte, wie die Dozentin das Glas absetzte, sich erhob und hinter ihn trat. Als sie ihre Hände auf seine Schultern legte, war es, als hätte der Blitz eingeschlagen. Sofort schoss die Hitze zurück in seinen Körper und – schlimmer noch – breitete sich schneller aus als zuvor.
„Weißt du“, hörte er das leise Hauchen der Dozentin an seinem Ohr, „die Menschen halten sich heute für aufgeklärt und meinen, sie haben einen offenen Geist.“ Ihre Hände begannen, zärtlich seine Schultern zu kneten. „Doch in
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