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Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Titel: Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Förster
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was Damian Lichtenfels im Allgemeinen vom herrschenden Volksglauben hielt. Valerian rollte die Augen und beschäftigte sich mit dem Abschreiben.
    „Eine essenzielle ‚Wahrheit‘ fehlt jedoch in dieser Zusammenfassung. Geister leben nicht in derselben Realität wie wir. Sie leben in ihrer eigenen Welt und nehmen nur diese wahr. Aus diesem Grund haben Geister untereinander auch keinen Kontakt. Sobald sie jedoch in unsere Realität gerufen werden oder ihre eigene Realität die unsere überlagert, sind sie sehr wohl körperlich. Doch fahren wir fort: Im zweiten Satz wird uns berichtet, dass Geister ein Phänomen des Spuks sind beziehungsweise jenen hervorrufen. Die Formulierung ist so naiv, dass es einem fast das Herz erwärmen könnte.“
    Wenn man denn ein Herz hätte , dachte Valerian prompt.
    Die drei Freunde warfen sich eindeutige Blicke zu. Ein zweiter Blick durch den Raum verriet Valerian, dass seine unausgesprochene Meinung vom Großteil des Kurses ebenfalls vertreten wurde.
    „Es zeigt uns deutlich, dass gewöhnliche Menschen nur das beschreiben können, was sie selbst wahrnehmen.“
    Er betonte das Wort „gewöhnlich“ mit solch einer Abfälligkeit, dass er genauso gut „dämlich“ hätte sagen können.
    „Geister sind keineswegs Phänomene des Spuks! Der Satz impliziert, dass ihre Hauptaktivität der Spuk sei – und das ist völlig falsch! Spuk ist nichts weiter als ein sichtbarer Beweis eines Geistes und die übertrieben ängstliche Reaktion eines Sterblichen darauf. Ein sichtbarer Beweis – und das möchte ich hier betonen –, der äußerst selten vorkommt. Ein Geist existiert nicht nur, wenn der Schrank wackelt und ein Teenager mitten im Schlaf über dem Bett schwebt.“
    Boah! Cendricks Grinsen wird jede Minute breiter! Wenn der nicht aufhört, gehst du nach vorne und haust ihm sein Rituale-Handout um die Ohren!
    „Ein Geist existiert immer. Er kann allerdings nur von wenigen zu jeder Zeit wahrgenommen werden. Diese Exemplare der magischen Welt sind meist im Umbraticus Dicio vertreten – und die sind selten. Nicht wahr, Herr Maienbach?“
    Flint stand binnen weniger Sekunden im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Ein Zustand, den er nicht besonders schätzte. Der qualvolle Ausdruck, der sich auf seinem Gesicht breitmachte, unterstrich diese Tatsache deutlich.
    Prof. Lichtenfels schien nicht auf eine Antwort zu warten und weidete sich stattdessen am Unwohlsein des armen Flint.
    „Sagen Sie mir, Herr Maienbach, wie alt waren Sie, als Sie zum ersten Mal Geister sehen konnten?“
    Flint rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Es schien, als würde jedes Augenpaar, das auf ihn gerichtet war, seine Beklommenheit potenzieren. Schließlich hob er vage eine Schulter.
    „Sehr klein“, murmelte er.
    „Ist es nicht vielmehr so, dass Sie sie von Anfang an sehen konnten? So weit Ihre Erinnerung reicht?“
    Flint nickte stumm. Sein Blick bohrte sich in die Tischplatte.
    Damian Lichtenfels, du bist ein ekelhafter Advocatus Diaboli! Reservier dir diesen Staatsanwaltstonfall lieber für jemanden, der dir auch Kontra geben kann!
    „In der Entwicklungspsychologie werden wir noch hören, dass sich das menschliche Gehirn in der Regel an Ereignisse ab dem vierten Lebensjahr zu erinnern vermag. Wir können jedoch davon ausgehen, dass die Menschen mit Geistersicht bereits nach der Geburt mit dieser Gabe leben.“
    Er meint wohl „lernen, damit leben zu müssen“. Das war das erste Mal, dass Valerian darüber nachdachte, was es für Flint heißen musste, Geister zu sehen. Und das schon als Kind, völlig unreflektiert. Vielleicht hatte er Angst gehabt. Vielleicht hatten sie ihn gepiesackt.
    „Ist es nicht auch so, Herr Maienbach, dass Geister oft wahnsinnig werden in ihrem Versuch, an der eigenen Realität festzuhalten? Können Sie diese These bestätigen?“, setzte Lichtenfels erbarmungslos nach. Flints Gesichtsausdruck bestätigte, was sein Schweigen nicht vermochte.
    Oh Mann! Das ist heftig! Ein Wunder, dass er überhaupt wieder aus der Geschlossenen rausgekommen ist!
    In Lindas Augen war ein mitfühlender Ausdruck getreten. Sie dachte also etwas Ähnliches. Der restliche Kurs empfand ebenso, das konnte er an ihren Gesichtern ablesen. Selbst Cendrick senkte kurz den Blick, ehe er sich wieder seinem Lieblingsdozenten zuwandte. Der einzige emotional Unbeteiligte war – wen überraschte es – Prof. Lichtenfels.
    „Unnötig zu sagen, dass die Mitglieder jenes Ordens oft früh dem Wahnsinn

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