Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
Lichtenfels nicht einfach nur ansehen? Selbst wenn er darin ungeübt war, es sollte ihm keine körperlichen Schmerzen bereiten. Doch genau das schien es zu tun. Valerian wurde daraus nicht schlau.
Dann erinnerte er sich jedoch, dass Lichtenfels zu Flint gesagt hatte, er habe ein kleines Problem. Damals hatte sich Flint geweigert, ihn anzusehen. Okay, Flint hatte ganz sicher ein Problem, sonst würde er nicht voller Entsetzen den Dozenten anstarren. Aber warum? Was sah er denn so Grauenhaftes, wenn er Lichtenfels ansah? Nicht, dass allein schon dessen Anblick nicht ausgereicht hätte, um ins Koma zu fallen …
Es musste mehr dahinterstecken – und Lichtenfels wusste das! Vermutlich hatte Fowler eine Liste herumgegeben, damit sämtliche Dozierenden alles über die Studenten wussten. Jetzt hatte er Flint herausgefordert und der fühlte sich verpflichtet, ihn anzusehen. Und je mehr er fragte, desto länger würden diese Qualen andauern. Das war der Plan! Simpel und effizient! Lichtenfels wollte Flint bestrafen. Aber wofür?
„Was ist an aussehen, wie sie es wollen unausführlich?“
Flint hatte es geschafft, sich langsam, aber sicher in Rage zu bringen. Das Pochen an seiner Schläfe hatte sich verstärkt und er lief langsam rot an. Sonst hielt er sich prächtig.
Nur weiter so, Junge!
„Nun, Herr Maienbach, im Gegensatz zu Ihnen ist es für die restliche Magierwelt eine Besonderheit, einen Geist zu sehen. Sie sollten großzügig genug sein, uns andere daran teilhaben zu lassen. Beschreiben Sie doch zum Beispiel das Aussehen des letzten Geistes, den Sie sahen.“
Und in diesem Moment machte es Bing! bei Valerian. Er hatte eine Idee, wie er die Situation entschärfen konnte.
„Professor Lichtenfels, ich glaube, ich kann Ihnen da weiterhelfen. Zufälligerweise war ich dabei, als Flint seinen letzten Geist gesehen hat.“
Na ja, hoffst du zumindest …
Lichtenfels machte ein Gesicht, als hätte er gerade an einer vollen Windel gerochen.
„Wir suchen hier nach einer wissenschaftlich strukturierten Beobachtung und nicht nach den Fantasien eines talentlosen Unsterblichen.“
Valerians Plan war aufgegangen: Der Professor hatte den Augenkontakt abgebrochen! Neben ihm atmete Flint erleichtert auf.
„Ha, ha, Herr Professor! Witzig wie immer! Doch wenn ich talentloser Unsterblicher richtig zugehört habe, dann wählen Geister dasselbe selbst gewählte Äußere, ob nun materialisiert oder nicht. Daher bin ich der ideale Augenzeuge – es sei denn, es ist doch nicht von solch großem Interesse für die ‚restliche Magierwelt‘.“
Valerian überraschte seine Freunde nicht nur durch einen völlig gelassenen Tonfall, sondern auch mit einem dreisten Grinsen. Prof. Lichtenfels schien ebenfalls überrascht. So überrascht, dass er nicht schnell genug eine Antwort auf Lager hatte.
„Dachte ich mir doch, dass Sie da keine Einwände haben würden. Es lebe die Wissenschaft! Der Geist war farblos, transparent. Es sah aus, als hätte man Wasser in eine unsichtbare Form gekippt. Man sah, dass da etwas war – und auch die Formgebung, aber eben keine Materie. Es war im Übrigen ein kleines Mädchen, wie Sie sicherlich wissen. Es war ja Teil Ihrer Bestrafung für uns und Sie waren sogar selbst anwesend, wenn ich mich recht erinnere. Wir drei haben dem Kind geholfen, ins Licht zu gehen. Die Helden vom Dienst sozusagen.“
Er imitierte ein gekonntes Cendrick-Lächeln und war überrascht, wie gut es ankam. Und wie gut es sich anfühlte! Das Lächeln auf Prof. Lichtenfels’ Gesicht war eingefroren. Hätte man ihn geschubst, wäre er sicher nach hinten gekippt und am Boden zersplittert.
Eine nette Vorstellung! Musst du dir merken!
„Die Helden vom Dienst … in der Tat“, echote der Professor ironisch.
„Seien Sie bloß vorsichtig, Herr Wagner. Heldenmut ist schon vielen zu Kopf gestiegen. Und nur die wenigsten haben es überlebt …“
„Ach, Professor, als Unsterblicher habe ich da doch sicher einen Extrabonus.“
Valerian lächelte charmant und zwinkerte in Katharinas Richtung. Zu seiner grenzenlosen Verwunderung lächelte sie kurz zurück.
„Oh … sicher, wenn Sie es jemals bis zur ,Wandelung‘ überleben …“
Valerian wollte schon eine gepfefferte Antwort zurückschleudern, als es erst klopfte und sich dann die Tür öffnete.
„Entschuldigung, Professor“, meldete sich ein piepsiges Stimmchen, das der Sekretärin Luna gehörte. „Sie werden gebeten, ins Rektorat zu kommen. Es ist sehr dringend.“ Bei
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