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Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Titel: Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Förster
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sie „eins“ werden würden. Aber wollte sie das? Es konnte ein widerliches Gefühl sein, so tief in eine andere Person vorzudringen. Sie mochte es nicht, in diesem fremden Körper zu stecken. Wie würde es erst sein, wenn sie auch noch die Emotionen und Gedanken des anderen teilte? Wäre das nicht zu intim? Wäre es nicht … abstoßend? Was wäre, wenn diese Gefühle und Gedanken sie überwältigten und sie somit ganz die Herrschaft über die Vision verlor? Nur noch ohnmächtig dahintrieb, bis sie endlich erwachte? Wäre das ein akzeptabler Zustand? Andererseits konnte es nicht länger dauern als eine Nacht. In der Theorie. Eine Nacht war ein bedeutungsloser Verlust im Vergleich zu dem Gewinn, den sie erzielen könnte. Sie musste sich einfach nur überwinden. Doch das war leichter gesagt als getan. Es entsprach ihr nicht, sich gehen und alle Stricke loszulassen. Sie liebte die Kontrolle nicht nur, sie brauchte sie – und zwar sehr. Herrschaft über sich und in begrenztem Rahmen ihr Umfeld, das gab ihr Sicherheit. Doch ihr war klar, dass sie nicht beides würde haben können.
    Schließlich entschloss sie sich zu einem Kompromiss: Sie würde sich langsam in diese andere Person hineinversenken. Langsam. Schritt für Schritt. So konnte sie jederzeit wieder zurück. Nun – zumindest würde sie es versuchen können. Die Chancen standen so am besten. Also los!
    Langsam, wie in Zeitlupe, ließ sie sich tiefer sinken. Tiefer und tiefer, bis sie einen Sog spürte. Sie versuchte, sich zu halten, und als das nicht funktionierte, dagegen anzukämpfen.
    Ich muss wieder zurück! Muss mich losreißen!
    Doch es war zwecklos. Sie hatte losgelassen und nun trieb sie. Hilflos. Eine fremde Macht hatte die Kontrolle über sie gewonnen.
    Am liebsten hätte sie zornig aufgestampft. Jede Faser ihres Körpers begann zu schmerzen. Es nahm sich aus, als würde sie von allen Seiten zusammengepresst und obendrein noch unter Strom gesetzt. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Körper zuckte und sich krampfhaft wand, doch sie regte sich nicht. Dunkelheit hüllte sie ein und die Gewissheit, dass da gar nichts war.
    Kein Halt. Keine Hilfe.
    Ihr Verstand würde im Nichts enden, während ihr Körper immer noch regungslos in ihrem Bett verblieb.
    Ein heftiger Schlag von hinten ließ sie nach vorne rucken und – sie konnte wieder sehen! Doch mehr als das! Sie konnte riechen, ihre Haut fühlen, den Boden fühlen!
    Ihre Haut? Nein, das war nicht sie, der Unterschied war spürbar.
    Sie hatte es geschafft! Sie war in dieser fremden Frau! Beinahe hätte sie aufgelacht vor Euphorie, doch sie unterdrückte diesen Impuls. Endlich teilte sie die Empfindungen dieser Fremden. Es war völlig anders, als sie es erwartet hatte. Sie hatte gedacht, dass zwei Personen eine wären, doch so war es nicht. Sie hatte diesen anderen Körper übernommen. Der fremde Geist blieb ihr verschlossen, ja, sie konnte ihn nicht einmal fühlen. Hatte sie ihn vertrieben?
    Unwichtig! Ich muss mich auf das Wesentliche konzentrieren. Sag mir, wo du bist!
    Sie blickte sich um. Es war wie immer, doch hatte sie nun das Gefühl, als hätte man einen dämpfenden Umgebungsfilter entfernt. Die Farben waren satter. So intensiv wie in der Realität. Das war etwas Neues. Sie hatte die Farben früher immer als milchig und blass wahrgenommen. Jetzt war alles schärfer und klarer. Sie ging, wie so oft, mit den anderen durch den Wald. Der Wald war ihr unbekannt. Es gab nichts Markantes in der Umgebung. Sie trug die samtenen Kleider. Sie wusste, an welcher Stelle diese Frau den Saum des Gewandes heben würde, um über einen kleinen Ast zu steigen. Sie kannte jeden Atemzug. Doch zum ersten Mal hatte sie den Eindruck, wirkliche Kontrolle zu besitzen. Sie hatte losgelassen und als Belohnung Macht erlangt. Es war ein gutes Gefühl, das ihren Körper und Geist berauschte. Es lockte sie, diese neue Macht auszutesten. Sie konzentrierte sich und – hob die rechte Hand an ihre Wange. Das war nicht Teil der Vision! Es war ein Test gewesen!
    Die Reaktion war unmittelbar. Ein mächtiger Schlag von vorne stieß sie zurück und sie trieb wieder in der Dunkelheit. Im Nichts – wo der Schmerz auf sie wartete.

Kapitel 18
    Valerian atmete genüsslich die frische Luft ein. Das Kräuterkundeseminar war ganz nach seinem Geschmack. Er hatte zwar nicht den blassesten Schimmer, welche Heilkräfte diese Pflanze hier vor ihnen gerade hatte, aber mit einer kleinen Schaufel ein Loch buddeln und einen Setzling reinstopfen, das

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