Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
in erster Linie. Sie wollten sehen, ob ich einem Befehl gehorche, der mir nicht zusagt.
Wenn Cendrick an den Verlauf der Prüfung in den letzten Tagen dachte, dann war es dringend notwendig, dass er sich voller Elan einsetzte. Und doch wollte das nagende Gefühl sich nicht abschütteln lassen, dass er gerade zu viel für seine Ziele geopfert hatte.
Kapitel 47
Die Tabletts vom Mittagessen waren gerade wieder abgeholt worden und die Patienten nun allein auf ihren Zimmern. Graciano wollte es noch einmal mit dem Vorsprechen bei Mario Petzold versuchen.
Jeder hat eine zweite Chance verdient. Und wenn es sein muss, dann auch noch eine dritte und eine vierte , dachte er.
Ihm war bewusst, dass auch er in seinem Leben immer wieder neue Chancen von Gott erhalten hatte.
„Guten Tag, Herr Petzold. Erinnern Sie sich an mich? Ich bin Graciano Fernandez“, stellte er sich dem Patienten zum zweiten Mal vor.
„Der Klempner“, nickte der andere.
„Praktikant in der Seelsorge“, bestätigte der junge Mann.
„Sie wollen sicher wieder von Ihrem tollen Buch erzählen …“
„Wenn ich darf, ja.“
„Ich hab Ihnen doch schon mal gesagt: Wenn du dir etwas wirklich wünschst und darum bittest, dann ist Gott der Kerl, der dich ignoriert. So einem Kerl habe ich nichts zu sagen. Mit Gott bin ich schon lange fertig. Schauen Sie sich doch mal diese verpfuschte Welt an! Hier geht alles den Bach runter! Und ich? Ich sterbe eh bald. Was interessiert mich dann noch dieses heilige Gequatsche? Das ist alles so hoffnungslos!“
Graciano senkte den Blick. Was sollte er auf so viel Bitterkeit antworten? Wer war er schon, um von seiner eigenen Hoffnung zu sprechen? Er war nicht derjenige, dessen Lunge sich zunehmend in Schleim verwandelte. Hatte er nicht leicht reden? Wie würde es um seinen eigenen Glauben bestellt sein, wenn er in so einem Bett liegen müsste? Wäre er dann immer noch stark und voller Vertrauen? Würde er immer noch an Gottes unendliche Güte und Liebe glauben? Erschien das nicht eher wie purer Hohn im Angesicht eines schmerzvollen und langwierigen Todes?
Ja, das ist alles so hoffnungslos.
Doch dann schossen ihm Worte durch den Kopf und wie von selbst öffnete sich sein Mund: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“
Noch während er das sagte, fiel ihm ein, dass diese Worte von Jesus gesprochen worden waren, als er seine Jünger unterwiesen hatte. Allein der Gedanke schenkte ihm etwas und so sah er seinem Gegenüber direkt in die Augen, als dieser voller Skepsis meinte: „Aha. Und was soll das bedeuten?“
„Es bedeutet, dass Gott Sie oder mich niemals ignoriert. Er respektiert nur das Bitte-nicht-stören-Schild an unserer Tür. Es ist niemals er , der uns auf Distanz hält. Wir sind es, die Abstand von ihm suchen und leben.“
„Alles klar. Also wenn ich Gott fragen würde: ,Kannst du mich bitte wieder gesund machen?‘, dann würde er das tun?“
Das schadenfrohe Gelächter ging in röchelnden Husten über.
So richtet sich jeder selbst , dachte Graciano und war erschrocken über seine harten Gedanken.
„Gott ist kein Selbstbedienungsladen. Nur weil er uns gerne und reichlich beschenkt, heißt das nicht, dass wir tun und lassen können, was wir wollen, und am Schluss wird alles rückgängig gemacht. Uns wurde ein freier Wille geschenkt. Mit diesem Geschenk dürfen wir machen, was wir wollen. Auch uns von Gott abwenden und …“
… und in unser Verderben rennen.
Beinahe hätte der angehende Wächter es laut ausgesprochen. Zum Glück hatte er sich rechtzeitig bremsen können. In seinen Augen aber konnte der Patient die gedachten Worte lesen.
Mario holte tief Luft, um zu einem Donnerwetter auszuholen. Doch in dem Moment brach das Chaos rings um sie herum los. Auf dem Stockwerk gellte der Alarm.
Am Nachmittag machte sich Tamara erneut auf, um den Elementar zur Mitarbeit zu überreden.
Diesmal muss ich anders vorgehen , nahm sie sich vor. Erpressung zieht bei dem kleinen Kerlchen offenbar nicht. Vielleicht kann man ihm ja mit Logik kommen …
Sie setzte sich an derselben Stelle wie am Morgen ins Gras und begann sich in Trance zu versenken. Es dauerte eine Weile, doch dann entdeckte sie den kleinen Grasbewohner zwischen zwei Gänseblümchen.
Auf geht’s!
„Also, Pimpfi, ich glaube, wir haben das vorhin falsch angefangen. Versuchen wir
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