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Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)

Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)

Titel: Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Förster
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funktionierte alles einigermaßen gut. Ramona wurde ruhiger. Sie hatte mit knapp zwanzig zwar keine klaren Momente mehr, aber sie war nun sanft wie ein Lamm.“
    Er biss sich auf die Unterlippe und ballte die Fäuste. Immer wieder wogten Gefühle in ihm auf, die so heftig waren, dass sie ihn zu überwältigen drohten.
    Ich werde das bezwingen. Ich bin stärker. Ich kann darüber reden.
    „Doch etwas veränderte sich“, sprach Desmondo leise.
    „Ja. Anderthalb Jahre lang wuchs in meiner Schwester eine innere Unruhe. Sie wurde aggressiv und laut, jedoch nie gewalttätig. Niemand hatte mit so einem Ausbruch gerechnet. Niemand!“
    Seine Worte flehten fast, dass man ihn von seiner empfundenen Schuld freisprach.
    „Ich nehme an, dass Ihrer Mutter die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten einer Verschmelzung bekannt waren. Sie wusste, dass dabei eine Grenzüberschreitung stattfindet. Ich kann mir zwar vorstellen, dass eine Tochter freiwillig ihre Mutter in ihren Geist einlädt, doch was das Vergraben des Suizidwunsches angeht, so handelte es sich dabei eindeutig um eine Verletzung und übergriffige Handlung.“
    Desmondos Stimme war gewohnt nüchtern und unbewegt. Es trieb Flint fast zur Weißglut. Wie kann er es wagen?!
    „Es war die einzige Lösung! Der einzig mögliche Weg! Was hätte sie sonst tun sollen?“, rief er aufgewühlt.
    Flint war lauter geworden, als er es vorgehabt hatte, doch Desmondos Worte gingen ihm zu nahe.
    Habe ich Katharinas Grenzen verletzt, als ich mit ihr die Geistesverschmelzung vornahm – oder hat sie mich in ihren Geist eingeladen? Will er das damit andeuten? Er hat schon früher etwas in die Richtung gesagt. Will er, dass ich das bereue? Ich habe ihr doch das Leben gerettet! Kann das Vorgehen so falsch gewesen sein?
    Die Fragen verfolgten ihn. Cat hatte nie etwas anderes außer Dankbarkeit geäußert. Doch dem jungen Geisterseher war nicht entgangen, dass es seit einiger Zeit zwischen ihnen etwas Besonderes gab – eine Verbindung.
    Ist das möglich?
    „Es war der einzig mögliche Weg!“, wiederholte der Student hitzköpfig. Aber er merkte, dass er das mehr für sich als für den Professor sagte.
    Desmondo überging seine Äußerung und fuhr fort: „Ich vermute, dass sich der vergrabene Wunsch Ihrer Schwester zu einem immer größer werdenden Druck aufgebaut hat und schließlich zu … einem Konflikt führte. Einem Konflikt, mit dem sie nicht länger umgehen konnte.“
    Er nennt es „einen Konflikt“?
    Die kühle Distanz hinter diesem Ausdruck ließ Flint zusammenzucken. Der Tod seiner Mutter war als „Trauerspiel“, als „tragisches Unglück“, als „Schicksalsschlag“ und (natürlich) als „Mord“ bezeichnet worden. „Konflikt“ war ein sehr sachlicher Begriff. Der junge Mann wusste nicht, ob er dem Professor dafür dankbar oder wütend auf ihn sein sollte.
    „Sie hat also mit Gewalt reagiert?“, wollte Desmondo von seinem Studenten wissen.
    „Ja. Doch diesmal nicht auf sich, sondern auf ihre Umwelt gerichtet.“
    „Hat sie auch Sie angegriffen?“
    „Nein. Physisch gewalttätig habe ich sie vor diesem Ausbruch nie erlebt.“
    „Vielleicht waren Sie nur nie Augenzeuge gewesen?“, überlegte der Professor laut.
    Betroffen senkte Flint den Blick.
    Ich hätte es kommen sehen müssen. Doch ich habe lieber die Augen verschlossen.
    Zum ersten Mal schämte sich der junge Mann, dass ihm seine Zurückgezogenheit wichtiger als das Befinden seiner Familie gewesen war. Er dachte darüber nach, wie oft er alleine in seinem Zimmer gesessen und praktisch nichts von dem Treiben vor seiner Tür mitbekommen hatte. So war es, wie er es immer gewollt hatte. Keine Störungen. Niemand, der ihm reinredete, und nicht eine Menschenseele, mit der er sich auseinandersetzen musste. Ja, es war möglich, dass sich in der Wohnung mehr zutrug, als er je mitbekommen hatte. Er konnte es nicht mit Sicherheit ausschließen. Er hatte die Außenwelt mit Kopfhörern und PC-Spielen ausgesperrt.
    „Was ist mit Ihrem Vater? Wusste er von den Fähigkeiten seiner Frau und Kinder?“
    Desmondos Stimme holte Flint aus seinen Gedanken zurück.
    Er schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht. Er hat meine Mutter wohl als schreckhaft und mich als Einsiedler wahrgenommen, mehr nicht.“
    „Wie steht es mit Ihrer Schwester? Was hat er über sie gedacht?“
    „Als Kind war sie wohl vollkommen normal. Erst als sie in die Pubertät kam, veränderte sie sich. Mein Vater ging vermutlich davon aus, dass sie verrückt sei,

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