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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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lächelt zur Begrüßung. Dann erstarrt seine Mimik. Sein Blick ist konzentriert und teilnahmslos zugleich. Er ist sehr umgänglich, aber nicht wirklich zugänglich. Obermann rührt in einer Tasse Kaffee und sagt, dass er das Gespräch am liebsten abgesagt hätte, so müde sei er.

    Wie sah Ihre Woche aus?
    Am Sonntag war ich in Finnland, Montagmittag kam ich zurück, dann am Dienstagabend in die USA , Donnerstagmorgen zurück. Und gestern hatten wir eine Veranstaltung in Berlin, da bin ich abends noch hierher geflogen.
    Ist das eine normale Woche für Sie?
    So ziemlich. Ich bin vielleicht die Hälfte der Zeit im Büro, die andere unterwegs. Gestern konnte ich nur wegen der Zeitverschiebung nicht einschlafen, ich bin ziemlich übermüdet.
    Wie viele Stunden arbeiten Sie?
    60 , 70 Stunden. Manchmal auch 80 . Es kommt darauf an, was man als Arbeit bezeichnet. E-Mails am Abend zwischen zehn und elf – ist das Arbeit, wenn parallel die Nachrichten laufen? Ist ein Abendessen mit Leuten, mit denen man übers Geschäft redet, Arbeit? Oder ist Fahrzeit Arbeit? Dann, würde ich sagen, sind es 80 Stunden.
    Wie viel schlafen Sie?
    Ich brauche eigentlich sieben Stunden Schlaf, mindestens, um richtig ausgeruht zu sein. Unter der Woche komme ich im Schnitt vielleicht auf sechs.
    Das holen Sie am Wochenende dann nach?
    Manchmal. Ich schlafe am Wochenende zwar mehr, aber das Gefühl, ein leichtes Defizit zu haben, begleitet einen ständig.
    Zum Mythos machtvoller Positionen gehört dieses »Sofort-schlafen-Können«. Von Helmut Kohl hieß es, der steigt ins Auto, ins Flugzeug, in den Hubschrauber und ist sofort weg.
    Das mag sein, ich kriege das leider nicht hin.
    Nehmen Sie dann Schlafmittel?
    Nein, um Gottes willen! Mache ich nicht.
    Wie steht’s mit dem Aspirin morgens, um in den Tag zu kommen?
    Nicht täglich. Täglich ist nicht gesund. Das greift den Magen an. Aspirin nehme ich wirklich nur, wenn ich übermüdet bin und Kopfschmerzen habe.
    Und wenn Sie irgendwas brauchen, um wach zu werden?
    Ich trinke Kaffee. Wahrscheinlich auch zu viel.
    Ohne ein gutes Maß an körperlicher und seelischer Robustheit kommt man in Ihrer Position nicht aus.
    Das ist absolut so.
    Gab es einen bestimmten Moment, an dem Sie gemerkt haben: Sie sind ziemlich belastbar?
    Das hat sich eher über die letzten 20 Jahre entwickelt. Als ich den Vorstandsvorsitz übernommen habe, bin ich manchmal nachts um vier Uhr aufgestanden. Da konnte ich auch kaum mal länger als vier, fünf Stunden durchschlafen. Jetzt stehe ich häufig immer noch zwischen fünf und sechs Uhr auf. Sie müssen sich in so einer Position schon voll einsetzen.
    Sie haben kaum geschlafen, sind übermüdet, haben vielleicht noch Kopfschmerzen – wie motiviert man sich in so einer Situation?
    Das geht nur über die Sache. Ein Beispiel: Vor einer Woche waren wir bei großen Investoren in den USA . Da hat man sechs bis acht Präsentationstermine an einem Tag – den ersten eine Stunde nach der Ankunft in New York. Also bloß duschen und umziehen.
    Kennen Sie nicht das Gefühl, einfach keine Lust zu haben? Dass einen das vollkommen lähmt?
    Sie haben ja die Termine, dazu den Druck, die Dinge voranbringen zu müssen. Das ist dann keine Frage der Lust mehr.
    Lust ist die beste Motivation.
    Das ist idealtypisch so, da haben Sie Recht. Aber leider entspricht es nicht immer dem Leben.
    Gibt es Momente, in denen man abschalten kann? Am Wochenende, im Urlaub?
    Komplett abschalten? Eher selten. Ich kann mich zum Beispiel an einen Sommerurlaub mit der Familie erinnern, da war ich bis zu sechs Stunden am Tag beschäftigt, in Telefonkonferenzen, am Computer. Keine familiäre Glanzleistung.
    Das ist so, seitdem Sie Telekom-Chef sind?
    Nein, auch schon vorher, als »einfacher Vorstand«. Ich habe es nie wirklich hinbekommen, im Urlaub richtig Urlaub zu machen.
    Dabei hätten Sie es als Vorstandsvorsitzender jetzt in der Hand.
    Kann man so sehen – aber eigentlich hat man es weniger in der Hand, das ist paradox. Denn die Anforderung, immer präsent zu sein, ist wesentlich höher als früher.
    Ist es der Traum eines Telekommunikationsmanagers, einmal nicht erreichbar zu sein?
    Das wäre schon fast unverantwortlich. Es laufen einfach zu viele Sachen auf einen zu, auf die man reagieren muss. Das geht eben nicht anders. Sich als Vorstandsvorsitzender komplett unerreichbar zu machen, das ist aus meiner Sicht Romantik.
    Ein Vorstandsvorsitzender erzählte uns, die entspannendsten Stunden in diesem Jahr seien

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