Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
Vom Netzwerk:
der Nachmittag gewesen, als das Mobilfunknetz der Telekom ausgefallen ist. Er ist Kunde bei Ihnen und war einfach drei Stunden nicht erreichbar.
    Die Ruhe gönne ich ihm. Für mich war der Tag der GAU , da ging es an den Lebensnerv der Firma. Millionen unserer Kunden konnten nicht mehr kommunizieren. Große Teile unseres Netzes standen still. Da bekommt man ja selber einen Herzinfarkt.
    Was haben Sie gemacht?
    Ich habe versucht, keinen zu kriegen. Die Fehlersuche dauerte Stunden. Da kuckt nachher die ganze Nation auf Sie, und am nächsten Tag ist es Thema in der Bild -Zeitung.
    Konnten Sie technisch nachvollziehen, was passiert war?
    Ich wusste grob, welche Komponenten betroffen waren. Die Details musste ich mir aber von unseren Technikern erklären lassen.
    War das ein Gefühl von Ohnmacht?
    Nein – auf solche Momente sind wir grundsätzlich ja vorbereitet. In so einer Situation müssen Sie darauf achten, dass die richtigen Leute an Bord sind, dass das Notfallprogramm systematisch mit hohem Druck abgearbeitet wird. In diesem Fall ist es trotz dreifacher Sicherung passiert. Grund war ein Softwarefehler, das hat der Lieferant auch eingeräumt.
    Die Telekom-Kunden wurden später mit freien SMS entschädigt. War das Ihre Idee?
    Das haben sich die Leute von T-Mobile überlegt. Ich kann da nur sagen: »Habt ihr gut durchgedacht, finde ich eine gute Idee.«
    Sie waren ursprünglich das, was man einen Selfmademan nennt, Sie haben mit 23 eine eigene Firma gegründet. Jetzt sitzen Sie an der Spitze eines anonymen Konzerns mit 260000 Mitarbeitern. Wie unterscheidet sich das Arbeiten?
    Die Zeiten, in denen ich selbst mit drei Mitarbeitern Werbeflyer an den Ausfahrten von Parkhäusern verteilt habe, sind tatsächlich vorbei. Heute ist alles viel, viel indirekter. Im Vorstand sind wir acht Leute, die werden bei weitreichenden Entscheidungen alle eingebunden. Wegen der in einem börsennotierten Unternehmen immer mitschwingenden Rechtsrisiken sind Sie zu einem hohen Maß an formaler Präzision verpflichtet. Sie müssen oft Gutachten einholen, Analysen machen, mitunter nochmal zusätzliche Beurteilungen und Anfragen. Das ist ein komplexer Prozess. Früher überlegte man kurz und sagte: »Ja okay, machen«; dann ging einer los, suchte eine geeignete Räumlichkeit, und drei Monate später war die Idee umgesetzt.
    Gibt es solche Momente noch: Sie haben eine Idee, und wenig später wird die umgesetzt?
    Vielleicht wenn sich unerwartet aus einem Abendessen mit einem Kunden etwas ergibt. Dann rufe ich meinen Kollegen an, wenn der noch erreichbar ist, oder schicke ihm eine E-Mail und berichte davon, auch gerne um zehn, elf Uhr abends.
    Was passiert dann?
    Wenn das auf die Vorstandsagenda gehört, dokumentiere ich das Thema für mein Büro. Dann kommt es bei uns auf den so genannten »Monitor« und wird in Wiedervorlagesysteme eingegeben.
    Das klingt wie das langsame Sterben einer Idee.
    Nein, es ist Systematik, anders geht es in einem so großen Unternehmen nicht. Aber es ist eher selten, dass ich spontane Ideen habe, die gleich am nächsten Tag zu einem Produkt oder zu einer Initiative führen. Es geht mehr darum, Projekte wie zum Beispiel die Zusammenlegung des Mobil- und Festnetzgeschäfts anzuschieben. Bis so etwas gemacht ist, alle Analysen, Diskussionen, Beschlüsse, und bis das schließlich umgesetzt ist, liegen manchmal Jahre dazwischen.
    Macht einen das nicht manchmal wahnsinnig?
    Dazu habe ich gar keine Zeit. Wir stecken mitten in einem riesigen Transformationsprozess. Von einer manchmal noch durch die Relikte eines ehemaligen Staatsmonopolisten geprägten Firma hin zu einem effizienten und modernen Service-Unternehmen.
    Als Sie vor zweieinhalb Jahren den Vorstandsvorsitz übernahmen, haben Sie den mangelhaften Service der Telekom zu Ihrem wichtigsten Thema gemacht. Wie lange dauert es, so einen Missstand zu beheben?
    Das ist eine gigantische Maschinerie, um die 250000 Servicefälle täglich allein in Deutschland, die wir zu lösen haben – vom defekten Anschluss bis zum Umzug eines Kunden. Wenn Sie parallel zur Qualitätsverbesserung auch Kosten senken müssen, wird die Aufgabe noch langwieriger. Wir sind schon besser geworden, aber für das gesamte Unternehmen ist es ein Prozess von fünf bis sechs Jahren, bis wir die beste Servicefirma sind.
    Was ist Ihre Rolle dabei?
    Ich muss die Anstöße geben, Strategie und Vorgehen festlegen, die Entwicklungen beurteilen. Aber das Wichtigste bei meiner Arbeit ist es, zusammen mit meinem

Weitere Kostenlose Bücher