Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
Regierung, den Ausstieg aus der Atomkraft und jetzt in der Wirtschaft, mit Evonik, den Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau.
Ich wehre mich dagegen, dass ich den Atomausstieg zu Papier gebracht hätte.
Sie waren der Verhandlungsführer der Regierung Schröder bei den Atomgesprächen.
Man kann es ja mal andersherum sehen: Was die Grünen Sofortausstieg nennen, heißt, dass die Energieunternehmen die Kernkraftwerke 33 Jahre weiter betreiben dürfen. Ich habe den Atomkonsens unterschrieben in der Überzeugung, Zeit zu gewinnen. Falls die Kernenergie vollkommen überflüssig sein wird, ist es halt so. Oder die Notwendigkeit wird sich immer deutlicher zeigen, dass wir sie brauchen, dann stehen irgendwann auch die Grünen an der Spitze der Bewegung, damit wir neue AKW s kriegen – wie in Schweden.
Sie sind kein Kernkraftgegner.
In allem, was ich publiziert habe, werden Sie ein klares Bekenntnis zur Kernkraft finden.
Warum stecken Sie dann so viel Kraft in die Abschaffung von etwas, das Sie sogar befürworten?
Wenn eine Technologie auf absehbare Zeit keine Akzeptanz in der Bevölkerung findet, kann man sie nicht weiterführen. Dann muss man sehen, dass man sie für alle Beteiligten anständig beendet, falls man keine neue breite Akzeptanz schaffen kann. Ähnliches gilt für die Steinkohleförderung.
Zum Abschluss Ihrer Karriere wollten Sie Chef der so genannten Kohlestiftung werden, unter deren Dach die Kohlegruben der RAG bis zu ihrer Abwicklung zusammengefasst sind. Dazu wurden Sie im vergangenen Jahr bei Angela Merkel im Kanzleramt vorstellig. Merkel, so stand zu lesen, habe zu Ihnen gesagt: Chef der Kohlestiftung sei nicht drin, aber Chef von Evonik sollten Sie bleiben.
Frau Merkel wählte da schon ein bisschen zartere Worte. So hat sie es vielleicht gedacht, aber sie hat es bewundernswert einfühlsam rübergebracht.
Es entstand jedenfalls der Eindruck, dass sie klarzustellen wusste, wer der Mächtigere ist.
Sie sagte mir, sie würde mich in der Kohlestiftung auch durchsetzen, aber das wäre ein ziemlicher Kraftakt, und hinterher würden nur Verletzte auf dem Feld herumliegen. Also würde sie mir das Angebot machen, ich solle verzichten und einen Freund nennen, der die Aufgabe genauso gut bewältigen könne. Den setze sie durch. Da habe ich gesagt: »Da kann ich Ihnen einen sagen, der ist sogar CDU -Mitglied.« Sie antwortete: »Das ist nicht notwendig.«
Sie halten nicht viel von Parteipolitik.
Ohne Parteien geht es nicht, also muss man sie grundsätzlich unterstützen. Doch wenn mich einer als Minister um einen Gefallen bat, der mir einleuchtete, erfüllte ich ihn, egal welcher Partei derjenige angehörte.
Sie haben bei Ihrer Verabschiedung als Minister in Ihrem Ministerium Schubert spielen lassen.
Ja, die »Winterreise«, gesungen von Thomas Quasthoff. Und das erste Lied beginnt mit den zwei Zeilen: Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh’ ich wieder aus.
Damit wollten Sie bestimmt etwas sagen.
So ein Ministerium bleibt einem immer etwas fremd. Weil man letztlich zu kurz da ist, und die Leute wissen das, was man auch spürt: die haben schon viele Minister erlebt. Da kommt auch wieder der nächste.
Wo hatten Sie mehr Macht: als Wirtschaftsminister oder als Konzernchef?
Ich glaube, dass ein Eon- oder auch ein Evonik-Chef grundsätzlich mächtiger ist. Aber Sie können auch als Minister einen Konzernchef in die Knie zwingen. Wenn Sie es wirklich darauf anlegen. Man kann das bei der Bahn beobachten.
René Obermann
»Wenn ich nachts wach werde, geht sofort der Film los«
Drei Jahre ist René Obermann erst an der Spitze der Telekom, und er ist schon einer der bekanntesten Manager Deutschlands: Inbegriff einer neuen Generation von Unternehmenschefs, Lebensgefährte der Moderatorin Maybrit Illner, Gesicht eines Unternehmens, an dem sich in regelmäßigen Abständen der Ärger von Millionen Kunden entlädt. Nur dass diesem Gesicht nichts davon anzusehen ist. Selbst dann nicht, wenn, wie im Sommer 2007 , zehntausende Telekommitarbeiter streiken – so viele wie niemals zuvor in der Unternehmensgeschichte.
René Obermann ist von einer seltsam synthetischen Attraktivität. Als man ihm in der Berliner Telekom-Repräsentanz begegnet, sucht man deshalb sein Gesicht als erstes nach Spuren von gelebtem Leben ab, auch von Strapazen, die eine Vorstandstätigkeit mit sich bringt, und: findet nichts. Seine Haut leicht gebräunt. Die Hundefalten um den Mund ein wenig tiefer, als man das im Fernsehen sieht. Er
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