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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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war glitschig von dem Nebel, der über dem Zwielichtwald lag. Auch mit einem gesunden Arm musste er aufpassen, dass er nicht böse stürzte.
    »Ist doch wohl besser, unsereins sucht einen Platz, wo wir sicher sind, Herr und Gebieter«, sagte Skurn, als redete er einem Kind zu. »Ruhen uns ein bisschen aus. Ihr seid müde, seid Ihr, und Müdigkeit macht Fehler, wie unsere alte Mutter immer sagte.«
    Barrick sah sich um. Er war lange gelaufen, vom Gefühl her nahezu einen ganzen Tag, immer dem nach, was Skurn als den besten Weg zur Stadt Schlaf und ihren furchterregenden Einwohnern in Erinnerung hatte — jenen Wesen, die der Rabe die Nachtmänner nannte. Es sprach wohl nichts dagegen, Rast zu machen, zumal, wenn ihnen eine Horde Seidenwickler folgte. Er konnte ja die Wurzeln rösten, die er am Morgen ausgegraben hatte, wodurch sie immerhin etwas mehr wie richtiges Essen schmecken würden: Er hatte inzwischen in diesem Wald verschiedene Dinge entdeckt, die er herunterbringen und bei sich behalten konnte, doch sie am Feuer zuzubereiten, machte es eindeutig leichter.
    »Nun gut«, sagte er. »Such mir ein Plätzchen, wo ich Fels im Rücken habe.«
    »Klug seid Ihr, so klug. Wird ein hilfreiches Plätzchen finden, unsereins.« Der Rabe schwang sich schwerfällig durchs Blätterdach empor und außer Sicht.

    Das Problem war, dachte Barrick im Kauen, dass diese bleichen, wässrigen Wurzeln durch das Rösten zwar etwas mehr wie Essen schmeckten, aber noch lange nicht wie gutes Essen.
    »Könntest du uns nicht ein Ei oder so was beschaffen?«, fragte er. »Ein Vogelei?« Er hatte gelernt, wie wichtig es war, sich präzise auszudrücken.
    Der Rabe wandte sich ihm zu. Die Beine irgendeines Krabbeltiers, das er unter einem Baumstamm hervorgezerrt hatte, zappelten noch in seinem Schnabel. Er legte den Kopf zurück und schluckte, bedachte dann Barrick mit einem vorwurfsvollen Blick.
    »Hat Skurn nicht gesucht und gesucht? Hat unsereins Euch nicht das Beste angeboten, was zu finden war, und nicht mal was davon für sich behalten wollen?«
    Das »Beste« war eine riesige, weiche Larve gewesen, so groß wie Barricks Daumen, bleich und wächsern wie eine Kerze und grünliche Flüssigkeit absondernd, wo Skurns Schnabel sie zu fest gezwickt hatte. Er hatte dem Raben für seine Großzügigkeit gedankt und ihm das Ding zurückgegeben.
    »Schon gut. Diese Wurzeln tun es auch.« Er legte drei weitere vorgetrocknete Aststücke ins Feuer und begann dann, die Spitze seines zerbrochenen Speers mit einem Stein zu schärfen. Er war immer noch hingerissen von dem Gefühl, zwei Arme zu haben, die nicht wehtaten.
    »Erzähl mir noch eine Geschichte«, sagte Barrick nach einer Weile. »Wie ging es mit Krummling weiter, nachdem er die Götter ins Reich seiner Großmutter geworfen hatte?«
    »Urgroßmutter«, sagte der Rabe und sah sich um, als könnte vielleicht noch etwas Schnabelgerechtes vorbeigekrabbelt kommen. »Es war seine Urgroßmutter Leere. Sie zeigte Krummling all ihre Tricks des Kommens und Gehens.«
    Finde Krummlingshall,
hatten ihm die Schläfer aufgetragen. Krummlingshall, Krummlings Straßen, Krummlings Tür — erwarteten sie wirklich von Barrick, dass er reiste, wie die Götter reisten? »Und? Wie ging es mit ihm weiter? Wurde er der König der Götter?« Aber Krummling, der für Barrick bisher immer Kupilas geheißen hatte, war doch nur ein minderer Gott, oder? Im Buch des Trigon kam Kupilas nur als der schlaue Schutzpatron der Schmiede und Waffenbauer vor.
Und der Ärzte,
fiel ihm ein.
Chaven hatte eine Statue von ihm in seinem Haus.
»Was geschah, nachdem er Kernios getötet hatte?«
    »Ist unsereins ein Nachtmann, voller Geheimnisse?«, sagte der Vogel leicht entrüstet. »Weiß unsereins alles, was die Erstgeborenen wissen? Und getötet hat Krummling sowieso keinen. Hat den Erdherrn und die anderen dorthin geworfen, wo sie für immer schlafen.«
    »Aber was wurde aus Kupilas? Krummling? Was wurde aus ihm?«
    Skurn zuckte auf Rabenart die Achseln, indem er das Nackengefieder sträubte wie eine Halskrause und mit dem Kopf wackelte. »Weiß nicht. War bös verwundet vom Speer des Erdherrn. Auf den Tod, sagen manche. Kennt die Geschichte nicht weiter, unsereins. Mehr hat Mutter nie erzählt.«
    Und damit musste sich Barrick zufriedengeben.

    Er glitt gerade in den Schlaf hinüber, als plötzlich etwas auf seiner Hand herumstupfte, etwas Hartes und Spitzes. Ein Schnabel.
    »Psst!« Der Rabe hockte geduckt neben ihm, das gesamte

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