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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gesicht, bis es zischte und blubberte. Hohe Peinlaute ausstoßend, ließ ihn der Seidenwickler los, zerrte blind an seinem eigenen Kopf, taumelte davon und prallte gegen einen Baumstamm. Er lag einen Moment zuckend am Boden und kroch dann ins Unterholz, schlingernd wie ein Besoffener.
    Barrick fasste das Speerstück fest und schlug sich auf die Brust. »Kommt nur her?«, rief er den geisterhaften Gestalten zu, die immer noch über ihm in den Baumkronen umherhasteten. »Kommt doch?«
    Zwei weitere sprangen herab, dann eine dritte. Skurn tauchte aus dem Nichts auf und krallte auf den Seidenwickler ein, der Barrick am nächsten war, was Barrick Zeit gab, die Fackel nach der Kreatur zu schwingen, wobei er um ein Haar den Vogel versengt hätte, der sich erschrocken krächzend wieder emporschwang. Die Seidenumhüllung des Monstrums fing kein Feuer, doch Barrick stach mit der Speerspitze so heftig auf den Seidenwickler ein, dass die schwarze Flüssigkeit hervortrat, fuhr dann herum und fing den nächsten Angreifer mit der flammenden Fackel ab. Er konnte nicht sagen, wie viele Seidenwickler ihn umringten oder wie der Kampf stand, aber er roch den scheußlichen, salzigen Gestank der brennenden Kreaturen. Er begann zu lachen, während er mit Speerspitze und Fackel auf alles einstieß, was sich bewegte. Aus dem Augenwinkel sah er Skurn flatternd in die Lüfte flüchten. Barrick lachte nur noch lauter.

    Ob es eine Stunde gedauert hatte oder nur Augenblicke, vermochte Barrick nicht zu sagen. Der letzte noch lebende Seidenwickler lag zu seinen Füßen und versuchte, die langsam aus dem weit aufgeschlitzten Bauch hervortropfenden Innereien zurückzudämmen. In einer Art Kampfesrausch ließ Barrick den Speer fallen, packte den seidenumhüllten Kopf der Kreatur und quetschte ihn zusammen wie eine faulige Melone. Er zerrte den Seidenwickler hoch und rammte ihm dann die Fackel ins weite, klebrige Auge.
    »Stirb, du Dreckskerl!« Er drückte ihn mit dem Fuß zu Boden, bis der Seidenwickler dafür zu heiß loderte. Drei weitere Seidenwickler lagen bewegungslos und schwarze Flüssigkeit verströmend da, und in den Bäumen regte sich nichts mehr.
    Barrick blickte auf seine Hände. Er hatte gewusst, dass er siegen würde — er hatte es ja gewusst! Wie wunderbar, zwei starke Arme zu haben, so zu sein wie jeder andere! Er trat gegen den schwelenden Leichnam des Seidenwicklers und kehrte ihm dann den Rücken.
    Ich habe etwas bekommen. Und was habe ich dafür bezahlt? Nichts.
    Er fühlte keinerlei Schmerz mehr. Selbst die alten Kümmernisse und Verluste — seine Schwester, sein verschleppter Vater, sein ermordeter Bruder — belasteten ihn nicht mehr, er hatte schon seit Tagen kaum daran gedacht. So wie der Schmerz in seinem Arm weg war, waren auch all seine schmerzlichen Gefühle verschwunden.
    Als Skurn schließlich den Mut fand, wieder aus den Bäumen herabzukommen, lachte Barrick immer noch leise vor sich hin.
    Weil ich
zum
ersten Mal
ganz
bin,
dachte er.
Der wahre Barrick Eddon, endlich.

18

König Hesper ist unpässlich
    Die meisten Ettins haben eine Schuppenhaut, ähnlich der von Echsen oder Schildkröten, und werden, weil sie beständig graben, auch ›Tiefenettins‹ genannt. Angeblich gibt es aber auch Ettins mit einem glatten Pelz, der es ihnen erlaubt, rasch durch die bereits von anderen Ettins gegrabenen Gänge
zu
schlüpfen. Diese ›Tunnelettins‹, so heißt es, seien blind.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    »Ich fürchte, ich verstehe das nicht, o Goldener.« Pinnimon Vash sah auf. Er hatte sich auf seine schmerzenden, alten Knie hinabgelassen: Wenn der Autarch einen seiner launischen Momente hatte, war nach Vashs Erfahrung die konservative Herangehensweise die sicherste. »Ich dachte, wir wären auf dem Weg nach ... der Name ist mir entfallen. Dem kleinen Königreich Eures ... Gastes aus dem Norden.«
    »Südmark. Das sind wir auch.« Sulepis hielt eine Hand vor sich und bewunderte seine gespreizten, langen Finger, jeder mit einem Fingerschützer, so leuchtend golden wie der Honig von Nushashs Bienen. »Doch zuerst statten wir noch einem anderen Herrscher einen Besuch ab. Steht es mir nicht frei, meine Zeit zu gestalten, wie es mir beliebt, Oberster Minister Vash? Das Leben ist doch wohl zu schön, um immer in Eile zu sein?« Der Autarch lächelte sein träges Krokodilslächeln.
    »Ob es Euch ... natürlich, o Goldener? Das versteht sich doch von selbst? Selbst die Sterne am Himmel richten sich nach

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