Die Daemmerung
räudige Gefieder gesträubt, sodass er eher wie ein Igel aussah. »Ich hör was ...«
Barrick fuhr hoch, gab aber keinen Laut von sich, sondern horchte nur. Nach und nach wurde ihm bewusst, dass ihn etwas in den Nacken stach, und diesmal war es nicht Skurn. Er schlug danach, aber das schmerzhafte Ding war immer noch da. Im nächsten Moment fiel etwas aus dem Geäst herab und verfing sich im Fleisch seines rechten Arms — ein dornenbesetzter Zweig, wie ein Haken gekrümmt, an einem Strang von heller Seide.
Ehe er einen Gedanken fassen konnte, sausten weitere Seidenstränge aus dem Schattendunkel über ihm herab. Ein paar flogen an ihm vorbei und schnellten zurück, doch zwei verfingen sich in seinen zerlumpten Kleidern und spannten sich, so wie die, deren Dornen bereits in seinem Nacken und seinem Arm steckten. Stechender Schmerz strahlte von den Stellen aus, wo die Widerhaken im Fleisch saßen.
»Sie kommen, Herr!«, kreischte Skurn und flatterte gerade in dem Moment auf, als ein weiterer Stachelhaken herabschoss und über die Stelle schwang, wo er eben noch gesessen hatte. »Seidenwickler!«
Jetzt konnte Barrick sie sehen, dünne grauweiße Schemen, die durch die Baumkronen über ihm wieselten und ihre beschwerten, mit Dornenhaken versehenen Fangleinen auf ihn herabschleuderten. Er versuchte, an den abgebrochenen Speer in seinem Gürtel zu kommen, doch eine der Kreaturen zog an einem Seidenstrang, der sich in seinem Arm verhakt hatte, um ihn an der Bewegung zu hindern. Barrick packte den Seidenstrang und zog mit aller Kraft in die Gegenrichtung, bis der Strang nachgab und er seine Waffe ergreifen konnte. Er schwang sie mit der linken Hand, um seinen rechten Arm loszuschneiden, und sprach im Stillen ein Dankgebet dafür, dass er die Speerspitze geschärft hatte. Den Dornhaken aus seinem Nacken herauszubekommen, dauerte länger, und als er die Hand wieder wegnahm, waren seine Finger blutverschmiert.
Zwei der madenartigen Kreaturen ließen sich lautlos wie Geister aus den Bäumen herabfallen und schwangen ihre Seidenstränge wie Pferdefangschlingen, während ihre dunklen, feuchten Augenflecken von reflektiertem Zwielicht glänzten. Barrick duckte sich unter einem heranschnellenden Seidenseil weg und fühlte, wie sich die Widerhaken in seine Kopfhaut bohrten und daran zerrten. Als er das Ding gerade von seinem Kopf losriss, sprang ihn der Seidenwickler an. Seine bizarren, knochenlosen Gliedmaßen umklammerten ihn, und obwohl die Kreatur nicht viel wog, warf ihn die Wucht des Anpralls doch um. Er fiel und rollte samt dem Seidenwickler am Boden, bis sie beide so liegen blieben, dass Barricks rechter Arm unter seinem Körper eingeklemmt war. Ein Seidenstrang schlang sich wie eine Peitschenschnur um seinen Hals und zog sich zusammen. Kurz war er sich sicher, dass er sterben würde, da er ja nur den nutzlosen linken Arm zur Verfügung hatte.
Doch sein linker Arm war nicht mehr nutzlos. Er langte empor, bekam das glitschige und doch klebrige Etwas auf seinem Rücken zu fassen und krallte die Finger hinein. Einen Moment lang zog sich die Seidenschlinge um seinen Hals noch fester zusammen, aber dann hatte er die Kreatur von sich losgerissen und zerrte sie auf den matschigen Waldboden.
Ich bin stark!
Er hätte es laut hinausschreien können — fühlte es in sich wie eine lodernde Flamme.
Stark!
Barrick konnte den Seidenwickler nicht fest genug packen, um ihn am Boden zu halten, doch als sich die Kreatur in eine Kauerstellung aufrichtete, warf er sich gegen sie und drängte sie rückwärts ins Lagerfeuer, während bereits eine weitere bleiche, halbmenschliche Gestalt auf ihn herabsprang.
Ein grässlicher, pfeifender Schrei kam von dem Seidenwickler, der ins Feuer getaumelt war. Wankend versuchte das Wesen, den Flammen zu entkommen, doch sie züngelten bereits blassgelb seine Beine und seinen Rumpf empor, und das Schwarz unter der Mumienhülle aus Fäden begann blasig hervorzuquellen. Binnen weniger Herzschläge brannte der Seidenwickler lichterloh und erfüllte das Zwielicht mit Schreien, so hoch, dass Barrick sie kaum zu hören vermochte.
Plötzlich schien klar, was er zu tun hatte. Den zweiten Seidenwickler mitschleifend, stürzte er ans Feuer und griff sich ein brennendes Aststück. Den abgebrochenen Speer in der einen und die Brandfackel in der anderen Hand, drehte er sich zu dem Seidenwickler um, der sich an seine Fußgelenke klammerte, und stieß der Kreatur das flammende Aststück ins mund- und nasenlose
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