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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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langsam, und seine bunten Lumpen wippten. »Das ist ein Wort. Ja, das ist ein Wort.«
    »Woher kommst du?« Barrick sah sich um, für den Fall, dass dieses dreckige Geschöpf Spießgesellen hatte, die darauf warteten, hervorzuspringen und ihn auszurauben, aber da war niemand zu entdecken.
    »Aus ... ja, aus den Sonnlanden«, sagte der Fremde schließlich, wobei er die Antwort so dehnte, als müsste er die Lösung eines überaus schwierigen Rätsels finden. »Aber ich erinnere mich kaum noch daran«, sagte er betrübt. »Es ist so lange her.«
    »Wie heißt du?«
    Der Flickenmann lächelte matt. »Mein Herr nennt mich ›Pick‹.«
    Barrick trat beiseite und gab ihm den Weg ans Feuer frei. Pick eilte an ihm vorbei, hockte sich hin und hielt, am ganzen Leibe zitternd, die Hände an die niedrigen Flammen.
    »Was willst du?«, fragte Barrick schließlich. »Hast du dich verirrt? Oder willst du versuchen, mich auszurauben?«
    Pick zog den Kopf ein, als hätte man ihn geschlagen. »Nein! Bitte, tut mir nichts, ich flehe Euch an. Ich suche schon so lange nach jemandem, der mir helfen kann. Es ist wegen meinem Herrn, meinem armen Herrn!«
    Jeder Nerv und jeder Muskel an Barrick drängte darauf, vor diesem zerlumpten Verrückten das Weite zu suchen. Skurn war schon aufgeflattert, als könnte der Irrsinn des Mannes ansteckend sein. »Wovon sprichst du?«
    »Einer der Blemmys ist aus dem Boot gefallen. Ich wollte helfen, bin aber auch rausgefallen. Bin beinah ertrunken? Ich suche seit Stunden Hilfe. Aber mein armer, kranker Herr ...«
    »Blemmys.«
    »Kommt einfach mit.« Obwohl der Flickenmann immer noch tropfnass war, sprang er jetzt vom Feuer auf und ging wieder in Richtung Fluss, wobei er sich wie ein eifriger Hund alle paar Schritte umsah, ob Barrick ihm auch folgte. »Kommt und seht selbst.«
    Skurn hielt sich, finstere Prophezeiungen ausstoßend, über Barrick, während der sich zu dem Schilfufer hinabarbeitete, wo Pick bereits einen Pfad durch Röhricht und Matsch getrampelt hatte. »Genug jetzt, Vogel«, sagte Barrick schließlich. »Tu was Nützliches. Flieg voraus und schau, ob der Kerl mit einem Knüppel oder Ähnlichem auf mich wartet.«
    Kurz darauf war der Rabe wieder da. »Er steht da und schaut aufs Wasser, als ob er wartet. Da ist ein Boot, da draußen, aber es gefällt unsereinem nicht — irgendwas daran stimmt ganz und gar nicht.«
    Bei Pick angelangt, stellte Barrick fest, dass der Mann, der kleiner war als er, tatsächlich auf einem niedergetrampelten Fleckchen stand und auf eine Stelle hinausstarrte, wo sich der Fluss zu einem fast stehenden Bassin weitete. In der Mitte, einen guten Steinwurf vom Ufer, wurde ein schwarzes Boot von einer seltsamen, gebeugten Gestalt langsam im Kreis gerudert.
    Barrick brauchte einen Moment, um Größe und Entfernung überein zu bringen. »Der, der da rudert, ist ein sehr großer Mann. Ist das dein Herr?«
    Pick sah ihn an, als hätte Barrick etwas völlig Unsinniges gesagt. »Das ist der andere Blemmy. Er hat nur ein Ruder.«
    »Aber er kann das Boot doch ans Ufer staken«, erklärte Barrick und fragte sich, was für Schwachköpfe Picks Herr da als Ruderer gedungen hatte. »Sag ihm das.«
    »Er ist ...« Der Flickenmann wackelte mit der Hand neben seinem Kopf. »Hört nichts«, sagte er schließlich.
    »Oh, bei allen ...« Barrick blickte auf die gebeugte Gestalt und das kreisende lange, schwarze Boot hinaus. »Dann schwimm hin und zeig's ihm.«
    Pick zog sich Stränge von Wasserpflanzen aus dem Haar. »Kann nicht schwimmen. Wär beinah gestorben, als ich reingefallen bin, hab aber eine flache Stelle gefunden, den Mittlern sei Dank!«
    Barrick sah ihn an, wandte sich dann wieder zum Fluss. »Ist da im Wasser irgendetwas, wovon ich wissen sollte? Etwas mit langen Zähnen zum Beispiel?«
    »Bin rausgekommen«, sagte Pick. »Aber zuerst hab ich eine ganze Zeitlang wild um mich geschlagen.«
    Barrick fluchte leise und watete ins Wasser. Auf halber Strecke fiel der schlickige Grund unter seinen Füßen jäh ab, und er musste schwimmen. Als er sich dem langsam kreisenden Boot näherte, erwartete er, dass sich der Ruderer herdrehen würde. Der Mann behielt jedoch seine seltsam gekrümmte Haltung bei, als wäre er in einer Art Trance, wenn auch die Muskeln seines breiten Rückens arbeiteten und sein mächtiger Arm immer wieder das eine Ruder betätigte.
    Der Ruderer bemerkte Barrick schließlich doch, als der das hölzerne Dollbord umfasste und sich ins Boot zu ziehen begann.

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