Die Daemmerung
von Anlegestellen und Gebäuden, die zum Teil so hoch waren, dass Barrick im trüben Schwarz der Dunkellichter ihr oberes Ende gar nicht sehen konnte. Als sie, weiterhin von dem unermüdlichen Blemmy gerudert, immer tiefer in die Stadt hineinglitten, hatte Barrick das Gefühl, von etwas verschluckt zu werden.
Bald teilte sich der Fahlstrom in kleinere Wasserwege. Der Blemmy folgte erst einem, dann einem weiteren, als wüsste er genau, wo er hinmusste. Je kleiner die Kanäle wurden, desto weniger Passanten waren unterwegs, bis sich, soweit Barrick erkennen konnte, in diesem Teil der düsteren steinernen Stadt nichts mehr bewegte außer ihrem eigenen Boot.
Sie waren jetzt in einem Viertel aus dunkelverhüllten Marmorgebäuden, aus denen kein Laut drang. Riesige Weiden säumten das Kanalufer, und ihre langen Zweige wiegten sich im Wind, doch ansonsten schien es hier so wenig Leben zu geben wie in einem Mausoleum. Der Blemmy bremste das Boot ab und landete an einem kunstvoll gestalteten Anlegesteg, der etliche Schritt ins Wasser hinausragte. Während Barrick sich, vom abrupten Ende ihrer Reise überrascht, im Heck zusammenduckte, strömte eine Schar schemenhafter Gestalten aus dem Dunkel auf den Steg, so lautlos wie Katzen — ein knappes Dutzend Traumlosenmänner und -frauen, allesamt schwarz gekleidet. Dann kam noch eine letzte Gestalt, eine Frau, und die anderen auf dem Steg machten ihr Platz. Am Ende des Anlegers blieb sie stehen, die Arme vor sich ausgestreckt wie eine Schlafwandlerin. Pick hatte das Zelt zurückgeschlagen. Die Frau starrte auf Qu'arus, der dort auf dem Boden des Boots lag. Zuerst dachte Barrick, sie trüge eine Art Haube, doch dann merkte er, dass ihr haarloser Kopf einen Panzer hatte, ähnlich dem eines Käfers. Sie war schlank und beweglich — ihr Gesicht wirkte fast menschlich bis auf die Leichenblässe —, aber der Großteil ihrer sichtbaren Haut war mit der knochenartigen Panzerung bedeckt. Wegen ihrer seltsamen Traumlosenaugen war er sich nicht sicher, aber ihm schien, dass sie geweint hatte.
Als sie sprach, war ihre Stimme weich, obwohl die Sprache hart war. Für Barrick hätten die wenigen Worte ebenso gut ein Segen wie ein Fluch sein können, so wenig vermochte er sie zu deuten.
Pick blickte mit einem seltsamen Ausdruck der Befriedigung zu ihr auf »Ich habe ihn nach Hause gebracht, Herrin.«
Sie stand einen Moment schweigend da, drehte sich dann um und ging wieder über den Steg zurück, wobei das hauchzarte, schwarze Gewand ihre Fesseln umspielte wie Nebel. Mehrere andere hoben Qu'arus mit Picks Hilfe aus dem Boot und trugen ihn hinter ihr her, über den Steg und die Stufen des riesigen dunklen Hauses, zu dem, wie Barrick jetzt sah, der Anleger gehörte.
»Kommt schnell hinein«, flüsterte Pick. »Bald ist Ruhezeit — da sind die Schrikkas draußen.« Mit dieser kryptischen Warnung eilte er hinter dem Leichnam seines Herrn her. Ein anderer Diener, dessen graue Haut so runzlig war wie ein Wespennest, hatte dem Blemmy ein Seil um den Bauch gebunden und führte ihn jetzt bei den Weiden entlang und seitlich um das mächtige Haus. Barrick blickte auf die Stelle hinab, wo Qu'arus gelegen hatte, und sah jetzt erst, dass jemand einen zusammengefalteten grauen Wollmantel unter ihn gelegt hatte, zweifellos Pick, der seinen Herrn gegen die harten Bootsplanken hatte abpolstern wollen. Als Barrick den Mantel hochhob, fiel etwas heraus und klappernd ins Boot zurück. Barrick sah sich ängstlich um, doch er war allein auf dem Anleger. Das, was da herausgefallen war, war ein kurzes Schwert in einer schmucklosen schwarzen Scheide. Als Barrick es zog, stellte er erfreut fest, dass die Klinge so scharf war wie ein Rasiermesser — die Sorte Waffe, die er nicht mehr besessen hatte, seit er mit Tyne Aldritch gegen die Qar gezogen war. Er wickelte das Schwert wieder in den Mantel und sah sich dann nach einer Stelle um, wo er beides verstecken konnte. Neben ihm raschelte etwas, und vor Schreck hätte er beinah Mantel und Schwert ins Wasser fallen lassen.
»Ihr wollt doch hoffentlich nicht da rein«, krächzte Skurn und legte die Flügel an. »Nicht ins Haus eines Nachtmanns.«
»Was soll ich sonst tun? Dort kann ich wenigstens erfahren, wo Krummlingshall liegt. Und vielleicht bekomme ich ja sogar etwas zu essen, das nicht allzu viele Beine hat.«
»Wie Ihr wollt.« Der Rabe hüpfte auf das Dollbord des träge schaukelnden Boots und kehrte Barrick den Rücken zu. »Wird hier draußen bleiben,
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